Kritische Potentiale der Auseinandersetzung mit Klassismus in Theologie und Religionspädagogik


Matthias Stracke-Bartholmai


Zusammenfassung

Angesichts der Auseinandersetzung mit Bildungsgerechtigkeit und Armutssensibilität in der Religionspädagogik stellt sich die Frage nach dem Mehrwert des Klassismusbegriffs. In drei Feldern wird aufgezeigt, dass und wie Klassismuskritik und -forschung ein eigenes kritisches Potential einträgt. Dies betrifft (1.) die Möglichkeit der Benennung, Sichtbarmachung und Kritik klassistischer Praktiken und Denkweisen sowie eine bessere theoretische Anschlussfähigkeit an Diskurse zu anderen Diskriminierungsformen. Die Klassismusperspektive verdeutlicht zudem (2.) den Bedarf einer stärkeren Auseinandersetzung mit der „Macht der Bildung“ (Ricken) und schärft so den Blick für Probleme der religionspädagogischen Fokussierung auf Bildung. Zuletzt wird (3.) die klassistische Struktur des wissenschaftlichen Felds selbst zum Gegenstand der Kritik.

Schlagwörter: Klassismus, Bildungsgerechtigkeit, Bildungskritik, Intersektionalität, epistemische Ungerechtigkeit


Critial Potentials of Adressing Classism in Theology and Religious Education


Abstract

Given the existing discourse on educational justice and sensitivity to poverty in religious education, the question arises as to what the introduction of the term classism brings to the table. In three areas, it is demonstrated that critique and research on classism indeed develop critical potential. This concerns (1.) the ability to identify, make visible, and critique classist practices and ways of thinking, as well as a better theoretical connectivity to discourses on other forms of discrimination. Furthermore (2.), the perspective of classism highlights the need for a stronger engagement with the power of education („Macht der Bildung“, Ricken) and thus sharpens the focus on issues related to the emphasis on ‚Bildung‘ in religious education. Finally (3.), the classist structure of the academic field itself becomes the subject of critique.

Keywords: classism, educational justice, intersectionality, epistemic injustice

Einleitung

Legt man eine Klassismusdefinition (bspw. Gamber/Kupfer, 2023)1 neben die einschlägige religionspädagogische Literatur zu den Stichworten Bildungsgerechtigkeit, Gerechter Religionsunterricht und Armutssensibilität (bspw. Könemann/Mette, 2013; Grümme/Schlag, 2016; Knauth/Möller/Pithan, 2020; Uppenkamp, 2021) drängt sich die Frage auf, ob unter dem Stichwort Klassismus gar nicht so alter Wein in neue Schläuche gefüllt wird. Auch Vera Uppenkamp (2025, in diesem Heft) kommt in ihrer Analyse zu dem Schluss: „Klassismus [ist] kein neues Thema für die (inklusive) Religionspädagogik.“

Ich möchte im Folgenden drei Potentiale aufzeigen, an denen deutlich wird, warum die Auseinandersetzung mit Klassismus bzw. Klassismusforschung zwar kein neues Thema einbringt, als Perspektive aber den Wunsch nach „Irritationen, neue Orientierungen und selbstkritische Befragungen“ (Grümme/Schlag, 2016b, 12) einlöst und die bisherige theologische und religionspädagogische Beschäftigung mit Bildungsgerechtigkeit und Armut entscheidend ergänzt. Dazu nehme ich zunächst (1.) das kritische Potential der Begrifflichkeit Klassismus sowie die Anschlussfähigkeit an verwandte Diskurse in den Blick. In einem zweiten Schritt (2.) zeige ich, wie die der Klassismusperspektive inhärente Bildungskritik dazu führt, bisher religionspädagogisch nur zögerlich rezipierte erziehungswissenschaftliche Perspektiven stärker in den Fokus zu rücken. Zuletzt (3.) richte ich den Blick auf die Wissenschaft als „klassistisch strukturiertes Feld“ (Seeck/Kottwitz, 2025, 11) und damit verbundener epistemischer Ungerechtigkeit.

1 Klassismus als strukturelle Diskriminierungsform benennbar machen

Der Begriff Klassismus ermöglicht es, diskriminierende Praktiken und Strukturen klar zu benennen, ohne mit Begriffen wie armutsbezogen, sozial oder sozio-ökonomisch umschreiben zu müssen. Zugleich trifft der Vorwurf von Klassismus (hoffentlich) stärker: Wer möchte schon gerne einer mit -ismus endenden Diskriminierungsform bezichtigt werden? So macht es einen Unterschied, ob man der Denkschrift „Gerechte Teilhabe“ (EKD, 2006) mangelnde Parteilichkeit und unzureichende Kritik am Verhältnis von arm und reich nachweist (vgl. die inhaltlich scharfe Kritik bei Globig, 2014) oder davon spricht, dass diese Denkschrift in weiten Teilen klassistisch argumentiert.2

In Reaktion auf die zeitzeichen-Ausgabe zum Thema Klassismus (vgl. Kosch, 2023) erhebt der Systematiker Johannes Fischer den Vorwurf, der Klassismusbegriff beschreibe ein Phänomen, „das es gar nicht gibt“ und fungiere als „Waffe“: „[D]ie Funktion dieses Ausdrucks und der Gebrauch, der von ihm gemacht wird, [ist] eindeutig moralisch. Es geht darum, etwas moralisch Schlechtes zu benennen und aufzudecken, das überwunden werden soll“ (Fischer, 2023). Während ich seine Beobachtung hinsichtlich des moralischen Gebrauchs für durchaus zutreffend halte, gilt dies für die weitere Kritik nicht: So bleiben die Betroffenen laut Fischer „ganz außerhalb des Blickfelds“ (ebd.). Wenn ich vorschlage, das kritische Potential des Klassismusbegriffs stärker zu nutzen (in diesem Sinne als „Waffe“), dann jedoch gerade, um „moralisch zu sensibilisieren für diejenigen, die […] betroffen sind“ (ebd.) – in diesem Fall davon, wie ihre Kirche über sie spricht und welche Bilder sie von Armutsbetroffenen vermittelt – und daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen. So drängt sich die Frage auf, wie sinnvoll es ist, dass „Gerechte Teilhabe“ weiterhin als prominente Äußerung der EKD zum Thema Armut auf ihrer Website zu finden ist (suchmaschinenübergreifend einer der Toptreffer zu „EKD Armut“).

