Konturen einer klassismuskritischen Religionspädagogik. Überlegungen aus sozialwissenschaftlicher Perspektive


Andreas Mayert


Zusammenfassung

Es ist hinlänglich bekannt, dass Bildungschancen in Abhängigkeit vom sozioökonomischen Hintergrund der Schüler:innen in Deutschland sehr ungleich verteilt sind. Können diese Unterschiede zum Teil durch klassistische Ungleichbehandlung erklärt werden? Im Beitrag wird dieser Frage nachgegangen, indem zunächst die Kategorie Klassismus erläutert und im nächsten Schritt auf Stationen des biografischen Bildungsverlaufs von Kindern und Jugendlichen angewendet wird, die zu sozial selektiven Bildungsergebnissen beitragen können. Bezugnehmend auf Religionspädagogik wird dann hinterfragt, ob die Milieuverengung der ev. Kirche zur Folge haben könnte, dass Religionspädagog:innen Gefahr laufen, sich zumeist unbewusst an klassistischen Exklusionsmechanismen zu beteiligen. Abschließend wird eine klassismuskritische Religionspädagogik skizziert, die geeignet ist, in Anspruch, Haltung und Praxis nicht an klassistischer Ungleichbehandlung mitzuwirken.

Schlagwörter: Religionspädagogik, Klassismus, Soziale Ungleichheit, Bildungsgerechtigkeit.


Contours of a classism-critical religious education. Considerations from a social science perspective


Abstract

It is well established that educational opportunities in Germany are distributed very unequally, depending on the socio-economic background of pupils. To what extent can these disparities be explained, at least in part, by classist forms of discrimination? This article explores this question by first outlining the concept of classism and then applying it to various stages in the biographical educational trajectories of children and adolescents that may contribute to socially selective educational outcomes. With reference to religious education, the article further examines whether the social-milieu narrowing of the Protestant Church may result in religious educators—often unknowingly—becoming implicated in classist mechanisms of exclusion. Finally, the article sketches an approach to classism-critical religious education aimed at ensuring that its objectives, attitudes, and practices do not reinforce class-based discrimination.

