Aufbruch in neue Zeiten und Räume.

Die Findung und Ǫualifizierung von Lehrpersonen für den Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG in Ostdeutschland vom Anfang der 1990er bis zur Mitte der 2000er Jahre

Thomas Heller


Zusammenfassung

Nach der Friedlichen Revolution und dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes wurde Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG in den meisten ostdeutschen Bundesländern (wieder) eingeführt. Diese Umbruchssituation war mit einem erheblichen Lehrkräftemangel verbunden: Für das Fach mussten tausende Lehrpersonen gefunden und qualifiziert werden. Der Beitrag skizziert vor diesem Hintergrund die Herausforderungen, mit denen die Aus- und Weiterbildungen von Lehrpersonen für den Religionsunterricht nach 1989/90 konfrontiert waren, und stellt die vollzogenen Findungen und Ǫualifizierungen von Religionslehrkräften vom Anfang der 1990er bis zur Mitte der 2000er Jahre vor. Weiterhin wird erörtert, ob und ggf. welche Hinweise sich aus den dargestellten zeitgeschichtlichen Entwicklungen für die aktuelle Situation des Lehrkräftemangels ableiten lassen.

Schlüsselwörter: Religionspädagogische Weiterbildung, Konfessionslosigkeit, Lehrermangel, Ostdeutschland, Säkularisierung


Embarking on new times and spaces.

The recruitment and qualification of teachers for Religious Education according to Article 7.3 of the Basic Law in East Germany from the beginning of the 1990s to the mid-2000s


Abstract

After the Peaceful Revolution and the accession of the GDR to the scope of the Basic Law, Religious Education was (re)introduced in most East German federal states in accordance with Article 7.3 of the Basic Law. This upheaval was associated with a significant shortage of teachers: Thousands of them had to be found and qualified for the subject. Against this background, the article outlines the challenges faced by the training of teachers for Religious Education after 1989/90 and presents the recruitments and qualifications of these teachers from the beginning of the 1990s to the mid-2000s. Furthermore, it will be discussed whether and, if so, what indications can be derived from the presented contemporary historical developments for the current situation of teacher shortage.

Keywords: training of teachers for Religious Education, non- denominationalism/freedom of religion, shortage of teachers, East Germany, secularity



1 Einleitung

Angesichts eines hohen und voraussichtlich weiter steigenden Lehrkräftemangels wird gegenwärtig viel über den sog. Ǫuer- und Seiteneinstieg ins Lehramt diskutiert. Hinzu treten intensive Bemühungen der Studierendengewinnung sowie zahlreiche, auch finanziell untersetzte Versuche, die Tätigkeit als Lehrer:in attraktiver zu gestalten – durch die Ausweitung von Verbeamtungen, durch Höhergruppierungen oder sog. Regionalprämien. Betroffen sind insbesondere die sog. MINT-, aber auch viele weitere Fächer inklusive des Religionsunterrichts.

Der aktuelle, teils „dramatische“ (mit dieser Einschätzung GEW, 2023, o. S.) Lehrkräftemangel ist historisch nicht einmalig: Phasen einer entsprechenden Unterversorgung traten immer wieder auf, auch und gerade hinsichtlich des Religionsunterrichts. Ein besonders hoher Mangel existierte dabei nach 1989/90, als in den meisten ostdeutschen Bundesländern Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG (wieder) eingeführt wurde. Da in der DDR – ab Ende der 1950er Jahre1 – ein entsprechendes Schulfach nicht existierte und daher auch kein korrelierendes Studium, mussten für das Fach tausende Lehrpersonen gefunden und qualifiziert werden.

Der vorliegende Beitrag2 skizziert vor diesem Hintergrund zunächst die Herausforderungen, mit denen die beginnenden Aus- und Weiterbildungen von Lehrpersonen für den Religionsunterricht gemäß Artikel 7.3 GG nach 1989/90 in Ostdeutschland konfrontiert waren (Kapitel 2). Es folgt Kapitel 3, in dem die Findungen und Ǫualifizierungen, differenziert nach kirchlichen und staatlichen Maßnahmen und ergänzt durch einen Blick auf ihren Erfolg (Kapitel 3.1–3), dargestellt werden. Da bezüglich der Umfänge, Curricula, Prüfungsanforderungen, Gruppenzusammensetzungen etc. insbesondere von kirchlichen Weiterbildungen, aber auch des sog. Erweiterungsstudiums, die beide zum Erwerb einer Lehrbefähigung für den Religionsunterricht führten, nur bedingt Ausführungen in der Sekundärliteratur existieren3, wurde im Rahmen der Erstellung dieses Textes ein Interview mit Sylvia Hügel geführt4, dessen Passagen in Kapitel 3 und auch 4 integriert sind. Hügel hatte sowohl einen „Lehrerweiterbildungskurs für Evangelische Religion an Gymnasien und Berufsbildenden Schulen“ am Pädagogisch-Theologischen Institut der Kirchenprovinz Sachsen (Standort Naumburg, Oktober 1994 bis Mai 1996) als auch ein dreisemestriges Erweiterungsstudium an der Universität Halle (ab Wintersemester 1996/97) absolviert. Weitere Einsichten können sicher durch weitere Interviews gewonnen werden, auch mit damaligen Dozierenden, oder durch Recherche z.B. in den landeskirchlichen Archiven in Dresden, Eisenach, Magdeburg und Schwerin. Dies konnte im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags allerdings nicht geleistet werden. Der Text schließt dann in Kapitel 4 mit einer Reflexion in religionspädagogischer Perspektive. Im Zentrum dieses Abschnitts wird die Frage stehen, ob und ggf. welche Hinweise sich aus den dargestellten zeitgeschichtlichen Entwicklungen für die aktuelle Situation des Lehrkräftemangels ableiten lassen.

Angemerkt sei noch einerseits, dass sich die folgenden Ausführungen auf die neu bzw. wieder gegründeten Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen (mit einem exemplarischen Schwerpunkt nochmals auf die Entwicklungen im evangelischen Bereich in Thüringen und Sachsen-Anhalt) fokussieren, da nur in diesen vier Bundesländern Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG (wieder) eingeführt wurde. Zum Hintergrund: Rein rechtlich fand 1990 ein Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gemäß Art. 23 GG (alte Fassung) statt. Damit ging auch die Bildungshoheit in den Verantwortungsbereich der neu bzw. wieder gegründeten ostdeutschen Bundesländer über (in Konsequenz u.a. von Art. 30, 70, 104a.1 GG). Diese verabschiedeten zum Teil noch in der ersten Hälfte des Jahres 1991 neue Schulgesetze (bzw. zunächst sog. Vorschaltgesetze) sowie Landesverfassungen (die gleichfalls schulgesetzliche Bestimmungen enthielten). In summa hoben diese Rechtstexte die Bestimmungen des zentralistischen, marxistisch-leninistischen DDR-Bildungssystems endgültig auf. Teil der neuen, föderalen Bestimmungen zum Schulwesen waren dabei auch Regelungen zum Religionsunterricht, der in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen teils bereits ab dem Schuljahr 1991/92 als ordentliches Lehrfach gemäß Art. 7.3 GG (wieder) eingeführt wurde (exemplarisch zur frühzeitigen Einführung in Thüringen Schulte, 2018, S. 134–136; zur erst 1993/94 erfolgenden Einführung in Sachsen-Anhalt, wo der Religionsunterricht zugleich im Rahmen einer Wahlregelung eingeführt wurde, gemäß welcher zwischen Religions- und Ethikunterricht gewählt werden muss, Domsgen, 2006, S. 131–132)5. Berlin und Brandenburg hingegen verwirklichten unter teils fortgesetzter sowie teils fraglicher Inanspruchnahme von Art. 141 GG eigene Formen von Religionsunterricht bzw. eher -kunde, die mitunter stark umstritten waren und sind (einführend Häusler, 2020; Lenz, 2020).

Andererseits sei kurz darauf verwiesen, dass nach 1989/90 in Ostdeutschland nicht nur der Religionsunterricht (wieder) eingeführt wurde, sondern auch weitere Schulfächer: Ethik, Sozialkunde, Wirtschaft und Recht, Italienisch u.a.m. Die Erforschung der entsprechenden Einführungen sowie der damit verknüpften Findungen und Ǫualifizierungen von Lehrpersonen steht jedoch, was sich ähnlich auch mit Blick auf viele osteuropäische Länder formulieren lässt, noch am Anfang (s. allerdings mit Blick auf nicht-konfessionelle, religionsbezogene Unterrichtsfächer die entsprechenden Kapitel bei Alberts, Junginger, Neef & Wöstemeyer, 2023).