Anders als Fischer behauptet, ist Klassismus auch keineswegs „eine Erfindung von Menschen, die sich die Welt im Kopf zurechtlegen“ (2023), da der Klassismusbegriff gerade nicht im Elfenbeinturm, sondern an der Schnittstelle zwischen Sozialen Bewegungen und akademischen Debatten zu verorten ist (Seeck/Kottwitz, 2025, 7).

Die Benennung von Klassismus beugt zudem der Unsichtbarmachung oder Vernebensächlichung des Phänomens vor (Seeck, 2024, 106; Kemper/Weinbach, 2022, 34, 175-178). Wie bell hooks pointiert anmerkt, kommt Klassismus nämlich selbst dort, wo andere Differenzkategorien in den Blick genommen werden, oftmals nicht vor: „Heutzutage ist es angesagt, über Themen wie race oder Gender zu sprechen; das weniger coole Thema ist Klasse. Es ist das Thema, bei dem wir alle verkrampfen, nervös werden, nicht sicher sind, wo wir stehen“ (2020, 7).

Umgekehrt kommt Klassismus nicht unverbunden zu anderen Diskriminierungsformen in den Blick, was auch an der ursprünglichen Verortung in Schwarzen und lesbisch-feministischen Kontexten liegt (Seeck, 2024, 14). Auch der Kontext der wohl ersten Verwendung des Begriffs im deutschsprachigen Raum unterstreicht die Verknüpfung mit anderen Diskursen: Das Buch der niederländischen Sozialarbeiterin und Schriftstellerin Anja Meulenbelt (1988) trägt den Untertitel: „Über Sexismus, Rassismus und Klassismus“ (und berücksichtigt darüber hinaus auch Antisemitismus). Ihren Ansatz beschreibt sie im Sinne einer Intersektionalität avant la lettre:

„In diesem Buch versuche ich, die drei großen Systeme der Unterdrückung, die eben nicht nur nebeneinander bestehen, sondern auch in ihrer Verquickung miteinander wirken, sowohl einzeln zu behandeln, als auch die Übereinstimmungen und Zusammenhänge zwischen ihnen aufzuzeigen“ (ebd., 21).

In dieser Hinsicht ist die Tradition der Klassismuskritik hochgradig anschlussfähig an das Anliegen einer Inklusiven Religionspädagogik der Vielfalt, die „getrennt verlaufende Diskussionen über religiöse Vielfalt, Gender, Geschlechtergerechtigkeit und sexuelle Orientierungen, soziale Benachteiligung und Dis/Ability in einem interdisziplinären und intersektionalen Konzept [integriert]“ (Knauth/Möller/Pithan, 2020b, 11). Auch theoretisch lohnt der Blick auf bzw. die Verknüpfung mit anderen Diskursen. So benennen Hannah Drath und Jan Woppowa im Bezug auf Rassismuskritik Desiderate, die auch für Klassismus durchzubuchstabieren wären, darunter die Vertiefung wissenschaftstheoretischer Fragestellungen; u.a. mit Blick auf perspektiviertes Wissen und die Rolle von Erfahrungen (siehe 2.).

Ein weiterer Vorteil der Verwendung des Begriffs Klassismus besteht darüber hinaus mit Blick auf die Zielperspektive. Anders als im Falle der Begriffe Bildungsgerechtigkeit oder Armutssensibilität ist diese eindeutig: Wie im Falle von Rassismus oder Sexismus kann es bei Klassismus im Grunde nur um eine Überwindung des Phänomens gehen. Die Vision ist eine Gesellschaft ohne Klassen (Kunze, 2020, 20) bzw. eine sozial gerechte Gesellschaft (Seeck, 2024, 17-22). Zur Frage, wie diese konkret aussehen würde, beschreibt Francis Seeck eine – auch für den RU attraktive und gangbare – Methode, dazu ins Gespräch zu kommen: Was, wenn über Nacht ein Wunder geschieht und die sozial gerechte Gesellschaft Realität wird … „Woran würden Sie merken, dass Sie in einer sozial gerechten Gesellschaft aufgewacht sind?“ (2024, 18).

2 Klassismuskritik als Verstärker von Bildungskritik

„Schule und Unterricht haben ein massives Problem mit Fragen der Bildungsgerechtigkeit“ (Grümme/Schlag, 2016b, 9). Angesichts dieser unverändert zutreffenden Beobachtung verwundert es wenig, dass Bildung ein wichtiges Feld der Klassismusforschung ist, die Bildung bzw. das Bildungssystem auf „klassistische Strukturen, Selektionsmechanismen, Vorurteile, Zuschreibungen und Machtverhältnisse“ (Abou, 2024, 6) untersucht. Dabei geht die Kritik über die Thematisierung mangelnder Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit hinaus (Kemper/Weinbach, 2022, 22); in den Fokus rückt auch die Geringschätzung des kulturellen Kapitals derer, die nicht vom Bildungssystem profitieren.

„Dies wird im Kontext von Klassismusanalysen als massive Form der Diskriminierung verstanden […]. Die Lernkultur ist eine Mittelklassenkultur und die Kultur ‚der anderen‘, vermeintlich ‚unteren‘ Klassen, ist daran gemessen eine Defizitkultur. So wird Beteiligung am Bildungssystem als Zugang definiert, der die Defizite im günstigsten Fall aufheben soll. Im System selbst wird jedoch die Ausgrenzung hergestellt“ (ebd.).

Die Maßstäbe des Bildungssystems seien daher als Resultat von Diskriminierungsstrukturen zu verstehen, die durch dieses aufrecht erhalten werden, während soziale und materielle Verhältnisse und daraus resultierende Benachteiligung als individuelles Problem erscheinen – sowohl von außen als auch den Betroffenen selbst (ebd., 23; vgl. auch Abou, 2024, 43). Neben der Veränderung des Bildungssystems im Sinne besserer Zugänglichkeit „geht es also immer auch darum, die Bildung selbst als potenziell herrschaftsförmig zu begreifen und daraus die Konsequenz zu ziehen, auch diese neu zu denken und umzugestalten. Zugänge zur ‚legitimen‘ Bildung sind dementsprechend nur eine Teillösung“ (Kemper/Weinbach, 2022, 124). Auch Tanja Abou (2024, 70) beschreibt den unauflösbaren Widerspruch, „sich ein komplett anderes System zu wünschen und gleichzeitig im Bestehenden nach Lösungen und Entlastungen zu suchen“.