Keywords: religious education, classism, social inequality, educational justice


  1. Wovon wir reden, wenn wir von Klassismus reden

    Im Verhältnis zu anderen Formen gruppenbezogener Diskriminierung ist Klassismus eine immer noch wenig bekannte und nur ansatzweise erforschte Form der Stereotypisierung, Herabwürdigung und Ungleichbehandlung von (mutmaßlichen) Angehörigen einer auf Grundlage sozioökonomischer Stellung, herkunfts-, bildungs- und/oder berufsspezifischer Kategorisierung und/oder habitueller Eigenheit konstruierten „Klasse“ von Menschen. Die Vielfalt denkbarer Konstruktionsmuster „deklassierter“ Gruppen ist sicher ein Grund dafür, warum klassistische Abwertungsmechanismen schwerer zu fassen sind, als es bei anderen Diskriminierungsformen der Fall ist. Unglücklich ist zudem, dass die Nutzung der Kategorie „Klasse“ eine allein an der sozioökonomischen Lage von Menschen angelehnte Interpretation des Klassismusbegriffs nahelegt. Das hat u.a. zur Folge, dass die wenigen empirischen Studien, die das Ausmaß gesellschaftlichen Klassismus erforschen wollen, im Grunde nur die Ausprägung der gesellschaftlichen Abwertung von Menschengruppen messen, deren Angehörige sich durch besonders prekäre wirtschaftliche Lebensumstände auszeichnen. Beispielsweise wird in der von der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegebenen „Mitte-Studie“ zwar erwähnt, dass Klassismus „die Herabsetzung sowie Ausgrenzung bestimmter Gruppen aufgrund ihrer sozialen wie ökonomischen Lage, Position oder Herkunft“ umfasst (Mokros/Zick, 2025, 137), gemessen wird allerdings nur die gesellschaftliche Verachtung von Langzeitarbeitslosen, Bürgergeldempfänger:innen, Wohnungslosen und (neuerdings und unverständlicherweise) Menschen mit Behinderung (Mokros/Zick, 2025, 132). Diese Engführung bei der Betrachtung deklassierter Menschengruppen findet sich auch in verschiedenen religionspädagogischen Ansätzen, die Klassismus im Kontext einer intersektionalen Benachteiligungen berücksichtigenden Religionspädagogik in erster Linie auf den Umgang mit armutsbetroffenen Schüler:innen beziehen (z.B. Möller, 2015 und Uppenkamp, 2021). Klassismus ist allerdings weit vielschichtiger. Folgt man der Klassismusdefinition von Anne Gemeinhardt und Marlen Gnerlich (2025), wonach Klassismus ein „an der Differenzkategorie der „sozialen Klasse“ orientierter gesellschaftshierarchisierender Distinktionsmechanismus [ist], der sich in Form […] vielgestaltiger politischer, institutioneller, kultureller und individueller Diskriminierung der (zugeschriebenen) Klassenposition vollzieht“, dann gehört beinahe jede und jeder sozial konstruierbaren Gruppen an, die als Ziel klassistischer Diskriminierung infrage kommen. Wie wir noch sehen werden, trifft Klassismus im Bildungssystem keineswegs nur sozial besonders benachteiligte Schüler:innen. Allerdings: Weil Klassismus hierarchische Gesellschaftsverhältnisse (re-)produziert und „ungerechtfertigte soziale Ungleichheit in einem zirkulären Prozess“ (Gemeinhardt/Gnerlich, 2025) legitimiert, macht eine klassistische Abwertung der Angehörigen sozial privilegierter Gruppen durch im Vergleich dazu weniger privilegierte Menschen keinen Sinn – schließt man masochistische Absichten aus. Die Verachtung der Angehörigen sog. gesellschaftlicher Eliten durch weniger privilegierte Menschen kann problematisch und politisch folgenreich sein, sollte aber eigenständig bzw. unabhängig von Klassismusdiskursen analysiert werden. Klassismus tritt, auf einen einfachen Nenner gebracht, immer nach unten.

    Der in obiger Klassismusdefinition berücksichtigte „Distinktionsmechanismus“ weist auf eine weitere Eigenschaft klassistischer Diskriminierung hin: Sie hat eine starke soziokulturelle Komponente. Klassistische Abwertung drückt sich nicht nur in offensichtlich diskriminierenden Verhaltensweisen einiger Gesellschaftsmitglieder aus, sondern findet ihren Platz auch in der mehr oder weniger subtil exkludierenden Institutionalisierung gesellschaftlicher Verhaltenserwartungen und Normalvorstellungen in Organisationskonfigurationen privater Personenkollektive, Körperschaften des öffentlichen Rechts und staatlicher Systeme. Nach Pierre Bourdieu und Jean-Claude Passeron (1971) sind dabei insbesondere Systeme, die an der Auslese jener Personengruppen mitbeteiligt sind, die im Rahmen der gesellschaftlichen Hierarchieverhältnisse eine gehobene Statusposition einnehmen können oder eben nicht, Orte, an denen es „zu (symbolischen) Kämpfen zwischen sozialen Milieus um Prestige und Macht kommt“ (Unser, 2014, 21). Das Bildungssystem nimmt unter solchen Systemen eine herausgehobene Stellung ein, denn durch eingebaute Selektionsmechanismen und die gesellschaftliche Bedeutung des Erwerbs bzw. Besitzes von Bildungszertifikaten ist es ein Prestigeallokationssystem par excellence. Die künftig erreichbaren gesellschaftlichen Statuspositionen von Schüler:innen und Student:innen, die hier reüssieren, müssen zwar immer noch erkämpft werden, der Rückenwind von Bildungserfolgen erleichtert das Erreichen gehobener Statuspositionen aber enorm. Umso wichtiger wäre es, wenn es im Bildungssystem gerecht zuginge, sodass jede:r, die:der es durchläuft, die gleiche Chance hätte, ihre:seine Lebensziele zu erreichen, wie immer die auch aussehen mögen. Davon kann aber nicht die Rede sein.