2 Herausforderungen der Aus- und Weiterbildungen von Lehrpersonen für den Religionsunterricht nach 1980/90

Das dringliche Vorhaben, Lehrpersonen für den (wieder) eingeführten Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG zu finden und zu qualifizieren, stand nach 1989/90 erheblichen Herausforderungen gegenüber. Zunächst existierten keine Ordnungen für die Vocatio bzw. Missio canonica und auch keine sog. Gestellungsverträge, welche den Einsatz kirchlichen Personals in den Schulen regelten. Weder waren Pädagogisch-Theologische Institute o.ä. im heutigen Sinne noch religionspädagogische Professuren an den Universitäten und Hochschulen vorhanden. Das Amt der sog. Schulbeauftragten war noch nicht eingerichtet, gleichfalls gab es keine Schulpfarrer:innen, keine Mentor:innen, keine Studienseminare und keine Fachleiter:innen – und auch keine Schulseelsorge, keine Lehrpläne und keinerlei Erfahrungen bspw. in einer gemeinsam von Kirche und Staat verantworteten Kommissionsarbeit bei der Lehrplanerstellung.

Auch z.B. der Einbruch der Geburtenzahlen in Ostdeutschland nach 1989/90 wirkte erschwerend. Dies führte zu deutlich sinkenden Zahlen an Schüler:innen sowie in der Folge zu Schulschließungen, Abordnungen und einer zurückhaltenden Einstellungspraxis (einleitend Domsgen, 2006, S. 130–131; auch Schulz, 2006, S. 163). Zugleich war die Bildungspolitik der neu bzw. wieder gegründeten Bundesländer, u.a. bedingt durch wechselnde Koalitionen in den Landtagen, mitunter von Brüchen und gar Widersprüchen bestimmt. Besonders ausgeprägt war dies in Sachsen-Anhalt: Hier wurde das 1991 verabschiedete Schulgesetz bis 2006 neunmal mit teils gegensätzlichen Änderungen novelliert (Domsgen, 2006, S. 129–130). Betroffen waren dabei teils auch Bestimmungen, die für die Praxis erhebliche Relevanz hatten, so die Frage, ob das Abitur nach zwölf oder dreizehn Schuljahren zu absolvieren war (sog. G8-

/G9-Modell; ebd.). Diese Sachverhalte verkomplizierten vom Anfang der 1990er bis zur Mitte der 2000er Jahre eine Tätigkeit in der Schule an sich und so auch eine Tätigkeit als Religionslehrkraft.

Eine weitere Herausforderung bestand darin, dass die zu initiierenden Aus- und Weiterbildungen in einem weithin konfessionslosen/-freien Umfeld zu vollziehen waren. Denn die Effekte des marxistisch-leninistischen DDR-Bildungssystems – sowie weiterer kirchen- und religionsfeindlicher Maßnahmen des Weltanschauungsstaates (bspw. die Einführung einer auch als Alternative zur Konfirmation konzipierten Jugendweihe in den 1950er Jahren) – auf die Konfessions- und insgesamt Religionszugehörigkeit der ostdeutschen Bürger:innen waren immens. Die bereits im Kaiserreich, in der Zeit der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus existierenden Säkularisierungstendenzen potenzierten sich in den Jahrzehnten der DDR: Während 1949 noch ca. 92 % der Ostdeutschen konfessionell gebunden waren, traf dies 1990 nur noch auf gut 29 % zu (Pollack, 2000, S. 19). Diese Entwicklung setzte sich dann in den Folgejahren fort. In der Rückschau ist die DDR, die aufgrund ihrer Prägung durch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) auch als Parteidiktatur bezeichnet werden kann, damit in zahlreichen Bereichen, insbesondere in der Wirtschaftspolitik, gescheitert. Erfolgreich war sie allerdings – aus Sicht der SED – im Bereich der Kirchen- und insgesamt Religionspolitik. Hier hat sie eine „forciert[e] Säkularität“ (Wohlrab-Sahr, Karstein & Schmidt-Lux, 2009, bspw. S. 293) bzw. eine autopoietische „Kultur der Konfessionslosigkeit“ (Pickel, 2000, S. 207) geschaffen, verbunden mit einer ausgeprägten „säkularen Schweigespirale“ (Pickel, 2016, S. 79).

Insofern überrascht es auch nicht, dass in den evangelischen Landeskirchen erhebliche Vorbehalte gegenüber einer Zusammenarbeit mit dem kurz zuvor noch marxistisch-leninistischen Schulsystem existierten (eher weniger im Bereich der katholischen Kirche; u.a. Ziller, 2004, S. 85–88), was dann die auf den Weg zu bringenden Aus- und Weiterbildungen zusätzlich erschwerte. Diese Bedenken hatten nicht selten biografische Gründe: Die weltanschauliche Prägung des DDR- Schulsystems hatte oft zu einer „Herabsetzung des Glaubens und Diskriminierung christlicher Schüler“ (Reiher, 2011, S. 232) geführt, woraus „Konflikte und Verbitterungen“ (ebd.) und insgesamt ein durch „Abgrenzung und Ablehnung“ (Schulte, 2018, S. 135) bestimmtes Verhältnis resultierten. Vor diesem Hintergrund – und auch mit Blick auf die fortgesetzte Religionsfeindlichkeit vieler Lehrkräfte (einleitend Wermke, 2006b, S. 147) – fragten sich viele in den Landeskirchen tätige Personen, ob Religion überhaupt und falls ja gar in einem eigenen Schulfach Platz in der Schule haben könne sowie ob der Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG nun nicht eine „schwarze Staatsbürgerkunde“ (Mehrle, 1998, S. 178) darstelle: eine erneute ideologische Unterweisung, bei der das Christentum den Marxismus-Leninismus ersetzt. Entsprechend wurden in den insbesondere 1989/90 intensiv geführten Diskussionen von evangelischer Seite her eher Alternativen zum Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG bevorzugt: die Einführung eines sog. Gemeinsamen Grundwerteunterrichts, eines verpflichtenden Ethik- oder eines ökumenischen Religionsunterrichts, die Integration des Themas „Religion“ in andere Fächer wie den Deutschunterricht oder auch der Verzicht auf eine explizite Thematisierung in der Schule, um keine Konkurrenz bspw. zur Christenlehre aufzubauen (einführend Reiher, 2011, S. 236–237; Große, 2006; auch Schulte, 2018, S. 134; Domsgen, 2006, S. 131–132; Hanisch, 2007, S. 99–100; Ziller, 2004, S. 24–26; ausführlich zur Diskussion in den damaligen Landeskirchen Sachsen- Anhalts bis 1992 Domsgen, 1998, S. 255–388; einen autobiografischen Bericht bietet Hoenen, 2011, S. 172–173). Teils gab es dabei gar „erbitterte Widerstände aus dem Raum der Kirchen“ (so Christine Lieberknecht, die als damalige Thüringer Kultusministerin maßgeblich an der Einführung des Religionsunterrichts in Thüringen beteiligt war; Lieberknecht, 2001, S. 15). Mit den von den CDU-geführten Koalitionen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vollzogenen Entscheidungen, Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG einzuführen, wurden die in diesem Diskurs vorgebrachten Positionen, auch wenn sie teils durchaus noch länger diskutiert wurden (nochmals Domsgen, 1998, S. 255–388), dann allerdings von der „Sturzflut der Ereignisse“ (Große, 2006, S. 35) überholt.