Die bisherige religionspädagogische Literatur zum Themenkomplex Armut/Bildung/Gerechtigkeit konzentriert sich – aus naheliegenden Gründen – insbesondere auf den Religionsunterricht mit Blick auf Inhalte, Materialien und den Beitrag des Religionsunterrichts zu Un-/Gerechtigkeit. Weniger berücksichtigt wird Bildungs(system)kritik und wenn doch, dann meist insoweit, als Leerstellen und Fehlentwicklungen korrigiert werden sollen. Die bei Markschies (2011, 28) formulierte Grundannahme wird weithin geteilt: „Wenn ein theologisch gehaltvoller Bildungsbegriff entwickelt wird, impliziert er automatisch zugleich ein Konzept von Bildungsgerechtigkeit.“ Diese Hochschätzung der Bildung als „zentrale[r] Idee“ (Kunstmann, 2017, 369) der Religionspädagogik und auch der Praktischen Theologie (Albrecht, 2003) lässt sich bis zu einem gewissen Grad mit der (ursprünglich) theologischen Ǫualität des Begriffs (Grümme, 2012, 215) bzw. seinem metaphorischen Gehalt (Meyer-Drawe, 1999) erklären. Jedoch ist auch die theologisch weniger verheißungsvolle Beobachtung eines „bisweilen illusorisch anmutende[n] Vertrauen[s] auf die ‚innere Gutheit‘ von Bildung“ (Ricken, 2006, 17) zu bedenken. Tatsächlich gibt es kaum ein soziales und wirtschaftliches Problem, das nicht auch oder vor allem durch eine Intervention im Bereich der Bildung gelöst werden soll. Auch die Denkschrift „Gerechte Teilhabe“ setzte auf Bildung als Lösung: „Bildung ist der zentrale Ausweg aus der Armut“ (EKD, 2006, 70).

Bernhard Grümme kritisiert die „Soteriologisierung von Bildung“ (2014, 153). Er sieht in Bildungsgerechtigkeit ein „Problem, das nicht mehr durch Bildung allein gelöst werden kann“, sondern eine „gesamtgesellschaftliche, kulturelle wie politische Herausforderung“ ist (2014, 153-154). Als religionspädagogische Lösungsstrategie fordert er die „gesellschaftskritische Einordnung von Bildung“ und eine Dämpfung der Erwartungen an Bildung (2014, 156, 176-177). Gleichzeitig setzt er – ähnlich wie Markschies – auf ein Update des Bildungsbegriffs, der „Gerechtigkeit und Bildung im Lichte der spezifischen Option für die Exkludierten und Armen auf das Engste“ verschränkt (Grümme 2014, 171).

Auch Norbert Ricken kritisiert die Idee von Bildung als „Heilmittel“ (2006, 343). Seine Kritik fällt jedoch radikaler3 aus. Im Folgenden bringe ich mit seinem Ansatz eine erziehungswissenschaftliche (machttheoretische) Bildungskritik ein, die (nicht nur) im Kontext der Klassismuskritik eine hilfreiche Analyse bietet,4 jedoch bisher in der Religionspädagogik nicht ausreichend wahrgenommen wurde.5

Ricken bescheinigt Bildung eine „Kritikuntauglichkeit“, „der nicht zu entkommen ist durch ständig wiederholte Rekonstruktion ihres vermeintlich vormaligen kritischen Gehalts“ (ebd., 18). Daher stellt er zur Diskussion, „‚Bildung‘ als pädagogische ‚Leitorientierung‘ nicht nur zu problematisieren, sondern – aus Gründen (!) – u. U. auch gänzlich aufzugeben“ (ebd., 154; vgl. 347). Ricken rückt den Zusammenhang von Bildung und Macht im Sinne eines „Dispositiv[s] der Macht“ (ebd., 168)6 ins Zentrum seiner Analyse und zeigt ihren inhärenten Zusammenhang auf. Diese „Macht der Bildung“ charakterisiert er auf dreifache Weise:

  1. Bildung wirkt als moderner Subjektivierungsmodus, der sowohl die „Führung durch andere fürsorglich zu legitimieren verhilft“ als auch die „Formation des Selbst“ in einer als frei und individuell verstandenen Selbstsorge lenkt (ebd., 342).7 2) Bildung impliziert eine „Logik der Individualisierung“ (ebd., 340), die sowohl zu Ohnmacht als auch zu Herrschaft führt, da sie Menschen zu Distinktionspraktiken verführt und ihren Zusammenschluss unterminiert (ebd., 342). Indem der eigenen „Verletzbarkeit qua Wissen, Können und Unabhängigkeit ausgewichen wird“ können sich Macht- in Herrschaftsverhältnisse der Über- und Unterordnung verfestigen (ebd.). Damit kann 3) Bildung

    „[…] in ihrer Steigerungs- und Zentrierungslogik […] als ein funktionales Komplement gegenwärtiger Reichtums- und Machtsteigerungslogik gelten, die sie zwar nicht propagiert, nicht aber zu brechen tauglich ist; sie daher gegenwärtig immer wieder machttheoretisch unbefragt und unproblematisiert als mögliches

    ‚Heilmittel‘ der Zukunft zu preisen, ist nicht nur Ausdruck grassierender Rat- und Alternativlosigkeit, sondern auch – ob bewusst oder nicht – weitgehend affirmativ“ (ebd., 343).

    Nun kann man Ricken gerade aus klassismuskritischer Sicht vorwerfen, dass dies alles nicht gerade leichtverständlich formuliert ist (siehe 3.), der kritische Stachel seines Ansatzes lässt sich jedoch nicht so leicht ziehen. Für die weitere religionspädagogische Beschäftigung mit Klassismus lassen sich im Anschluss an Ricken folgende Aspekte festhalten:

    1. Das kritische Potential der Bildung wird leicht überschätzt. Konkret heißt das: Es ist von einer begrenzten Reichweite und Tragfähigkeit des Beitrags religiöser Bildung und entsprechender didaktischer Anpassungen zur Überwindung von Klassismus auszugehen. Sicherlich lohnt es, das Problem des „(Religions-)Lehrerhandeln[s] als Ungerechtigkeitsfaktor (Grümme, 2016, 133; Dietzsch, 2018) bzw. der bildungsbürgerlichen Prägung religiöser Bildung (Lütze, 2016) noch stärker in den Blick zu nehmen; jedoch ohne dass damit die Hoffnung einer überzeugenden Lösung durch Bildung verbunden werden sollte.