  2. Klassismus im deutschen Bildungssystem

    Wenn das Bildungssystem ein Ort ist, an dem es zu Auseinandersetzungen verschiedener Milieus oder Klassen um Prestige und Macht kommt, dann ist es hierzulande ein ungleicher Kampf, denn klassistische Exklusionsmechanismen prägen das deutsche Bildungssystem durchgehend. Die Ursachen liegen zum Teil außerhalb des Bildungssystems und sind auch in einer defizitären Sozialpolitik zu suchen. Sie sind aber auch innerhalb des Bildungssystems zu verorten und haben dort organisationsstrukturelle und organisationsimmanente Grundlagen.

    Selbstverständlich sind Sozialpolitik und Bildungssystem nicht allein dafür verantwortlich, dass Bildungschancen ungerecht verteilt sind. Die von Raymond Boudon (1974) beschriebenen Ursachen primärer Herkunftseffekte, d.h. die ungleiche Ausstattung von Kindern mit Bildungskapital und soziokulturellem Kapital im Rahmen der Erziehung in ihren Elternhäusern als informelle Bildungsorte sowie durch die (Nicht-)Teilnahme an außerhäuslichen Aktivitäten, sind nachweislich vorhanden, wie etwa der aktuelle Bildungsbericht zeigt (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, 91 und Anhang Tabelle c1-web). Die Gründe dafür liegen allerdings nicht allein bei den Herkunftsfamilien. Bei der Bestandsaufnahme des Ausmaßes von „Bildung in der Familie“ differenziert der Bildungsbericht u.a. nach dem höchsten Bildungsabschluss der Eltern, wobei der jeweils höhere Bildungsabschluss unter den beiden Elternteilen (falls vorhanden) maßgeblich ist. Eine Differenzierung nach sozioökonomischem Status oder Haushaltseinkommen wird leider nicht vorgenommen, allerdings sind die Zusammenhänge zwischen Bildungsniveau, erreichtem Berufsstatus und erzieltem Einkommen sehr groß (Destatis, 2023). Betrachtet man zunächst die informelle Bildung im Elternhaus, dann lässt sich feststellen, dass Eltern mit einem niedrigen Bildungsniveau (Abschluss im Primarbereich oder Sekundärbereich I) ihren 2- bis 6-jährigen Kindern durchschnittlich an 21,7 Tagen im Monat vorlesen oder eine Geschichte erzählen – ein üblicher Proxymaßstab für innerhäusliche Bildungsanstrengungen. Nur unwesentlich höher ist der entsprechende Wert mit 22,8 Tagen bei Eltern mit mittlerem Bildungsniveau (Abschluss im Sekundärbereich II oder im postsekundären, nichttertiären Bereich). Erst bei Eltern mit dem höchsten Bildungsniveau (Abschluss im Tertiärbereich) lässt sich mit 26,9 Tagen ein etwas größerer Unterschied feststellen (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, Anhang Tabelle c1-1web). Bei Eltern jeden Bildungsniveaus ist die Standardabweichung sehr hoch, d.h. viele Eltern dieser Gruppen lesen ihren Kindern weit häufiger oder seltener vor als alle Eltern der entsprechenden Gruppen im Durchschnitt. Es lässt sich daher bezweifeln, dass sich auf dieser Grundlage primäre Herkunftseffekte größeren Ausmaßes ableiten lassen. Weit größere Unterschiede sind aber bei den außerhäuslichen Aktivitäten der Kinder festzustellen. 66 % aller Kinder, die wenigstens an einer der drei außerhäuslichen Aktivitäten Sportgruppe, Musikschule oder Malen für Kinder teilnehmen, haben Eltern mit einem hohen Bildungsniveau, bei weiteren 31 % der Kinder weisen die Eltern ein mittleres Bildungsniveau auf. Dagegen haben nur 3 % der Kinder Eltern mit einem niedrigen Bildungsniveau. Besonders auffällig ungleich verteilt ist die Teilnahme an einer Musikschule. 80 % der an dieser Aktivität teilnehmenden Kinder stammen aus Elternhäusern mit dem höchsten, 19 % aus Elternhäusern mit einem mittleren Bildungsniveau, während ein nicht mehr messbar kleiner Anteil der eine Musikschule besuchenden Kinder gering gebildete Eltern hat (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, Anhang Tabelle c1-3web). Mit einiger Sicherheit ergeben sich hierdurch sehr ungleiche primäre Herkunftseffekte. Nur: Liegt es daran, wie Boudons Theorie der rationalen Bildungsentscheidungen annimmt, dass Eltern mit geringem Bildungsniveau keinen Grund sehen, in die (informelle) Bildung ihrer Kinder zu investieren? In manchen Fällen wird das so sein. Wie die großen Unterschiede beim Besuch einer Musikschule zeigen, dürfte eine Nicht-Teilnahme an außerhäuslichen Aktivitäten jedoch häufig auf die damit verbundenen Kosten zurückzuführen sein. Man kann daher festhalten: Primäre Herkunftseffekte, die auf kostenlose informelle Bildung im Elternhaus (z.B. Vorlesen, Erzählen) zurückgeführt werden können, sind gering. Primäre Herkunftseffekte, die auf kostspielige informelle Bildung außerhalb des Elternhauses zurückgeführt werden können, sind ausgesprochen groß.