3 Die Findungen und Qualifizierungen von Lehrpersonen für den Religionsunterricht in den ostdeutschen Bundesländern vom Anfang der 1990er bis zur Mitte der 2000er Jahre

3.1 Kirchliche Weiterbildung

Die Findungen und Ǫualifizierungen von Lehrpersonen für den Religionsunterricht waren, den in Kapitel 2 dargestellten Herausforderungen entsprechend, mühsam und langwierig. Die ersten Schritte wurden hier an den neu aufgebauten Pädagogisch- Theologischen bzw. Theologisch-Pädagogischen Instituten oder Zentren (entsprechend PTI, TPI oder PTZ) der ostdeutschen Landeskirchen unternommen6. So gründete z.B. die ehemalige Thüringer Landeskirche im September 1992 in Reinhardsbrunn ein PTZ, in dem „kirchlich ausgebildete Religionspädagogen und in den Kirchen verbliebene staatliche Lehrkräfte auf den Einsatz im schulischen Religionsunterricht“ (Schulte, 2018, S. 136) vorbereitet wurden. Dies war sehr anspruchsvoll:

„Durch die Beteiligung kirchlicher Mitarbeiter und staatlicher Lehrkräfte an diesen Maßnahmen konnte die jeweilige Kurszusammensetzung heterogener nicht sein. Einerseits sollten die Lehrer ein theologisches und religionsdidaktisches Grundwissen, andererseits die kirchlichen Mitarbeiter ein eher pädagogisches und schuldidaktisches Basiswissen erwerben. Beide Adressatenkreise mussten allerdings für das neue Unterrichtsfach ‚Evangelische Religionslehre‘ und religiöse Bildung als nunmehr Teil der allgemeinen Bildung sensibilisiert werden“ (ebd., S. 137).

In Einzelfällen wurden entsprechende Weiterbildungen dabei auch bereits, was von den beteiligten Personen als sehr sinnvoll angesehen wurde (s. exemplarisch fortfahrend), von ost-westdeutschen Teams und mit Unterstützung durch westdeutsche Institute wie das Religionspädagogische Institut Loccum verantwortet. So hat bspw. 1991–1993 am Katechetischen Seminar Wernigerode (ab 1. September 1991: Pädagogisch- Theologisches Institut; mit Standorten in Wernigerode und Naumburg; ab 1995 in Drübeck) der in Hannover geborene und zuvor in Niedersachsen tätige Klaus Petzold, der ab 1992 zugleich die neu gegründete Professur für Religionspädagogik an der Universität Jena übernahm, gemeinsam mit dem ostdeutschen Dozenten und späteren PTI-Direktor Christoph Hartmann „religionspädagogische Kurswochen für die ersten 25 staatlichen Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen-Anhalt“ (Petzold, 2013, S. 223) durchgeführt. Dies war, so Petzold, „eine ganz neue grundlegende Erfahrung zwischen Ost und West, aber auch zwischen Theologie und Pädagogik in Ostdeutschland. Fast schon ein Traum“ (ebd.; s. weiterführend auch Domsgen, 1998, S. 388–393; Hahn, 2021, S. 181–241). Über den Umfang oder die Curricula dieser Kurse berichtet Petzold nur kurz, dass hier „biblisch-theologisch[e]“ (Petzold, 2013, S. 223) mit „pädagogisch-religionspädagog- ischen“ (ebd.) Inhalten verknüpft wurden: „nicht sauber voneinander getrennt, sondern ständig gemeinsam aufeinander bezogen“ (ebd.). Genauer sind daher die Ausführungen bei Matthias Hahn, der – auch als ehemaliger Dozent und späterer PTI-Direktor sowie vermutlich summarisch bezüglich der 1990er Jahre in Wernigerode und später Drübeck – darüber Auskunft gibt, dass der Umfang der Kurse zwischen 200 (für den Grundschulbereich) bis 400 Unterrichtsstunden (für das Gymnasium und die beruflichen Schulen) variierte, wobei schulformspezifische Weiterbildungen jedoch nur bis 1995 angeboten wurden (Hahn, 2003, S. 37). Die Themen stammten aus allen theologischen Disziplinen (inklusive Religionswissenschaft, jedoch ohne Praktische Theologie) und umfassten z.B. folgende Inhalte: „Einführung in das Alte Testament“,

„Die Propheten der Bibel“, „Psalmen“, „Einführung in die biblische Theologie (NT)“, „Jesus Christus und Jesus von Nazareth“, „Paulus – Theologie und Biografie“, „Gottesbilder und Gottesvorstellungen“, „Christentum und Judentum“, „Der Islam – eine abrahamitische Religion“, „Geschichte der Reformation in Grundzügen“, „Christliche Ethik auf dem Prüfstand“, „Religionsunterricht in der Schule“, „Fernöstliche Religionen“ (ebd., S. 38–39). Auch die Diskussion von Unterrichtsmaterial spielte eine wichtige Rolle; gleichfalls waren Übungen zu Methoden wie Gruppenarbeit, Rollenspiel und Freies Schreiben, welche „im Selbsttest erprobt“ (ebd., S. 38) wurden, von hoher Relevanz. Darüber hinaus war es möglich, einen sog. Sprachschein zu erwerben (auf Basis von jeweils 30 Unterrichtsstunden in Latein und Altgriechisch). Nicht zuletzt war eine „häusliche Vor- und Nachbereitung“ (ebd.) auf Grundlage einer Abminderung von drei Wochenstunden mit dem Kurs verbunden. Final war dann eine mündliche Prüfung zu absolvieren sowie eine „Abschlussarbeit (unterrichtspraktisches Thema mit ausführlicher Sachanalyse im Umfang von bis zu 30 Seiten)“ (ebd.) zu verfassen (s. hierzu auch Hahn, 2009, S. 115–117).

Weithin analog fand offensichtlich auch der „Lehrerweiterbildungskurs“ am Standort des PTI in Naumburg statt. Über Ablauf und Inhalte sowie Größe, Zusammensetzung und Motivation der Kursgruppe informiert Sylvia Hügel (fokussiert auf ihren Jahrgang 1994–1996) wie folgt:

„Unsere Seminargruppe bestand aus 10 Teilnehmenden ( 8 Frauen, 2 Männer) mit sehr unterschiedlichen Fächerkombinationen. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren in einer Kirchgemeinde beheimatet und teilweise darin auch sehr engagiert. Die Mehrheit der Frauen hatten als Zweitfach Slawistik studiert, und haben als Russischlehrerinnen gearbeitet. Für sie war der Erwerb einer Unterrichtserlaubnis für ein drittes Fach ein wichtiges Standbein, um ihren Arbeitsplatz zu sichern. Ebenso wollten sie sich für den Aufbau des Religionsunterrichts an ihren Schulen engagieren. Wir trafen uns in den zwei Jahren aller 4 Wochen zu einem Blockseminar. Es begann am Freitagnachmittag (16 Uhr) und endete am Sonntag (13 Uhr). Inhaltlich war die Weiterbildung eine Mischung aus Fachwissenschaft und Religionspädagogik. Die fachwissenschaftlichen und religionspädagogischen Inhalte (AT, NT, Kirchengeschichte, Dogmatik) wurden von verschiedenen Dozenten verantwortet. Hauptverantwortliche für unseren Weiterbildungskurs war Dr. Frauke Büchner. Die Veranstaltungen hatten mehrheitlich seminaristischen Charakter. Zudem gab es noch Unterricht in Latein und Griechisch (jeweils 25 Stunden), welches mit einem Belegungsnachweis abgeschlossen wurde. Zudem gehörte noch ein einwöchiges Schulpraktikum in Niedersachsen zum Inhalt sowie ab dem 2. Jahr der eigene Unterricht in der Heimatschule.“

Am Ende der zwei Jahre fand dann folgende Abschlussprüfung statt:

„Es gab eine mündliche Abschlussprüfung als Kolloquium, in welcher fachwissenschaftliche Kenntnisse nachzuweisen waren. Zudem musste eine schriftliche Hausarbeit zu einem selbstgewählten fachlichen Thema angefertigt werden sowie eine Lehrprobe in der Heimatschule mit anschließender Reflexion durchgeführt werden. Nach erfolgreicher Absolvierung des Weiterbildungskurses erhielt man ein Zertifikat.“

Nicht zuletzt: Was hatte staatliche Lehrkräfte, die zumeist bereits zwei Fächer unterrichteten, nach 1989/90 dazu motiviert (neben dem schon angesprochenen Grund der Arbeitsplatzsicherung; s. hierzu auch bspw. Hahn, 2003, S. 142), zusätzlich auch noch mittels des PTI-Kurses die Lehrbefähigung für den evangelischen Religionsunterricht zu erwerben? Über ihre persönliche Motivation informiert Hügel wie folgt:

„Ich bin in einer atheistisch geprägten Familie ohne Bezüge zu Kirche aufgewachsen. Durch Freundschaften mit religiös geprägten Menschen, die Zusammenarbeit mit dem Pfarrer, der für die evangelische Schülerarbeit der KPS [Kirchenprovinz Sachsen] zuständig war, und Kontakte zur Kirchgemeinde Wörmlitz in Halle/S. begann ich, mich intensiver mit Fragen des Glaubens, biblischen Texten und Theologie zu beschäftigen. Ich war neugierig und wollte mein Wissen darüber gerne vertiefen sowie neue didaktisch-methodische Zugänge kennenlernen. Ebenso hatte ich große Lust, ein neues Fach in meiner Schule zu etablieren.“

3.2 Staatliche Angebote

Etwas zeitverzögert zu diesen im kirchlichen Raum stattfindenden Maßnahmen setzte dann auch, insbesondere nach der Einrichtung religionspädagogischer Professuren, die Ǫualifizierung an den Hochschulen und Universitäten ein. Hier waren drei Wege relevant: erstens die religionsdidaktische (Aus-)Bildung von Pfarramtsstudierenden (als potentiellen Lehrkräften), die gemäß Petzold – und passförmig zu den in Kapitel 2 skizzierten Vorbehalten – „am Anfang für schulpädagogische und religionspädagogische Fragen nur teilweise zu begeistern waren“ (Petzold, 2013, S. 223), und zweitens die grundständige theo-logische (Aus-)Bildung von Lehramtsstudierenden, die bspw. in Jena im Wintersemester 1992/93 mit drei Studierenden startete (ebd., S. 224; exemplarisch zur Situation in Naumburg, Erfurt und später Halle auch Hoenen, 2011, S. 173–175; gleichfalls zur herausfordernden Situation in Halle Domsgen, 1998, S. 402; zur Situation in Leipzig Hanisch, 2011, S. 120–121). Hinzu trat zum Dritten die Durchführung eines Erweiterungsstudiums. In diesem konnten bereits in der Schule tätige Lehrkräfte, welche zumeist einen Tag pro Woche freigestellt wurden, eine zusätzliche Lehrbefähigung für den Religionsunterricht erwerben (durch Absolvierung einer sog.

Erweiterungsprüfung zum Ersten Staatsexamen). In Jena studierten die Lehrer:innen im Bereich fast aller an der Theologischen Fakultät angebotenen Disziplinen (Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische Theologie, auch Religionswissenschaft, jedoch ohne Praktische Theologie), wobei galt, dass dies „nie isoliert vom religionspädagogischen Feld, sondern in ständiger gleichzeitiger Verbindung mit der Religionspädagogik“ (Petzold, 2013, S. 224) erfolgen sollte. Dies war auch personell gestützt durch die gleichzeitige Anwesenheit der entsprechenden Dozierenden (ebd.). Daraus resultierte dann das folgende Curriculum eines Studientages:


Über die Effekte dieser sog. Mittwochskurse berichtet Petzold:

„Am Ende dieser Drittfachausbildung hatten ca. 150 Lehrerinnen und Lehrer aus Thüringen ein Erstes Staatsexamen für das Fach Religion. Für die Thüringer Schulen war das ein ausgezeichneter Start im Blick auf den Religionsunterricht, zumal diese Lehrerinnen und Lehrer nach dem Examen nicht erst um Stellen kämpfen mussten, sondern diese bereits in Schulen hatten. Zuzugeben ist freilich, dass sie natürlich keine zehnsemestrige Ausbildung hatten und dass auch später keine Doktoranden oder Doktorandinnen aus ihnen hervorgingen. Das war aber in den ersten zehn Jahren nach der DDR auch nicht unser Ziel. Es ging uns vielmehr darum, den evangelischen Religionsunterricht zügig in Schulen zu verankern, die aufgrund des staatlichen Drucks jahrzehntelang keinen Religionsunterricht in ihrem System hatten – nicht nur an einzelnen Schulen, sondern landesweit. Eine weitere positive Auswirkung der ‚Mittwochskurse‘ war das wachsende Interesse von Studierenden an der Religionspädagogik, die durch Mundpropaganda und andere Formen der Werbung an Schulen ein persönliches Interesse für das völlig neue Fach Religion entwickelten“ (ebd., S. 224–225).

Rechtliche Grundlage dieses Erweiterungsstudiums – fokussiert auf den gymnasialen Bereich – war dabei zunächst § 26 („Erweiterungsprüfung“) der „Vorläufigen Verordnung über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien“ vom 19. September 1991. Hier wird deutlich, dass die Studieninhalte im Vergleich zum grundständigen Lehramtsstudium stark reduziert waren: Statt mindestens acht Lehrveranstaltungen (s. Anlage B Punkt 16 der Verordnung) waren nur mindestens zwei Veranstaltungen zu absolvieren, ergänzt durch ein nachzuweisendes Selbststudium, zu welchem auch nicht-universitäre Bildungsangebote gezählt werden konnten. Auch eine Absolvierung von Sprachprüfungen war offensichtlich nicht erforderlich, gleichfalls war die Anfertigung einer (weiteren) Staatsexamensarbeit nicht vorgesehen:

„Wer die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien bestanden hat, kann durch eine Erweiterungsprüfung die wissenschaftliche Befähigung in jedem der in § 2 Abs. 1 Satz l genannten Fächer sowie in den Fächern Polnisch und Portugiesisch erwerben. […] Zur Erweiterungsprüfung kann […] zugelassen werden, wer sich durch erfolgreiche Teilnahme an mindestens zwei Lehrveranstaltungen […] und durch Selbststudium auf die Prüfung vorbereitet hat. Kurse im Rahmen der Lehrerweiterbildung können auf das Selbststudium angerechnet werden. […] Der Kandidat richtet den Antrag auf Zulassung zur Erweiterungsprüfung unter Angabe des gewählten Faches an das Landesprüfungsamt. Die Vorbereitung [u.a. durch das Selbststudium] ist nachzuweisen. […] Eine wissenschaftliche Prüfungsarbeit ist nicht zu fertigen.“7

Auch Hügel hatte sich, nachdem sie die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht durch Absolvierung des PTI-Kurses in Naumburg erhalten hatte, für ein entsprechendes Weiterbildungsstudium an der Universität Halle entschieden. Die Gründe, warum sie zusätzlich auch die Erweiterungsprüfung zum Ersten Staatsexamen absolvieren wollte, benennt sie wie folgt:

„Mir haben die Inhalte des Weiterbildungskurses viel Freude bereitet. Ich wollte mein Wissen weiter vertiefen und gern auch einen vollständigen Abschluss für ein drittes Unterrichtsfach haben. Zudem hatte ich den Eindruck, dass ich das zeitlich leisten könnte.“8

Ablauf und Inhalte des Studiums in Halle sowie Größe, Zusammensetzung und Motivation der Studiengruppe stellt Hügel (fokussiert auf ihren Jahrgang 1996–1997) dabei wie folgt dar:

„Das […] Studium war auf 3 Semester konzipiert, wobei das 3. Semester Prüfungssemester war. Im Unterschied zum Weiterbildungskurs fanden die Veranstaltungen an der Universität Halle-Wittenberg wöchentlich an einem Freitag statt. Es waren ausschließlich Vorlesungen. Insgesamt fanden an diesem Tag 4 davon statt, wovon drei fachwissenschaftlich verortet waren und eine religionspädagogisch. Inhaltlich haben wir in den zwei Semestern Vorlesungen zum Alten Testament, zum Neuen Testament, zur Kirchengeschichte, zur Dogmatik und vermutlich zur Systematischen Theologie gehört. Zudem gab es ein Einzelseminar zu Fernöstlichen Religionen. Aus der Gruppe des Weiterbildungskurses haben sich 6 Teilnehmende für die Weiterführung entschieden. Das Motiv war mehrheitlich, damit einen vollwertigen Abschluss zu erlangen.“

Ablauf und Inhalte der Erweiterungsprüfung zum Ersten Staatsexamen waren dann wie folgt:

„Das Staatsexamen bestand aus einer 4-stündigen schriftlichen Prüfung, in der man, wenn ich mich richtig erinnere, sich in der Prüfung für einen fachlichen Schwerpunkt entscheiden konnte. Zudem gab es noch eine einstündige mündliche Einzelprüfung, in welcher die vier Bereiche – Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte und Vergleichende Religionswissenschaften – zu jeweils etwa 15 Minuten geprüft wurden. Weiterhin musste noch eine mündliche Prüfung in der Religionspädagogik abgelegt werden.“