    2. Theologie und Religionspädagogik könnten die erziehungswissenschaftlichen Perspektiven als Herausforderung verstehen, sich noch stärker innerhalb bzw. als Teil dieses Ungleichheitssystems zu verorten. Gegenüber der immer wieder aufscheinenden Idee einer Einzigartigkeit oder Sonderstellung des Religionsunterrichts (z.B. Reuter, 2014, 123-124; Uppenkamp, 2021, 396) ist mit Ricken zu betonen, dass sich weder der Religionsunterricht noch sonstiges kirchliches Bildungshandeln der Macht der Bildung grundlegend entziehen kann. Auch der Anspruch, kirchliches Bildungshandeln sollte und könnte den „sozialen und individuellen Funktionen von Bildungssystemen“ (Fend, 2008) widersprechen, wie es Lütze nahelegt (2016, 102), erscheint unrealistisch. Helmut Fends (deskriptiver) Ansatz bestätigt auf bildungssystemtheoretischer Ebene die von Ricken herausgestellte Schwierigkeit (macht)kritischer Interventionen: Bildung manifestiert sich im Bildungssystem (als Teil des Dispositivs der Bildung). Sie ist keineswegs, wie mancher Ruf nach mehr, besserer oder wahrer Bildung impliziert, den handfesten – ungleichheitsschaffenden – Funktionen des Bildungssystems wesensfremd: „[D]ie Schaffung von Ungleichheit [ist] nicht einfach ein unerwünschter Nebeneffekt demokratischer Schulsysteme, sondern ein konstitutives Merkmal derselben“ (Reichenbach 2016, 185).

    3. Ricken macht auf die individualisierende Dimension der Bildung aufmerksam (vgl. oben), die Autonomie „praktisch ausgestaltet“ (2016, 212) und gerade durch die „Illusion der Souveränität und Unabhängigkeit“ Ohnmacht produziert und Herrschaftsverhältnisse stabilisiert (ebd., 213). Mit Andreas Reckwitz (2008, 206) lässt sich Autonomie als ein Sinnmuster bürgerlicher Subjektivierung verorten, das sich gerade auch durch Bildungspraktiken im Sinne „spezifisch bürgerliche[r] Technologien des Selbst“ realisiert und „in Figuren wie dem bürgerlichen self-made man, dem Intellektuellen oder dem citoyen“ (Reckwitz, 2008, 207) spiegelt. Diese bürgerliche Idealisierung des autonomen Subjekts erweist sich im Anschluss an Judith Butler letztlich als Illusion, da Autonomie nur durch Ausblendung der ihr zugrundeliegenden sozialen Beziehungen aufrechterhalten werden kann (Ricken, 2006, 119).8 Auch Christine Globig spricht vom autonomen Selbst als Fiktion, das „die grundlegende Abhängigkeit des Menschen negiert“ (2011, 44).

      Dies ist für die Religionspädagogik insofern bedenkenswert, als die „innere Gutheit“ der Bildung oftmals in ihrem Subjektbezug verortet wird. So stellt Michael Domsgen im Anschluss an Bernd Schröder heraus, dass die Pointe der Orientierung am Bildungsbegriff in der „Ausrichtung auf die Subjektwerdung des Menschen“ liege (2019, 270). Bildung und Subjektorientierung seien zwei Seiten einer Medaille. Gleichzeitig macht auch er auf mögliche Probleme aufmerksam. „[D]ie Strukturabhängigkeit der Subjektwerdung“ sei nicht zu unterschätzen und angesichts der Klimakrise sei danach zu fragen, „inwiefern der im Bildungsbegriff mit gesetzte Autonomieanspruch […] heute noch so uneingeschränkt positiv gedeutet werden kann“ (2019, 273).

      Die von Butler und Globig kritisierte Ausblendung sozialer Beziehungen spiegelt sich auch in der Denkschrift „Gerechte Teilhabe“: Darin wird Teilhabe eng an Autonomie durch Erwerbsarbeit gekoppelt: „Teilhabe besteht darin, dass es für jede Person möglich sein muss, die Erfahrung zu machen, für sich selbst und die eigene Familie sorgen zu können“ (EKD, 2006, 17). Dass gerade im Niedriglohnsektor (dies betrifft ca. 16 % der Beschäftigungsverhältnisse, vgl. Statistisches Bundesamt, 2025) diese Erfahrung nur eingeschränkt möglich ist, kommt dabei genauso wenig in den Blick wie die Nichtbezahlung von Sorgearbeit im privaten Kontext (Globig, 2012, 157) oder die Tatsache, dass die Eigenverantwortlichkeit der einen erst dadurch ermöglicht wird, dass andere für wenig Geld für sie putzen, packen, fahren, kochen, pflegen, Kinder betreuen etc. (Kemper/Weinbach 2022, 123).9 Auch wenn die Denkschrift in der „Chance und Verpflichtung, sich Bildung anzueignen und sich weiterzubilden, […] zentrale Kriterien einer gerechten Gesellschaft“ sieht (EKD, 2006, 19), führt der Verweis auf Bildung hier nicht weiter, insofern diese Tätigkeiten nicht verschwinden.10

      Religionspädagogisch wäre danach zu fragen, wie zum einen der unterschiedlichen Bewertung von Arbeit bzw. der Abwertung gerade körperlicher Arbeit und Sorge-Tätigkeiten begegnet werden kann, zum anderen, wie dem Zusammenspiel von Autonomie(illusion) und Angewiesenheit auf andere besser Rechnung getragen werden kann, ohne die Orientierung am Individuum aufzugeben. Grümmes Rede von der Menschwerdung im Sinne einer „Subjektwerdung in universaler Solidarität“ (2012, 219) bietet hier einen möglichen Anknüpfungspunkt.