    Primäre Herkunftseffekte sind daher zu einem nicht unerheblichen Teil auf Einkommensungleichheit zurückzuführen, die sich wiederum auf den (Nicht-)Erwerb von Bildungszertifikaten der Eltern – sprich: auf das Bildungssystem – zurückführen lässt. Dieses ist allerdings, wie noch gezeigt werden wird, von Klassismus durchzogen, sodass primäre Herkunftseffekte zum Teil Spätfolgen ungleicher Bildungschancen der Elterngeneration sind.

    Große Unterschiede nach dem Bildungsniveau der Eltern lassen sich auch beim Anteil der unter 3-jährigen, die in einer Kindertagesstätte betreut werden und somit am biographischen Anfangsort des Bildungssystems, der frühkindlichen Bildung, feststellen. 21 % der unter 3-jährigen Kinder von Eltern mit geringem Bildungsniveau besuchen eine KiTa. Die Vergleichswerte der unter 3-jährigen Kinder von Eltern mit mittlerem bzw. hohem Bildungsniveau liegen bei 32 bzw. 38 %. Die Unterschiede lassen sich zum Teil darauf zurückführen, dass Eltern mit niedrigem Bildungsniveau im Durchschnitt eine geringere Erwerbsbeteiligung aufweisen, sodass daher häufiger als in den Vergleichsgruppen eine Eigenbetreuung erfolgt. So besuchen nur 16 % der unter 3-jährigen Kinder, die in Haushalten mit einer nichterwerbstätigen Mutter aufwachsen, eine KiTa. Bei teilzeit- oder vollzeiterwerbstätigen Müttern liegen die entsprechenden Anteile bei 63 bzw. 62 % (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, Anhang Tabelle c4-9web). Es gibt aber noch viele andere Ursachen. Abhängig von der Wohnlage kann der Bedarf an KiTa-Plätzen weit höher sein als das Angebot, sodass Betreuungspräferenzen nicht realisiert werden können. Und diese Diskrepanz zwischen Betreuungswunsch und Betreuungsrealisierung ist sozialräumlich ungleich verteilt. Diermeier, Engler, Fremerey et al. (2025) haben auf Grundlage georeferenzieller Daten den Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Faktoren und der Kitaversorgung innerhalb von Städten untersucht. Im Ergebnis sind sozioökonomisch benachteiligte Stadtteile schlechter mit Kindertagesstätten versorgt „als Ǫuartiere mit einem geringeren Anteil von Menschen, die SGB-II-Unterstützungsleistungen beziehen“ (Diermeier/Engler/Fremerey et al., 2025, 24). Die Autor:innen der Studie führen weiter aus:

    „Die entsprechenden Angebotsmuster tragen vermutlich zur Reproduktion von sozioökonomischen Chancenungleichheiten bei, insbesondere in einer Lage, in der sich die Versorgungslücke vergrößert und urbane Segregation zunimmt. Obwohl die Kitabetreuung für Kinder aus einkommensschwächeren Haushalten wesentlich stärkere positive Effekte hat, werden die daraus resultierenden sozial- und bildungspolitischen Potenziale nur unzureichend genutzt“ (Diermeier/Engler/Fremerey et al., 2025, 25).