  • 3.3 Der Erfolg der Maßnahmen

    In summa führten diese Bemühungen im kirchlichen wie staatlichen Bereich, die bspw. mit der Erstellung von Gestellungsverträgen Hand in Hand gingen, zu einem steten Aufwuchs an für die Erteilung von Religionsunterricht qualifizierten Personen. In den einzelnen Bundesländern fand dies in unterschiedlichem Tempo statt. So konnte in Thüringen am 1. September 1991 nur vereinzelt in 15 von 40 Superintendenturen Religionsunterricht erteilt werden, durchgeführt von „KatechetInnen, Pfarrern, Pastorinnen und einigen christlichen Lehrern“ (so der damalige Ausbildungsdezernent Ludwig Große in einem Bericht an die Synode der Thüringer Landeskirche im November 1991; zitiert bei Schulte, 2018, S. 134). Zehn Jahre später hingegen war die Vocatio bzw. Missio canonica bereits in ca. 2.000 Fällen an staatliche und kirchliche Lehrkräfte vergeben worden, von denen 2001 ca. 1.300 auch in der Schule tätig waren. Diese Lehrpersonen erreichten ca. 64.200 Schüler:innen, was ca. 22,8 % aller schulpflichtigen Personen entsprach (Schulte, 2018, S. 139). In Sachsen-Anhalt wiederum nahmen im Schuljahr 1999/00 – was nicht nur, aber auch in einer unzureichenden Personalsituation begründet war (Domsgen, 2006, S. 132–133) – nur ca. 6,2 % der Schüler:innen am evangelischen/katholischen Religionsunterricht teil (sowie ca. 30,1 % am Ethikunterricht; ebd., S. 132). Hier erfolgte erst zum Schuljahr 2005/06 eine deutliche Steigerung des Angebotes der Fächer dieses Wahlpflichtbereichs (ebd., S. 135–136), wobei dann 216 kirchliche und 281 staatliche Lehrpersonen evangelischen Religionsunterricht erteilten (ebd., S. 139). Schwerpunktmäßig erfolgte dies dabei im Bereich der Grundschulen sowie der Gymnasien (ebd., S. 140; s. auch mit vielen weiteren Zahlen zur Unterrichtsversorgung im Schuljahr 2000/01 Domsgen, 2002, S. 16– 17).

    Diese gemischte Bilanz bezüglich der Findung und Ǫualifizierung von Religionslehrkräften ca. zehn bis fünfzehn Jahre nach der (Wieder-)Einführung des Religionsunterrichts ergibt sich auch mit Blick auf mindestens fünf weitere Sachverhalte. So ist erstens festzuhalten, dass sich die Personalsituation in einzelnen Schulformen teils unterschiedlich darstellte – eher besser im Bereich der Grundschulen und der Gymnasien, eher schlechter im Bereich der (nicht gymnasialen) Sekundarstufe (z.B. nochmals Domsgen, 2006, S. 140; auch Domsgen, 2002, S. 16–17). Hinzu tritt zweitens, dass die von den Bundesländern grundsätzlich angestrebte Ausweitung des Unterrichtsangebots teils einherging mit einer die Lehrpersonen belastenden sowie die Ǫualität gefährdenden Kürzung des Angebots auf eine Stunde pro Woche. Dies war bspw. Mitte der 2000er Jahre in Sachsen-Anhalt der Fall – teils mit der Folge, dass

    „staatliche Lehrkräfte im Ethik- und Religionsunterricht mit einer vollen Stelle bis zu 14 Lerngruppen an einer oder zwei Schulen (bei kirchlichen Lehrkräften in der Regel 3–4 Schulen) [unterrichteten]“ (Domsgen, 2006, S. 137; wobei nochmals erschwerend hinzutrat, dass Religionsunterricht ohnehin häufig klassen- oder auch jahrgangsübergreifend erteilt wurde; ebd., S. 139). Drittens führte der stete Aufwuchs an qualifizierten Personen mitunter zu Überlegungen in den Kultusministerien, die an der Erteilung von Religionsunterricht in hohem Maße beteiligten kirchlichen Lehrpersonen (s. exemplarisch oben) wieder aus den Schulen zu entfernen und durch staatliche Lehrer:innen zu ersetzen. Diese die vorhergehenden Findungs- und Ǫualifizierungsmaßnahmen konterkarierenden und für große Unsicherheiten sorgenden Bestrebungen trafen bspw. Mitte der 2000er Jahre auf Thüringen zu: „Gegen den Einspruch der Landeskirche bemüht[e] sich das Kultusministerium, die Anzahl der kirchlichen Mitarbeiter im Schuldienst radikal zu reduzieren – die dadurch frei werdenden Unterrichtsstunden [wurden] durchaus von staatlichen Religionslehrkräften übernommen, allerdings nicht immer mit deren Zustimmung“ (Wermke, 2006b, S. 147; s. auch Hahn, 2009, S. 115). Gleichfalls problematisch war zum Vierten die Situation Mitte der 2000er Jahre in Mecklenburg-Vorpommern. Hier wurde zur Vermeidung von Entlassungen das Lehrdeputat staatlicher Lehrkräfte auf 50–60 % abgesenkt, wobei dies wiederum durch den Einsatz in sog. Mangelfächern, zu denen auch der Religionsunterricht gehörte, erhöht werden konnte. Viele Lehrer:innen vollzogen vor diesem Hintergrund eine Weiterbildung und erhielten die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht. Final führte dies jedoch dazu, dass Religionslehrkräfte, teils ähnlich wie in Thüringen und Sachsen-Anhalt, „aus ihren übrigen Fächern herausgedrängt [wurden]“ (Schulz, 2006, S. 136), häufig an mehreren Schulen tätig waren und dass der Religionsunterricht insgesamt von größtenteils nachqualifizierten Lehrer:innen erteilt wurde (ebd.). Die in Mecklenburg-Vorpommern existierenden Möglichkeiten der Weiterbildung für staatliche Lehrpersonen führten so paradoxerweise eher nicht zur einer gesteigerten Ǫualität des Faches und auch zu Belastungen der Lehrer:innen, welche als „Wanderlehrkräfte“ (ebd.) an bis zu acht Schulen tätig waren.

    Und fünftens schließlich ist festzuhalten, dass die hier vorgebrachten Ausführungen nahezu ausschließlich mit Blick auf die allgemeinbildenden Schulen formuliert sind. Denn anders als bei diesen wurde im berufsbildenden Bereich der sog. Berufsschulreligionsunterricht (BRU) nahezu nicht eingeführt. Bspw. im Schuljahr 2008/09 besuchten nur 2,2 % der Schüler:innen an beruflichen Schulen in Thüringen und sogar nur 1,3 % der entsprechenden Schüler:innen in Sachsen-Anhalt den evangelischen Religionsunterricht (Völker, 2015, S. 18) – was erneut nicht nur, aber auch in einer unzureichenden Personalsituation begründet war (einleitend Heller/Wermke, 2015, S. 6–7). Vor diesem Hintergrund sowie auf Grundlage einer umfangreichen empirischen Forschungsarbeit (Völker, 2015) verabschiedeten das damalige Zentrum für Religionspädagogische Bildungsforschung (heute: Forschungszentrum für Religion und Bildung) der Universität Jena, das Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sowie das PTI der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Landeskirche Anhalts eine Erklärung zum BRU, in der das Thema „Findung und Ǫualifizierung von Lehrpersonen“ eine prominente Rolle einnahm. U.a. wurde dabei gefordert, Fortbildungsmaßnahmen zu stärken, entsprechende Studiengänge zu bewerben, Ǫuereinstiege zu etablieren und Stellen zeitnah wiederzubesetzen (LKA, PTI & ZRB, 2015, S. 2). Große Effekte traten in der Folgezeit allerdings nicht ein und auch in der religionspädagogischen Literatur oder im kirchlichen Diskurs wurde die entsprechende Problematik nur bedingt weiter erörtert. Mit Blick auf den BRU ist es in Ostdeutschland also nicht nur nicht (sic) gelungen, Lehrpersonen zu finden und zu qualifizieren, sondern dieser bedeutsame Misserfolg ist mittlerweile auch (nahezu) vergessen.