      3 Klassismus als Perspektive auf epistemische Ungerechtigkeit11

      Klassismus stellt im wissenschaftlichen Kontext eine doppelte Herausforderung dar: Auch die Wissenschaft selbst ist als „klassistisch strukturiertes Feld“ (Seeck/Kottwitz, 2025, 11) aufzufassen. Dies betrifft die Zugänglichkeit des Hochschulsystems, die Art des Schreibens und Publizierens sowie den Umgang mit verschiedenen Formen von Wissen.

      „Wer nach allen […] ‚Jede*r kann es schaffen‘-Beschwörungen gegen alle Widerstände einen akademischen Bildungsweg einschlägt, kann an der Hochschule damit rechnen, dass Beschämungen und Befremdungen den Alltag begleiten“ (Abou, 2024, 47). Studierende aus akademischen Elternhäusern gehen oftmals davon aus, im universitären Kontext „unter sich“ zu sein, was mit einem undifferenzierten Sprechen über die vermeintlich abwesenden Menschen aus ‚sozialen Brennpunkten‘ einhergeht (Abou, 2024, 20). Die Theologin Sarah Vecera macht darauf aufmerksam, dass ähnliche Probleme auch im Kontext von Theologie und Kirche bestehen:

      „Letztens saß ich mit meinen Kolleg:innen in so einem Tagungshaus beim Mittagessen, und sie unterhalten sich über ihre Väter, die Superintendenten waren, über ihre Auslandssemester in Oxford und so weiter. Ich weiß, sie würden mir wertschätzend zuhören, wenn ich meine Lebensgeschichte erzählen würde. Aber es ist eben eine große Überwindung, an so einem Tisch zu sitzen und zu sagen, dass wir uns zu Hause das alles nicht leisten konnten. Mit so etwas stört man die Harmonie, auch das lernt man schnell“ (Vecera/Kosch/Mawick 2023, 39).

      Wie Vecera ausführt, sind die Zugangshürden gerade zum Theologiestudium für Menschen aus nichtakademischen Elternhäusern hoch (ebd.). Auch Markschies kritisiert die universitäre Theologie dafür, „immer noch im Kern das Kind aus bürgerlichem Hause voraus[zusetzen]“ (2011, 22) und problematisiert, dass sich Akademiker:innen im Bildungssystem weitgehend selbst reproduzieren (2011, 21); Effekte des Elternhauses lassen sich selbst im Hinblick auf die Promotionswahrscheinlichkeit noch deutlich ausmachen (Jaksztat, 2014). Abou kritisiert, dass diesen Unpassungsverhältnissen meist individualisierend begegnet wird: „Wenn du nicht klarkommst, ist mit dir etwas falsch, nicht mit dem System“ (2024, 43).

      Der Philosoph Geoffroy de Lagasnerie (2017, 3) stellt heraus, dass die Kritik gegenüber der Wissenschaft bzw. der Institution Universität („the university“) gegen das akademische Selbstverständnis als „space of dissent, critique, and experimentation“ läuft. Doch da die Universität maßgeblich mitbestimme, wer öffentliche Diskurse gestaltet („produce discourse“) und die Überzeugungen (doxa) der Gesellschaft präge (ebd., 2), müsse sie auch entsprechend politisch zu Verantwortung gezogen werden:

      „The great influence of the university means that the university must be held politically responsible. And this is why the university requires as much attention and scrutiny as possible, in particular with respect to the way in which it exercises its power and the legitimacy of the norms that support its authority“ (ebd., 2-3).

      Gerade angesichts des Momentums „anti-akademischer“ Ressentiments nicht nur in den USA (ebd., 7), müsse stärker nach der Art und Sinnhaftigkeit akademischer Beiträge, insbesondere von Publikationen, gefragt werden: „Could we not question the way we write?“ (ebd., 8). Auch Francis Seeck behandelt die Frage des Schreibens und kommt zu dem Schluss:

      „Ich bin davon überzeugt, dass wir uns im Schreiben nicht hinter komplizierter Sprache verstecken sollten. In meiner Herkunftsklasse ist Sprache dafür da, zu kommunizieren – und nicht um den Kreis derer zu beschränken, die verstehen, was gesagt wird. […] Meine Texte schreibe ich heute bewusst zugänglich. Das ist sogar oft schwieriger, als kompliziert zu schreiben (2024, 51-52).12

      Kompliziertes Schreiben schlägt sich nicht zuletzt auch in exklusiven Sprachmustern in sozialen Bewegungen nieder, sodass deren Akademisierung gerade die angestrebte soziale Gerechtigkeit unterminiert (Seeck, 2024, 107-109.) Mit Lena Schützle (2024, 14) verstehe ich exklusive Sprache („academic language as a means of exclusion“) als ein Beispiel für die mit Klassismus verbundene epistemische Ungerechtigkeit: „epistemic injustice is an umbrella term for injustices related to knowledge“ (ebd.).

      In dieser Perspektive ist auch in den Blick zu nehmen, wer in Publikationen referiert wird und wer auf Konferenzen und Podien einbezogen wird. Seeck hinterfragt beispielhaft, wie sinnvoll es ist, dass sechs Akademiker:innen über solidarische Bündnisse diskutieren (2024, 50). Eine sozial gerechte Gesellschaft sei „nur in klassengemischteren Zusammenhängen“ (ebd., 107) zu erreichen. Im Hintergrund des Problems der Beteiligung verschiedener Personen steht auch die Frage nach der Wertschätzung von Erfahrungswissen bzw. Wissen, das sozialen Bewegungen entstammt und das in der konsultierten Literatur zum Thema (Abou, 2024; Seeck, 2024) durchaus breiten Raum einnimmt.

      Auch de Lagasnerie macht auf den Beitrag sozialer Bewegungen gerade für die wissenschaftliche Theoriebildung aufmerksam und plädiert für mehr Offenheit für die Einbindung unterschiedlicher Formen von Wissen:

      „If the university wants to be a place of truth, of research, it must open up to the plurality of forms, modes of enunciation, and the methods by which truth is produced in the world. […] The great collective mobilizations and social movements of history – such as the workers movement, feminism, the civil rights and postcolonial movements, and the gay, lesbian, and transgender movements – all these movements have greatly transformed academic research and truth, through both their practice and discourse, by offering new perspectives, asking new questions, and constituting new objects of knowledge“ (2017, 12).