    Erik Neimanns und Björn Bremer (2025) zeigen, dass nicht nur Stadtteile mit einer anteilsmäßig größeren Zahl einkommensärmerer Haushalte eine Unterversorgung mit KiTa-Plätzen aufweisen, gleiches gilt für ärmere Städte und Gemeinden, die im Regelfall ebenfalls in stärkerem Ausmaß mit einer Konzentration sozialer Probleme zu kämpfen haben:

    „Our results confirm that the structural underfunding of municipalities constitutes a significant obstacle to removing remaining barriers in access to childcare. In addition, our supplementary analyses suggest that potentially the biggest barrier to further childcare expansion, the lack of qualified staff, is unlikely to reflect a secular development related to demographic change, but one that is at least partly an expression of local fiscal constraints” (Neimanns/Bremer, 2025, 12).

    Hinzu kommen auch bei der KiTa-Nutzung Kostenfaktoren bzw. Elternbeiträge, wie Fischer, Glaser, Stöbe-Blossey (2024) herausgearbeitet haben. Insbesondere ist es, hauptsächlich aufgrund des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes, bis heute nicht gelungen, bundesweit eine soziale Staffelung der KiTa-Elternbeiträge durchzusetzen. Hinzu kommt, dass dort, wo nach Einkommen gestaffelte Elternbeiträge möglich sind, ein Anspruch häufig gegenüber den KiTas nebst Einkommensnachweis geltend gemacht werden muss, was für einkommensärmere Eltern eine große Hemmschwelle darstellt (Fischer/Glaser/Stöbe-Blossey, 2024, 10). Als weiteren Grund einer geringeren Nutzung von KiTa-Plätzen durch einkommensschwächere Familien nennen Fischer, Glaser, Stöbe-Blossey (2024, 11-12) ein Zusammenspiel von sozial selektiven Trägerstrategien und konfliktscheuen Jugendämtern. Zwar sei eine soziale Selektion bei der Vergabe von KiTa-Plätzen eigentlich nicht erlaubt, aber Jugendämter scheuten Auseinandersetzungen mit einkommensstarken Familien und monierten Trägerstrategien, die diese bevorteilen, daher nicht (Fischer/Glaser/Stöbe-Blossey, 2024, 12). Leichter ist es, einkommensschwächere Familien auf leider fehlende KiTa-Plätze hinzuweisen. Es kommt somit zu einer Benachteiligung des Zugangs zu KiTa-Plätzen auf Grundlage der sozialen Herkunft der Kinder und damit zu lupenreiner klassistischer Ungleichbehandlung.

    Grundschulen als erste formale Bildungsstation im engeren Sinne müssen ebenfalls mit den Auswirkungen sozial segregierter Städte und Gemeinden kämpfen, wie Makles, Schneider, Tierlinden (2019) anhand einer Untersuchung der sozialen Zusammensetzung Bremer Grundschulen zeigen. Ihrer Studie zufolge ist nicht die Wahlentscheidungen der Eltern für oder gegen bestimmte Grundschulen, sondern die soziale Zusammensetzung des Ǫuartiers, in dem Grundschulen angesiedelt sind, entscheidend dafür, dass Schüler:innen aus Elternhäusern mit geringem sozioökonomischem Status zu einem großen Teil unter sich bleiben. Wie Ralf Parade und Friederike Heinzel (2020) im Rahmen einer weiteren Studie zur sozialen Segregation von Grundschulen richtigerweise feststellen, wird bereits an dieser Stelle das pädagogisch sinnvolle Bestreben eines gemeinsamen Lernens von Schüler:innen mit sozial und auch anderweitig heterogenen Hintergründen untergraben:

    „Geht man davon aus, dass die Grundschule ihrem Selbstverständnis nach als „Schule für alle“ eine Integrationsfunktion besitzt, kann ein Grouping der Schülerschaft nach Ethnie oder sozioökonomischem Status kaum intendiert sein. Nichtsdestotrotz resultiert eine solche schulische Segregation u. a. daraus, dass sich bestimmte soziale Gruppen in spezifischen Ǫuartieren konzentrieren.“ Und sie schreiben zusätzlich: „Diesbezüglich gilt es jedoch auch, Schulen mit einer bestimmten Zusammensetzung nicht als

    „Problemschulen“ zu adressieren und damit Negativzuschreibungen zu reifizieren. Ebenso ist eine Lehrer*innenbildung für die Grundschule vonnöten, die verstärkt auf Bildung im Bereich sozialer Inklusion zielt. Das schließt die Untersuchung von wie auch die Arbeit an Haltungen von Grundschullehramtsstudierenden mit ein“ (Parade/Heinzel, 2020, 196).

    Zur Haltung der Lehrer:innen und Lehramtsstudent:innen wird noch zu kommen sein. Vorab ist es sinnvoll, einige statistische Daten zu betrachten, die nicht nur zeigen, dass es Grundschulen misslingt, primäre Herkunftseffekte, unabhängig von ihrer Ursache, wenigstens halbwegs auszugleichen, sondern zusätzlich deutliche Hinweise darauf liefern, dass Grundschulen bzw. Teile der dort beschäftigten Lehrkräfte Herkunftseffekte bewusst oder (vermutlich zumeist) unbewusst verstärken. Hierzu kann zunächst wieder auf den Bildungsbericht zurückgegriffen werden. Bereits nach der vierten, in einigen Bundesländern nach der sechsten Jahrgangsstufe, werden Schüler:innen in Deutschland mit dem in den allermeisten Fällen entscheidenden Selektionsmechanismus im deutschen Bildungssystem konfrontiert: mit dem Wechsel zur weiterführenden Schule und damit verbunden mit der „Wahl“ einer bestimmten Schulart, falls eine Wahl überhaupt möglich ist. Leider liefert der aktuelle Bildungsbericht keine Daten (mehr) zum sozioökonomischen Hintergrund der Schüler:innen, die auf die verschiedenen Schulformen gewechselt sind, wohl aber eine Statistik zur nach dem sozioökonomischen Hintergrund der Eltern2 differenzierten Schülerschaft der verschiedenen Schulformen im Sekundarbereich I im Jahr 2022, sodass frühere Wechsel der Schulart nach der vierten/sechsen Jahrgangsstufe relativ genau nachvollzogen werden können.3 Schüler:innen, deren Eltern einen hohen sozioökonomischen Status aufweisen, besuchten zu 68,4 % ein Gymnasium, 14 % besuchten Schulen mit zwei oder drei Bildungsgängen, 11,6 % eine Realschule und 1,1 % eine Hauptschule.4 Bereits der Unterschied zu Schüler:innen, deren Eltern einen mittleren sozioökonomischen Status aufweisen, die also nicht aus Haushalten mit geringen finanziellen Mitteln stammen und deren Eltern im Regelfall kein geringes Bildungsniveau aufweisen, ist groß. Von diesen besuchten lediglich 39,1 % ein Gymnasium, 25,5 % eine Schule mit zwei oder drei Bildungsgängen, 22,3 % eine Realschule und 4,1 % eine Hauptschule. Schüler:innen, deren Eltern einen geringen sozioökonomischen Status aufweisen, unterscheiden sich davon noch einmal deutlich. Nur 18,2 % dieser Schüler:innen besuchten ein Gymnasium, 34,1 % eine Schule mit zwei oder drei Bildungsgängen, 25,2 % eine Realschule und 10 % eine Hauptschule (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, Anhang Tabelle d2-5web). Neben dem offensichtlich nicht sehr erfolgreichen Ausgleich primärer Herkunftseffekte zeigen diese Daten auch, dass die oft gehörte Rede von der Mittelschichtorientierung des deutschen Bildungssystems differenzierter betrachtet werden muss. Es sind die Kinder der oberen Mittelschicht bis Oberschicht, die offenbar die beste Passung zum deutschen Schulsystem aufweisen.