    4 Religionspädagogische Reflexionen und Schlusswort

    Dass es in der weitgehenden Konfessionslosigkeit/-freiheit bzw. der „forcierte[n] Säkularität“ (nochmals Wohlrab-Sahr, Karstein & Schmidt-Lux, 2009, bspw. S. 293) Ostdeutsch-lands nach 1989/90 gelungen ist, innerhalb weniger Jahre tausende Lehrpersonen für den (wieder) eingeführten Religionsunterricht zu finden und zu qualifizieren, ist aus religionspädagogischer Perspektive – der skizzierten gemischten Bilanz zum Trotz – als großer Erfolg zu würdigen. Können aus den dargestellten Entwicklungen jedoch auch Hinweise mit Blick auf die aktuelle Situation des Lehrkräftemangels abgeleitet werden? Fünf Punkte seien angesprochen:

    1. Das Beispiel des BRU zeigt, dass der Findung und Ǫualifizierung von Religionslehrkräften hohe Priorität zukommen muss. Ohne Lehrpersonen kein Religionsunterricht – das klingt banal und insofern überflüssig. Der nahezu nicht existierende BRU in den ostdeutschen Bundesländern (was in der Konsequenz bedeutet, dass jährlich zehntausenden Schüler:innen ihr Recht auf religiöse Bildung vorenthalten wird) verweist allerdings eindrücklich darauf, dass z.B. auch die grundgesetzliche Verankerung des Religionsunterrichts nichts austrägt, wenn keine oder zu wenig Lehrpersonen für das Fach vorhanden sind. Dies gilt umso mehr, als dass in den Dokumentationen und Forschungen zur Einführung des Religionsunterrichts in Ostdeutschland immer wieder betont wird, dass das Angebot die Nachfrage bestimmt: Das Fach wird dort nachgefragt – auch z.B. von ungetauften Schüler:innen –, wo es angeboten wird (u.a. Wermke, 2006a, S. 19). Von daher sollte jedes entsprechende Engagement fortgesetzt und intensiviert werden. Andere Optionen der Unterrichtssicherung wie eine Kürzung des Angebots auf eine Wochenstunde können hingegen, auch dies lässt sich aus der Zeitgeschichte lernen, kaum überzeugen. Die Konsequenz besteht dann vermutlich erneut in stark belasteten, in vielen Lerngruppen eingesetzten „Wanderlehrkräfte[n]“ (nochmals Schulz, 2006, S. 136).

    2. Eine bedeutsame Rolle bei der Absicherung des Religionsunterrichts können kirchliche, im Rahmen von Gestellungsverträgen finanzierte Lehrkräfte spielen. Dies unterscheidet den Religionsunterricht von weiteren Fächern und ist – vorbehaltlich des auch im kirchlichen Raum existierenden Fachkräftemangels – eine wichtige Ressource in Phasen einer entsprechenden Unterversorgung. Letztlich ist es auch diesen Lehrpersonen und mittelbar dem in der DDR existierenden konfessionellen Bildungswesen zu verdanken, dass der Religionsunterricht an den ostdeutschen allgemeinbildenden Schulen nach 1989/90 etabliert werden konnte. Im Schuljahr 2000/01 unterrichteten kirchliche Lehrkräfte bspw. „im Bereich der sächsischen Landeskirche ungefähr die Hälfte der Schülerinnen und Schüler“ (Domsgen, 2002, S. 16).

      Beim Einsatz dieser Lehrpersonen sind allerdings einerseits verlässliche Rahmenbedingungen einzufordern. Eine Situation wie Mitte der 2000er Jahre in Thüringen, bei welcher zahlreiche kirchliche Mitarbeiter:innen zunächst weitergebildet wurden, um dann ihre Anzahl in der Schule wiederum zu reduzieren (s. nochmals Kapitel 3.3), kann nur Verstimmungen generieren und ist ein fehlgeleiteter Ressourceneinsatz. Auch eine Tätigkeit im Rahmen immer neuer sog. Kettenverträge, wie sie Petra Schulz aus dem Bereich der ehemaligen Landeskirche Mecklenburgs berichtet (Schulz, 2006, S. 164), ist vor diesem Hintergrund kritisch zu sehen9.

      Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass die spezifischen Herausforderungen, denen kirchliche Lehrkräfte in der Schule begegnen, auch in jeweiligen Weiter- sowie anschließenden Fortbildungen Beachtung finden sollten. Ob und inwiefern dies nach 1989/90 der Fall war, lässt sich aus der eingesehenen Literatur heraus nur bedingt rekonstruieren. Die Herausforderungen selbst wurden in den Dokumentationen und Forschungen zur Einführung des Religionsunterrichts in Ostdeutschland allerdings gut herausgearbeitet. Zu ihnen zählen u.a. eine geringe Einbindung in das Kollegium und in das Schulleben, eine häufig große Anzahl an Lerngruppen (teils an mehreren Schulen), eine oft mangelnde Information über schulorganisatorische Fragen sowie das Fehlen von Erfahrungen und Kenntnissen in pädagogischer und rechtlicher Hinsicht (u.a. Ziller, 2004, S. 25–27). Auch unklare und teils divergierende Erwartungen und Selbstzielsetzungen, die mit Schlagworten wie „Vertretung der Kirche“, „Diakonischer Dienst“, „Ethische Orientierung“ sowie „Wissensvermittlung“ skizziert werden können (ebd., S. 27), sind hier zu erwähnen. In zukünftigen Weiter- und Fortbildungen kirchlicher Lehrkräfte sollten solche Herausforderungen entsprechend prominent thematisiert werden.

    3. Bei konzeptionellen Überlegungen zur Findung und Ǫualifizierung von Lehrpersonen für den Religionsunterricht sollten u.a. im Sinne der sog. Evaluationsforschung auch die Einschätzungen bislang aus- und weitergebildeter Personen eine bedeutsame Rolle spielen. Ansatzpunkte ergeben sich hier aus den von Matthias Hahn geführten Interviews (nochmals Hahn, 2003) oder den Rückmeldungen von Sylvia Hügel. So berichtet Hügel, dass ihr Naumburger PTI-Kurs sie gut auf ihre Tätigkeit als Religionslehrerin vorbereitet hatte und gibt Empfehlungen zur inhaltlichen Ausrichtung, welche sich unmittelbar auf heutige Weiterbildungsformate, z.B. das gegenwärtige Erweiterungsstudium, übertragen lassen. Solche aktuellen Formate sollten dabei bspw. einen Schwerpunkt auf subjekt- und lebensweltorientierte Zugänge legen:

      „Ich habe mich durch die Weiterbildung gut vorbereitet gefühlt, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit, meine eigenen Unterrichtsideen mit der Seminargruppe besprechen zu können und so einen fachlichen Austausch zu haben. Der große Wert der Organisation der Weiterbildung in Blockseminaren war, dass die fachlichen Inhalte so auch unterrichtspraktische Verknüpfung fanden und man mit der Bibliothek in Naumburg einen großen Fundus von unterrichtlichen Zugängen hatte. Trotzdem blieb und bleibt natürlich ein großes Arbeitsaufkommen, um sich in die fachlichen Inhalte immer tiefer einzuarbeiten. Aus heutiger Perspektive ist zu empfehlen, zentrale dogmatische Aussagen in ihrer anthropologisch-existentiellen Bedeutung mit Blick auf Schülerinnen und Schüler noch deutlicher zu reflektieren. Gleichfalls sollten auch in die exegetische Beschäftigung mit biblischen Texten stärker subjektorientierte Zugänge mit einbezogen werden, um Ideen entwickeln zu können, wie ich eine Verknüpfung der fachlichen Inhalte mit der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ermögliche.“

      Das Konzept einer Weiterbildung von bereits in der Schule tätigen Lehrer:innen – sei es in Form von PTI-Kursen, sei es in Form universitärer Weiterbildungsstudien – kann dabei ihrer Meinung nach ein wertvolles Instrument in Zeiten eines Lehrkräftemangels darstellen:

      „Der Unterschied zu Seiten- oder Ǫuereinsteigern ist, dass die Kolleginnen und Kollegen, die ein Drittfach studieren, sowohl das System Schule kennen als auch eine methodisch-didaktische Ausbildung besitzen.“

      Mit Blick auf das durch Vorlesungen geprägte Format ihres Erweiterungsstudiums in Halle sieht sie allerdings Optimierungsbedarf:

      „Das Konzept des Weiterbildungskurses habe ich für mich deutlich gewinnbringender und nachhaltiger erlebt, als die Fülle der Vorlesungen ohne inhaltlichen Austausch.“

      Auch diese Anmerkung lässt sich direkt auf das gegenwärtige Erweiterungsstudium übertragen. Denn auch hier ist – fokussiert nochmals auf das Thüringer Gymnasiallehramt – offenbar eher eine Integration und damit auch Vereinzelung der Lehrer:innen in die existierenden Angebote des Pfarr- und Lehramtsstudiums vorgesehen (s. § 27 der aktuell gültigen „Thüringer Verordnung über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien“ vom 9. Dezember 2008) und weniger der von Hügel positiv herausgestellte seminar-istische Charakter, der auch die initialen Jenaer Mittwochskurse auszeichnete (s. Kapitel 3.2). Hier ergibt sich insofern ein ganz konkreter Ansatzpunkt, um die Attraktivität heutiger Erweiterungsstudien zu erhöhen10.