      Die Frage der Umsetzung ist damit nicht beantwortet – und dieser Beitrag wird der in diesem Abschnitt angeführten Kritik selbst keineswegs gerecht –, die Herausforderungen aber sind immerhin benannt. Theologie und Religionspädagogik haben auf jeden Fall gute Gründe, stärker als bisher „den Zusammenprall von Welten [anzustreben], die sich normalerweise nicht berühren“ (Bieler, 2017, 305); lässt sich dies doch mit einem spezifisch theologischen epistemischen Interesse begründen: „damit wir uns erkennen können, so, wie Gott uns erkannt hat: als wunderbar geschaffene, verletzliche Wesen“ (ebd.).

      Literaturverzeichnis

      Abou, Tanja (2024), Klassismus im Bildungssystem (unrast transparent. soziale krise 7), Münster.

      Albrecht, Christian (2003), Bildung in der Praktischen Theologie, Tübingen.

      Bieler, Andrea (2018), Inklusion und Tanz. Praktisch-theologische Erkundungen, in: Geiger, Michaela/Stracke-Bartholmai, Matthias (Hg.), Inklusion denken. Theologisch, biblisch, ökumenisch, praktisch (Behinderung – Theologie – Kirche 10), Stuttgart.

      De Lagasnerie, Geoffroy (2017), The University and its Critics. Remarks on Anti-academicism and Truth, in: Soziopolis. Gesellschaft beobachten, https://www.soziopolis.de/the-university-and-its-critics.html [Zugriff: 09.10.2025].

      Dietzsch, Andrea (2018), Lehre(n) für Gerechtigkeit – Wie politisch darf/muss Religionsunterricht sein?, in: Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 17/2, 198-209, https://doi.org/10.23770/tw0071 [Zugriff: 08.10.2025].

      Domsgen, Michael (2019), Religionspädagogik (Lehrwerk Evangelische Theologie 8), Leipzig.

      EKD (2006), Gerechte Teilhabe. Befähigung zu Eigenverantwortung und Solidarität. Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Armut in Deutschland, Gütersloh.

      Fend, Helmut (2008), Die sozialen und individuellen Funktionen von Bildungssystemen: Enkulturation, Ǫualifikation, Allokation und Integration, in: Mertens, Gerhard (Hg.), Handbuch der Erziehungswissenschaft (1-3), Paderborn, 43-55.

      Fischer, Johannes (2023), Klassismus. Über ein Phänomen, das es gar nicht gibt, aber das jetzt überall entdeckt wird, https://profjohannesfischer.de/wp-content/uploads/2023/05/Klassismus2.pdf [Zugriff: 08.10.2025].

      Frigelj, Kristian (2016), Putzfrau aus „Anne Will“: „Solche Menschen wie uns muss es doch auch geben“, 19.04.2016, https://www.welt.de/politik/deutschland/article154508490/Solche-Menschen-wie-uns-muss-es-doch-auch-geben.html [Zugriff: 27.08.2020].

      Gamber, Markus/Kupfer, Annett (2023), Klassismus (Einsichten. Themen der Soziologie 10), Stuttgart.

      Globig, Christine (2011), Der Mensch ist autonom. Die Frau hilft ihm dabei. Oder: Welche Paradigmen braucht die Theologische Ethik?, in: Gerber, Christine (Hg.), Unbeschreiblich weiblich? Neue Fragestellungen zur Geschlechterdifferenz in den Religionen (Theologische Frauenforschung in Europa 26), Berlin, 31-49.

      Globig, Christine (2012), Warum Gerechtigkeit in weiter Ferne liegt. Fürsorgearbeit zwischen Familienarbeit und Niedriglohnsektor, in: Fisch, Andreas/Kirsme, Daniela/Wahl, Stefanie A./Zink, Sebastian (Hg.), Arbeit – ein Schlüssel zu sozialer Gerechtigkeit (Forum Sozialethik Band 11), Münster, 145-162.

      Globig, Christine (2014), „Option für die Armen“ als „Gerechte Teilhabe“. Zu den Eigentümlichkeiten einer protestantischen Rezeption, in: Blanc, Julia/Brinkschmidt, Maria/Krauß, Christoph/Reichert, Wolf-Gero (Hg.), Armgemacht – ausgebeutet – ausgegrenzt? Die „Option für die Armen“ und ihre Bedeutung für die christliche Sozialethik (Forum Sozialethik 14), Münster 187-207.

      Groh-Samberg, Olaf (2004), Armut und Klassenstruktur. Zur Kritik der Entgrenzungsthese aus einer multidimensionalen Perspektive, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 56, 653-682.

      Grümme, Bernhard (2012), Menschen bilden? Eine religionspädagogische Anthropologie, Freiburg im Breisgau.

      Grümme, Bernhard (2014), Bildungsgerechtigkeit. Eine religionspädagogische Herausforderung (Religionspädagogik innovativ 7), Stuttgart.

      Grümme, Bernhard (2016), School matters. Zur Relevanz von Schule und unterrichtlichem Handeln für einen bildungsgerechten Religionsunterricht, in: Grümme, Bernhard/Schlag, Thomas (Hg.), Gerechter Religionsunterricht. Religionspädagogische, pädagogische und sozialethische Orientierungen (Religionspädagogik innovativ 11), Stuttgart, 125-138.

      Grümme, Bernhard/Schlag, Thomas (2016, Hg.), Gerechter Religionsunterricht. Religionspädagogische, pädagogische und sozialethische Orientierungen (Religionspädagogik innovativ 11), Stuttgart.

      Grümme, Bernhard/Schlag, Thomas, (2016b), Einführung, in: Dies. (Hg.), Gerechter Religionsunterricht. Religionspädagogische, pädagogische und sozialethische Orientierungen (Religionspädagogik innovativ 11), Stuttgart, 9-12.

      Grümme, Bernhard (2017), Heterogenität in der Religionspädagogik. Grundlagen und konkrete Bausteine, Freiburg im Breisgau.

      hooks, bell (2020), Die Bedeutung von Klasse. Warum die Verhältnisse nicht auf Rassismus und Sexismus zu reduzieren sind, Münster.

      Jaksztat, Steffen (2014), Bildungsherkunft und Promotionen: Wie beeinflusst das elterliche Bildungsniveau den Übergang in die Promotionsphase?, in: Zeitschrift für Soziologie 43, 286-301.