    Nun ist die Frage, welche Schulform nach der vierten bzw. sechsten Jahrgangsstufe gewählt wird, stark an die Übergangsempfehlung der Lehrkräfte gebunden, die in der Regel mit einem Beratungsgespräch einhergeht. In drei Bundesländern (Bayern, Thüringen, Brandenburg) kann von der Übergangsempfehlung nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. Von Schüler:innen, deren Eltern einen hohen sozioökonomischen Status aufweisen, erhielten im Schuljahr 2021/2022 78 % eine Gymnasialempfehlung. Weisen die Eltern einen mittleren sozioökonomischen Status auf, beträgt der Anteil der Gymnasialempfehlungen 54 %, bei Eltern mit niedrigem sozioökonomischem Status 32 %. Das hat zu einem größeren Teil mit ungleichen Leistungen zu tun, aber nicht nur. Bei absolut gleichen Leistungen erhalten 59 % der Schüler:innen mit einem hohen sozioökonomischen Hintergrund der Eltern, aber nur 51 % der Schüler:innen mit einem niedrigen sozioökonomischen Elternhintergrund eine Gymnasialempfehlung. Das ist keine zufällige Abweichung, sie findet sich in jedem bislang erschienenen Bildungsbericht. Es kommt somit zu einer Ungleichbehandlung der Schüler:innen aufgrund des sozioökonomischen Hintergrundes, aber sie scheint auf den ersten Blick zumindest nicht sehr groß zu sein. Doch endet sie nicht an dieser Stelle. Da in den meisten Bundesländern Eltern den Empfehlungen der Lehrkräfte nicht folgen müssen, kommt es zusätzlich auf eine gute Beratung an, den Empfehlungen auch zu folgen. Haben Eltern einen hohen sozioökonomischen Status, dann scheint das auch zu funktionieren – oder ist vielleicht auch nicht notwendig. Bei Eltern mit geringem sozioökonomischem Status gilt das allerdings nicht. Bei vollkommen gleichem Leistungsniveau wechseln schließlich 58 % der Schüler:innen mit hohem sozioökonomischem Hintergrund auf das Gymnasium, wohingegen nur 44 % der Schüler:innen mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund tatsächlich auf das Gymnasium wechseln (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2025, Anhang Tabelle d2-3web). Dieses Ungleichgewicht wird häufig mit sekundären Herkunftseffekten erklärt. Eltern mit geringem sozioökonomischem Status würden zu einem geringeren Anteil bereit sein, in eine Gymnasialausbildung ihrer Kinder zu investieren. Auch hier muss man sagen: Das wird zum Teil so sein. Zwei Aspekte kommen jedoch hinzu: Erstens müssen Eltern wirtschaftlich überhaupt in der Lage sein, einen zumeist kostspieligen Gymnasialbesuch zu finanzieren, und zweitens müssen sie von den beratenden Lehrkräften aktiv dazu ermutigt werden, denn schließlich handelt es sich um eine Entscheidung von enormer Tragweite. Die sozial exkludierenden Kosten eines Gymnasiumsbesuchs und der teilweise voreingenommene Blick auf Fähigkeiten der Eltern zur Unterstützung ihrer Kinder einiger beratender Lehrkräfte scheinen aber oftmals Kinder in eine Schul- und damit verbunden oft auch in eine Berufslaufbahn zu zwingen, die ihren Fähigkeiten nicht entspricht.

    Nun ließe sich anhand der bislang betrachteten Zahlen argumentieren, dass es zwar zu einem gewissen Teil zu strukturellen (Kosten) oder vorurteilsbedingten (Gymnasialempfehlungen, Beratung) Disparitäten im Bereich der Schullaufbahnempfehlungen kommt, der größte Teil der Selektionsentscheidungen aber auf unterschiedliche Leistungen der Schüler:innen zurückgeht. Allerdings: Wenn einige Lehrkräfte selbst bei absolut gleichen Leistungen im Durchschnitt eine Neigung zeigen, Schüler:innen mit geringem sozioökonomischem Hintergrund bei Schullaufbahnempfehlungen zu benachteiligen, warum sollte das während der vier bis sechs Schuljahre zuvor bei der Notenvergabe nicht der Fall sein?