    4. Ein weiterer Punkt zur Erhöhung der Attraktivität, der sich weniger aus den Einschätzungen bislang aus- und weitergebildeter Personen, sondern eher aus dem retrospektiven Blick auf die Staatsprüfungsverordnungen heraus ergibt, kann in einer Elementarisierung der Studieninhalte bestehen. Denn offenbar hatten zu Beginn der 1990er Jahre auch deutlich geringere Studienumfänge als heute (s. Fußnote 7) dazu geführt, Lehrkräfte in geeigneter Form zu qualifizieren (nochmals Petzold, 2013, S. 224– 225). Ob eine solche Elementarisierung dann auch zu einer De-Professionalisierung führt, ist eine Frage, die sich auf Basis der betrachteten zeitgeschichtlichen Entwicklungen nicht beantworten lässt. Anzumerken ist allerdings, dass mit dem religionsdidaktischen Elementarisierungsmodell oder auch den von Gerd Theißen herausgearbeiteten sog. Grundaxiomen und Grundmotiven des biblischen Glaubens (Theißen, 2003, S. 131–173) Konzepte bereitstehen, welche sich ggf. auch für die Planung von elementarisierten, nicht aber reduzierten oder gar banalen Erweiterungsstudiengängen fruchtbar machen lassen.

    5. Dass die intensiven innerkirchlichen Diskussionen insbesondere des Jahres 1989/90 zur Verhältnisbestimmung von Religion und Schule von der „Sturzflut der Ereignisse“

    (nochmals Große, 2006, S. 35) überholt wurden, ist vermutlich je nach Perspektive bedauerlich, irrelevant oder aber ein Glücksfall. Unstrittig dürfte freilich sein, dass die in diesem Diskurs vorgebrachten Positionen im Nachgang lange fortwirkten. Letztlich sind anschlussfähige Überlegungen und auch Vorbehalte heute ebenso existent. So fragt bspw. der Organisationssoziologe Stefan Kühl in einem 2025 erschienenen Gastbeitrag für die „taz“, „weswegen Religion über ein eigenes Schulfach eine so wichtige Rolle in Schulen spielen sollte“ (Kühl, 2025, o. S.; was an die 1989/90 vorgebrachte Forderung erinnert, die Behandlung von Religion in andere Schulfächer zu integrieren), und plädiert dafür, dass Religionsunterricht nicht in der Schule, sondern in der Kirche stattfinden sollte, und damit „in der Organisation […], die dafür am besten geeignet ist“ (ebd.; was an die gleichfalls 1989/90 vorgebrachte Position erinnert, auf Religionsunterricht gemäß Art. 7.3 GG zugunsten bspw. der Christenlehre zu verzichten). Auch der Vorwurf einer schwarzen Staatsbürgerkunde klingt zumindest an, so wenn dem Religionsunterricht eine „wichtige Rolle […] bei der Persönlichkeitsbildung“ (ebd.) durchaus zugeschrieben wird – was eine Erklärung dafür zu sein scheint, warum auch und gerade im staatlichen Bereich an seiner Bedeutung niemand „zu rütteln wagt“ (ebd.). Für die gegenwärtige Findung und Ǫualifizierung von Religionslehrkräften sind solche Einschätzungen, die weit verbreitet sein dürften (s. hierzu bspw. die Kommentare zu Stefan Kühls online erschienenen Gastbeitrag), fraglos relevant. Denn wer möchte schon Lehrperson für ein Fach sein, welches der ideologischen Unterweisung verdächtigt wird und das als

    „religiös[e] Erziehung“ (Kühl, 2015, o. S.) mit Missionsabsicht (s. ebd. die Formulierung, dass die Kirchen darauf hoffen, „dass durch die Zwangsbeschulung mit religiösen Inhalten doch vielleicht der eine oder andere Gläubige hängen bleibt“) final besser in der Kirche anzusiedeln wäre? Insofern ist es wichtig, Sinn und Zweck des Religionsunterrichts immer wieder öffentlich herauszuarbeiten (s. bspw. eine Entgegnung zu Kühls Überlegungen bei Heller, 2025) – als ein Fach, das weder schwarze Staatsbürgerkunde und auch keine Mission ist, sondern vielmehr „ein herausragender Ausdruck der freiheitlich-demokratischen DNA unseres Landes“ (ebd., o. S.). Die Findung und Ǫualifizierung von Lehrpersonen für den Religionsunterricht ist damit nicht nur eine organisatorische, von Kultusministerien, Schulämtern sowie auch kirchlichen Bildungsdezernaten etc. zu bewältigende Herausforderung, sondern ebenso eine religionspädagogische Aufgabe.

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    PD Dr. Thomas Heller ist Privatdozent für Religionspädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.


    1 In der Gründungsverfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 wurde ein „Recht der Kirche auf Erteilung von Religionsunterricht in den Räumen der Schule“ (Art. 44) noch zugesichert. Bis hin zum sog. Lange-Erlass 1958 wurde der Unterricht, häufig in Randstunden, auf dieser Basis auch erteilt. In der zweiten DDR- Verfassung vom 6. April 1968 fehlen dann die entsprechenden Artikel. An die Stelle des Religionsunterrichts traten nach dem Erlass neue Bildungsformen: die Christenlehre im evangelischen Bereich, die Katechese im

    katholischen Bereich (einleitend Grelak & Pasternack, 2019, S. 63–72).

    2 Der Haupttitel dieses Textes greift den Titel eines Erfahrungsberichts auf, den Ludwig Große, Ausbildungsdezernent der Thüringer Landeskirche in den 1990er Jahren, im Jahr 2006 verfasst hatte. Der Titel lautete: „Wir brechen auf in neue Zeiten und Räume. Ein Kriegsschauplatz soll Saatfeld werden“ (Große, 2006).

    3 Eine Ausnahme stellt hier insbesondere das Buch „Wende und Wandlung“ (2003) von Matthias Hahn dar, dessen Einsichten in Kapitel 3 und 4 integriert sind. Hahn hatte sieben Lehrer:innen, die ihre Berufstätigkeit in der DDR aufgenommen und die in den 1990er Jahren (genau wie Sylvia Hügel) einen

    „Lehrerweiterbildungskurs“ am Pädagogisch-Theologischen Institut der Kirchenprovinz Sachsen absolviert hatten, hinsichtlich ihrer „Bildungsgeschichten […] in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche“ (Hahn, 2003, Untertitel) befragt. S. weiterhin auch Hahn, 2009, S. 115–117.