      Kemper, Andreas/Weinbach, Heike (2022), Klassismus. Eine Einführung, Münster. Knauth, Thorsten/Möller, Rainer/Pithan, Annabelle (2020, Hg.), Inklusive Religionspädagogik der Vielfalt. Konzeptionelle Grundlagen und didaktische Konkretionen (Religious Diversity and Ecuation in Europe 42), Münster/New York.

      Knauth, Thorsten/Möller, Rainer/Pithan, Annabelle (2020b), Einleitung. Inklusive Religionspädagogik der Vielfalt. Konzeptionelle Grundlagen und didaktische Konkretionen, in: Dies. (Hg.), Inklusive Religionspädagogik der Vielfalt. Konzeptionelle Grundlagen und didaktische Konkretionen (Religious Diversity and Ecuation in Europe 42), Münster/New York, 11-13.

      Kosch, Stephan (2023), Erfahrung oder Erfindung? Reaktionen zum Thema „Klassismus in der Kirche“, https://zeitzeichen.net/node/10459 [Zugriff: 08.10.2025].

      Könemann, Judith/Mette, Norbert (2013, Hg.), Bildung und Gerechtigkeit. Warum religiöse Bildung politisch sein muss (Bildung und Pastoral 2), Ostfildern.

      Kunstmann, Joachim (2017), Subjektorientierte Religionspädagogik. Modellvorschlag für ein zeitgemäßes Konzept religiöser Bildung, in: ZPT 69/4, 367-377, https://doi.org/10.1515/zpt-2017-0040 [Zugriff: 08.10.2025].

      Kunze, Kevin (2020), Klassismus Einstiegsreader, https://www.fikus-muenster.de/wp-content/uploads/2020/12/Der-Klassismus-Reader-vom-fikuS-Muenster.pdf [Zugriff: 08.10.2025].

      Lütze, Frank M. (2016), Redet die Religion auch mit den Ungebildeten unter ihren Verächtern? Protestantische Überlegungen zur Bildungsgerechtigkeit, in: Grümme, Bernhard/Schlag, Thomas (Hg.), Gerechter Religionsunterricht. Religionspädagogische, pädagogische und sozialethische Orientierungen (Religionspädagogik innovativ 11), Stuttgart, 96-109.

      Markschies, Christoph (2011), Zur Freiheit befreit. Bildung und Bildungsgerechtigkeit in evangelischer Perspektive, Frankfurt a. M.

      Maihofer, Andrea (1995), Geschlecht als Existenzweise. Macht, Moral, Recht und Geschlechterdifferenz (Aktuelle Frauenforschung), Frankfurt a. M.

      Mayert, Andreas (2023), Abwertende Blicke. Über Klassismus in seiner kirchenspezifischen Ausprägung, in: zeitzeichen. Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft 24/5, 29-31.

      Meulenbelt, Anja (1988), Scheidelinien. Über Sexismus, Rassismus und Klassismus, Hamburg.

      Meyer-Drawe, Käte (1999), Zum metaphorischen Gehalt von „Bildung“ und „Erziehung“, in: Zeitschrift für Pädagogik 45/2, 161-175.

      Preul, Reiner (2013), Evangelische Bildungstheorie, Leipzig.

      Reuter, Ingo (2014), Für ein couragiertes Selbst. Michel Foucaults Impuls für eine religionspädagogische Kritik schulischer Bildungsökonomisierung, Leipzig.

      Reckwitz, Andreas (2008), Unscharfe Grenzen. Perspektiven der Kultursoziologie, Bielefeld.

      Reichenbach, Roland (2016), Eine enorme Maschine, um die Gleichheit durch Ausbildung zu fördern: Bemerkungen zum Ungleichheitsdiskurs, zur Pädagogisierung und zur Verhochschulung der Gesellschaft, in: Grümme, Bernhard/Schlag, Thomas (Hg.), Gerechter Religionsunterricht. Religionspädagogische, pädagogische und sozialethische Orientierungen (Religionspädagogik innovativ 11), Stuttgart, 181-193.

      Ricken, Norbert (2006), Die Ordnung der Bildung. Beiträge zu einer Genealogie der Bildung, Wiesbaden.

      Schützle, Lena (2024), About the Project. An Introduction, in: Dies./Schellhammer, Barbara/Yadav, Anupam et al. (Hg.), Epistemic Injustice and Violence. Exploring Knowledge, Power, and Participation in Philosophy and Beyond, Bielefeld, https//doi.org/10.14361/9783839474389-002 [Zugriff 08.10.2025].

      Schweitzer, Friedrich (2014), Bildung (Theologische Bibliothek 2), Neukirchen-Vluyn.

      Seeck, Francis/Kottwitz, Marie (2025), Klassismusforschung: Interdisziplinäre Ansätze und Zukunftsperspektiven. Ein Positionspapier, Berlin, https://www.th-nuernberg.de/fileadmin/fakultaeten/sw/Positionspapier_Klassismusforschung_Seec k_Kottwitz.pdf [Zugriff: 08.10.2025].

      Seeck, Francis (2024), Klassismus überwinden. Wege in eine sozial gerechte Gesellschaft, Münster.

      Statistisches Bundesamt (2025), Niedriglohnquote, https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Ǫualitaet-Arbeit/Dimension-2/niedriglohnquote.html [Zugriff: 08.10.2025].

      Stracke-Bartholmai, Matthias (2022), Praktische Theologie im Licht der Kindheit – differenztheoretische Explorationen in systematisierender Absicht, Dissertationsschrift, Universität Basel.

      Uppenkamp, Vera (2021), Kinderarmut und Religionsunterricht. Armutssensibilität als religionspädagogische Herausforderung (Religionspädagogik innovativ 42), Stuttgart.

      Uppenkamp, Vera (2025), Religionsunterricht als Klassentreffen, erscheint in dieser Ausgabe.

      Vecera, Sarah/Kosch, Stephan/Mawick, Reinhard (2023), „Der Klassismus wirkt immer wieder.“ Gespräch mit der Theologin und Buchautorin Sarah Vecera über kirchliche Kronleuchter, die Scham der Armen und Wege aus der Diskriminierung, in: zeitzeichen. Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft 24/5, 38-41.


      1 „Klassismus bezeichnet strukturelle, institutionelle, kulturelle oder auch individuelle Praktiken und Einstellungen, die Menschen aus unteren sozioökonomischen Klassen bzw. Klassenmilieus stigmatisieren und/oder diskriminieren und soziale, kulturelle oder ökonomische Hegemonien produzieren oder reproduzieren“ (Gamber/Kupfer, 2023, 195).