    4 Das Interview, das sich am ehesten der Oral-History-Methode zuordnen lässt, wurde am 19. März 2025 in einem Telefonat zwischen Sylvia Hügel und Thomas Heller zunächst telefonisch vorbesprochen. Im Anschluss wurde von Thomas Heller ein Katalog mit acht Fragen erstellt, den Sylvia Hügel schriftlich beantwortet hat. Die Antworten sind am 20. März 2025 per E-Mail eingegangen. Für ihre Einblicke und ihr Engagement im Rahmen der Befragung sei Sylvia Hügel, die Fachlehrerin für evangelische Religion, Deutsch und Geschichte an der Latina in Halle sowie Fachseminarleiterin für evangelische Religion in den Schulformen Gymnasium und Berufsbildende Schulen in den Studienseminaren Halle und Magdeburg ist, ganz herzlich gedankt. Ein weiterer herzlicher Dank geht an Tommy Drexel, Kathrin Drohberg, Hans-Martin Ilse, Stefanie Lorenzen und Ulrike Witten für weitere Hinweise und Überlegungen zum Thema des Beitrages. 5 Die Einführung des Religionsunterrichtes gemäß Art. 7.3 GG in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen darf bereits Mitte der 2000er Jahre als gut dokumentiert und erforscht gelten. S. u.a. Domsgen, 2006; Hanisch, 2007; Leewe & Neuschäfer, 2006; ThILLM, 2001; Wermke, 2006b; auch Mehrle, 1998, S. 170–206; Ziller, 2004; umfangreich Domsgen, 1998. Hinzu tritt eine Reihe an empirischen Studien zum neuen Schulfach in diesen mitteldeutschen Bundesländern (bspw. Hanisch/Pollack, 1997; Kiesow, 2007; Petzold, 2003; Wermke, 2006a). Dabei wurde teils auch explizit auf die Lehrpersonen fokussiert (u.a. Gramzow, 2004; Liebold, 2004; s. auch nochmals Hahn, 2003). An späterer Literatur sei exemplarisch erwähnt: Domsgen & Lütze, 2010; Hahn, 2009; Hanisch & Gramzow, 2012; Hanisch & Gramzow, 2015. Weniger ausgeprägt ist die Dokumentation und Forschung zur Einführung des Religionsunterrichts in Mecklenburg- Vorpommern. S. diesbezüglich jedoch Schulz, 2006. Abschließend sei noch auf die mittlerweile reichlich vorhandene fachdidaktische Literatur zum Thema „Religionsunterricht und Konfessionslosigkeit/-freiheit“ o.ä. hingewiesen (exemplarisch Domsgen, 2013; Käbisch, 2014; weiterhin auch EKD, 2020).

    6 Teils gingen diese Einrichtungen aus den Katechetischen Seminaren der DDR-Zeit hervor, an denen insbesondere Katechet:innen, die dann u.a. als Lehrpersonal in der Christenlehre tätig waren, ausgebildet wurden (einleitend Grelak & Pasternack, 2019, S. 63–69, S. 436, exemplarisch zum Katechetischen Seminar Wernigerode, das im Folgenden erwähnt wird, S. 471–472). An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass in der DDR ein ausdifferenziertes, den Zielstellungen des Weltanschauungsstaates oft zuwiderlaufendes konfessionelles Bildungswesen existierte. Zu dieser „Parallelwelt“ (Grelak & Pasternack, 2019, Haupttitel), die immer wieder Repressionen ausgesetzt war, grundsätzlich aber geduldet und in Ausnahmefällen überdies finanziert wurde und die während der DDR-Zeit sogar noch aufwuchs, zählten bspw. Kindertagesstätten, Rüstzeitheime, Konvikte, Predigerseminare, Kirchliche Hochschulen,

    Katechetische Seminare/Oberseminare, Akademien und Filmdienste. Auch der Religionsunterricht (s. bereits Fußnote 1) sowie die theologischen Fakultäten (ab 1970/71: Sektionen) an den staatlichen Universitäten in Berlin, Greifswald, Jena, Halle, Leipzig und Rostock sind hier zu erwähnen. Im Ganzen summierten sich die Institutionen dieses konfessionellen Bildungswesens und die mit ihnen verbundenen Bildungsformen auf eine Zahl von mehr als 1.000 (mit einer akribischen Zusammenstellung Grelak/Pasternack, 2019).

    7 Analoge Regelungen wurden auch für den Bereich der Grund- und Regelschulen getroffen. Die Bestimmungen hatten sich offensichtlich bewährt: Bspw. in die „Thüringer Verordnung über die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien“ vom 6. Mai 1994 wurden sie weitgehend übernommen (§ 26). Aktuell sind die Zulassungsvoraussetzungen für die Erweiterungsprüfung deutlich höher: Während 1991, nochmals fokussiert auf das Gymnasiallehramt, Studienleistungen im Umfang von 25 % genügten, um sich zur Prüfung anzumelden (mindestens zwei Lehrveranstaltungen im Vergleich zu mindestens acht Lehrveranstaltungen im grundständigen Lehramtsstudium; s. nochmals im Haupttext), müssen aktuell 60 Leistungspunkte erbracht werden, denen 95 Leistungspunkte im grundständigen Lehramtsstudium gegenüberstehen (s. § 27 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 der aktuell gültigen „Thüringer Verordnung über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien“ vom 9. Dezember 2008). Dies entspricht ca. 63 %.

    8 Anders als im Bereich der ehemaligen Thüringer Landeskirche waren im Bereich der ehemaligen Kirchenprovinz Sachsen die Weiterbildungen offensichtlich auch von Anfang an stärker sukzessiv konzipiert: mit zweijährigen PTI-Kursen (die bereits zum Erwerb der Lehrbefähigung für den evangelischen Religionsunterricht führten) sowie dem anschließenden Erweiterungsstudium in Halle (das dann zusätzlich zum Erwerb der Erweiterungsprüfung zum Ersten Staatsexamen führte; s. Hahn, 2003, S. 37–39). In Jena hatten die Teilnehmer:innen an den sog. Mittwochskursen vermutlich keine vorauslaufenden PTI-Kurse besucht.

    9 Entsprechend werden hier staatliche Institutionen adressiert. Zu ergänzen ist freilich, dass der Religionsunterricht sowie die entsprechenden Findungen und Ǫualifizierungen von Lehrpersonen als Aufgabenfelder auch von kirchlicher Seite her angenommen werden müssen. Oft trifft dies zu, allerdings gilt zugleich: Dies war nach 1989/90 nicht immer der Fall. Das zeigen die in Kapitel 2 skizzierten innerkirchlichen Diskussionen, aber auch weitere Ereignisse. Besonders herausgestellt war hier sicher ein im Jahr 1995 beginnender „Aufruhr unter Thüringer Pfarrern“ (so Schmoll, 1995, Titel). Denn nachdem die Thüringer Landeskirche am 16. Mai 1995 eine Religionsunterrichtsverordnung verabschiedet hatte, der zufolge Pfarrer:innen zur Erteilung von vier Stunden Religionsunterricht pro Woche verpflichtet wurden (inklusive verschiedener Ausnahmeregelungen, auf Grundlage eines Gestellungsvertrages vom 30. Juni 1994), verwehrten sich verschiedene Pfarrpersonen gegen den Einsatz in der Schule. Für den Religionsunterricht war dies wenig produktiv: „Es begann ein jahrelang währender Streit um Fragen der Erteilung dieses Unterrichts, der zu Lasten inhaltlicher und konzeptioneller Fragen geführt wurde“ (Schulte, 2018, S. 138). Erhebliche Vorbehalte bestanden auch im Bereich der Sächsischen Landeskirche, wo Pfarrer:innen zur Erteilung von zwei Wochenstunden verpflichtet waren (Schmoll, 1995, S. 3). Im Bereich der ehemaligen Kirchenprovinz Sachsen hingegen, wo eine besonders große Unterversorgung existierte, forderte das „Magdeburger Konsistorium […] zwar mehr Lehrkräfte für katholischen und evangelischen Religions- sowie Ethikunterricht und [erinnerte] daran, daß es sich um ordentliche Lehrfächer handelt, [kam] aber nicht auf den Gedanken, daß die Kirche selbst dafür etwas tun könnte, indem sie auch ihre Pfarrer verpflichtet“ (ebd.).

    10 Auch die von Hahn interviewten Lehrer:innen äußerten sich häufig positiv über den seminaristischen, mit gegenseitiger Bestärkung einhergehenden Charakter der vom PTI angebotenen Weiterbildungskurse. So sagte bspw. ein Proband: „In Wernigerode war mehr zu lernen als auf der Uni, […] weil wir ja wirklich Zeit hatten. Außer der Fahrt war ja in Wernigerode kein Streß, und wir hatten doch durch die Weiterbildungsdozenten das Gefühl, wir konnten unsere Seele ausschütten und nachdem diese Phase vorbei war, hat man sich selbst auch in gewisser Weise stabilisiert. Man hat mit den anderen über Sachen sprechen können, das hat einen selbst bestärkt“ (Hahn, 2003, S. 176; s. auch S. 94, S. 143).