      2 Zwar problematisiert die Denkschrift (EKD, 2006) die der kirchlichen Kommunikation oftmals zu Grunde liegenden Bilder bürgerlich-intakter Gemeinschaften (ebd., 77) und fordert ein Einlassen „auf Augenhöhe“ auf die Lebenswelt von ärmeren Menschen (ebd., 76), die in Kirchengemeinden kaum sichtbar seien. An den diesen Menschen zugeschriebenen Charakteristika wird dann aber deutlich, dass hier keinesfalls Augenhöhe gegeben ist: „Die Auseinandersetzungsformen sind sehr viel heftiger, direkter und spontaner. Auch finden sich andere Muster weiblicher und männlicher Teilhabe“ (ebd., 77). Stärken von Armutsbetroffenen werden gesehen „in der Spontaneität, der Fähigkeit zu überleben, im Humor und in durchaus lustbetonten Gemeinschaftsformen“ (ebd.). „Wichtig ist es, Situationen zu schaffen, in denen sich möglichst elementare aktionsorientierte Fähigkeiten der Menschen entfalten können. Menschen aus dem Bereich der von Armut Bedrohten erkennen vor allem an den Formen von Körperlichkeit, ob sie in einer bestimmten Situation anerkannt oder abgewertet werden […]. Gut sind offene Formen, in denen viel Erfahrungsbezug und wenig thematische Orientierung nötig sind“ (ebd., 78). Vgl. auch die Kritik bei Andreas Mayert (2023, 30).

      3 Gemäß Reiner Preul wäre Rickens Ansatz als „radikale Form pädagogischer Bildungskritik“ zu verorten (2013, 53). Allerdings kann Preuls Heuristik Rickens Ansatz nicht wirklich einfangen: So geht Preul davon aus, dass radikale Bildungskritik „nicht das differenzierte Reflexionsniveau der relativen Bildungskritik“ erreiche (ebd.) und dass es nur der „Entwicklung eines kategorialen und damit den Menschen in jedem Lebenskreis und jeder Soziallage betreffenden Bildungsbegriffs“ (58) bedürfe. Ricken macht dagegen gerade deutlich, dass eine solche Reformulierung schwierig wird, angesichts des kategorialen und anthropolitischen Erfolgs der Bildung (2006, 161).

      4 Vgl. dazu auch meine Überlegungen, auf denen dieser Abschnitt aufbaut (Stracke-Bartholmai, 2022, 206-234).

      5 Kürzere (kritisch-distanzierte) Bezüge finden sich u.a. bei Grümme (2017, 162-164) und Schweitzer (2014, 122).

      6 Zu einem Dispositiv gehören nach Foucault: „Diskurse, Institutionen, architekturale Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen, wissenschaftliche Aussagen, philosophische, moralische oder philanthropische Lehrsätze, kurz Gesagtes ebensowohl wie Ungesagtes“ (zitiert nach Ricken, 2006, 192).

      7 Dies geht hervor aus vom Foucaultschen Verständnis von Macht als einer Struktur des „Führens von Führungen“ (Ricken, 2006, 68-69).

      8 Vgl. auch Stracke-Bartholmai 2022, 114-118. Die von Reckwitz genannten „symbolische[n] Grenzmarkierungen“, beispielsweise gegenüber dem Proletariat und den „Primitiven“ außerhalb Europas (Reckwitz, 2008, 207), die das bürgerliche – und d. h. männliche (Maihofer, 1995, 135) – Subjekt stabilisieren, sind keineswegs nur symbolischer Natur, sondern schlagen sich in handfesten Differenzierungs- und Ausbeutungsmechanismen nieder, die seine „Autonomie“ erst ermöglichen.

      9 Olaf Groh Samberg (2004, 676) macht darauf aufmerksam, dass in der Abwertung körperlicher Arbeiten

      eine tiefer liegende Dimension klassenspezifischer Strukturiertheit von Armut zu liegen scheint. Neben der Abwertung körperlicher Arbeit ist genauso die Abwertung bzw. Nichtanerkennung von Fürsorgearbeit zu nennen, die hauptsächlich Frauen leisten (Globig, 2012, 155).

      10 2016 erreichte die Gewerkschaftlerin Susanne Neumann eine gewisse Reichweite mit ihrer Kritik an der schlechten Bezahlung von Reinigungskräften. Bei ihrer Teilnahme an der Sendung „Anne Will“ vom 17.04.2016 wurde exemplarisch deutlich, wie schnell und geradezu unausweichlich eine Diskussion über die Frage prekärer Arbeit umschlägt in eine Diskussion über Bildungschancen. Damit stand nicht mehr die Frage ausreichenden Verdienstes im Reinigungssektor im Mittelpunkt, sondern wie dieser berufsbiografisch zu vermeiden ist. Neumann kritisierte danach: „Soll eine Reinigungskraft erst Abitur machen, damit sie den Schrubber schwingen kann? Wir brauchen diese Menschen. […] Solche Menschen wie uns muss es doch auch geben, und wir müssen doch von unserer Arbeit leben können“ (Frigelj, 2016).

      11 Dieser Abschnitt baut auf meinem Workshop „Klassismus reflektieren – und dann? Grenzen akademischer Zugänge“ bei der GwR-Tagung 2025 auf. Vielen Dank allen, die mitdiskutiert haben.

      12 Dabei spielt auch die Form der Publikation eine Rolle. So war die Beschäftigung mit Klassismus für mich eine auch haptisch greifbare Lektüre- und Lernerfahrung, insofern die zitierte Klassismusliteratur (hooks, 2020; Kemper/Weinbach, 2022; Abou, 2024; Seeck, 2024) im selben Verlag (Unrast) erschienen ist und sich< durch ein kleines Format, eher grobes Papier und einen relativ günstigen Preis (ca. 9 bis 16 Euro) auszeichnet.


      Dr. Matthias Stracke-Bartholmai ist Bildungsreferent bei der Akademie des Versicherers im Raum der Kirchen (VRK ), Kassel.




      Theo-Web Nr. 2/2025, ISSN 1863-0502 Open Access, Licence: CC BY 4.0 International © 2025 Schwarz/Meyer