    Um dem Einfluss einer eventuell unterschiedlichen Leistungsbeurteilung auf die Spur zu kommen, kann man statt auf die Schulnoten auf die Kompetenzen der Schüler:innen blicken. Hierzu bieten sich Ergebnisse der aktuellen TIMSS-Studie (Trends in International Mathematics and Science Study) an. In dieser Studie werden u.a. die Ergebnisse standardisierter Leistungstest der Schüler:innen in verschiedenen Fachgebieten mit der Schullaufbahnpräferenz der Lehrkräfte (hier nur: Gymnasium, Realschule, Hauptschule) der Schüler:innen verglichen. Hierbei zeigt sich erwartbar eine deutliche Korrelation der Testergebnisse und Schullaufbahnpräferenzen, allerdings vor allem bei sehr guten oder sehr schlechten Testergebnissen. Bei weniger eindeutigen Kompetenzen gilt beispielsweise für die Mathematikkompetenz, dass „Lehrkräfte von Schüler:innen mit mittleren Testleistungen – insbesondere von denjenigen mit Kompetenzstufe III (475 – 550 Punkte) – Präferenzen für alle drei Schulformen aufweisen“ (Stubbe/Beier/Lott, 2024, 348). Das sagt soweit nur aus, dass Kompetenzen und Laufbahnempfehlungen deutlich auseinanderliegen können. Die Frage ist, ob die Unterschiede u.a. durch eine Bevorzugung oder Benachteiligung von Schüler:innen nach ihrem sozioökonomischen Hintergrund verursacht werden. In der Studie wird wiederum der Status des Berufs der Eltern bzw. des Elternteils mit dem höchsten Berufsstatus als Approximation des sozioökonomischen Hintergrunds der Schüler:innen genutzt. Unterschieden werden dabei sechs Statusklassen: obere Dienstklasse, untere Dienstklasse, Routinedienstleistungen, Selbständige, (Fach-)Arbeiter:innen und un-/angelernte Arbeiter:innen. Für alle Statusklassen werden dann die Kompetenzwerte berechnet, die mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 50 % zu einer Gymnasialpräferenz der Lehrkräfte führen. Bei der Mathematikkompetenz liegt der entsprechende Kompetenzwert unter Berücksichtigung aller Schüler:innen bei 544 Punkten und damit 20 Punkte über dem nationalen Mittelwert, im Bereich Naturwissenschaften liegt der Kompetenzwert bei 540 Punkten, das sind 25 Punkte mehr als der nationale Mittelwert. Betrachtet man Schüler:innen der einzelnen Statusklassen, dann zeigt sich, „dass Kinder aus der oberen Dienstklasse eine Mathematikkompetenz von nur 512 Punkten (12 Punkte unter dem nationalen Mittelwert) benötigen, damit eine fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit für eine Gymnasialpräferenz der Lehrkräfte besteht. Im Bereich Naturwissenschaften liegt dieser Wert sogar bei nur 491 Punkten (24 Punkte unter dem nationalen Mittelwert). Kinder von (Fach-)Arbeiter:innen benötigen für eine entsprechende Präferenz in Mathematik eine um 61 Punkte höhere Kompetenz und in Naturwissenschaften sogar eine 84 Punkte höhere Kompetenz als Kinder aus der oberen Dienstklasse. Diese Differenzen liegen insbesondere im Bereich Naturwissenschaften sehr deutlich über dem, was Grundschulkinder durchschnittlich in der vierten Klasse dazulernen (ca. 38 bis 55 Punkte in Mathematik und 25 bis 30 Punkte in Naturwissenschaften pro Jahr)“ (Stubbe/Beier/Lott, 2024, 354). Der extremste Unterschied ergibt sich jedoch bei Kindern un-/angelernter Arbeiter:innen. Sie benötigen für die fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit einer Gymnasialpräferenz eine Mathematikkompetenz von 646 und eine Naturwissenschaftskompetenz von 769 Punkten (ebd.). Die beiden zuletzt genannten Werte sind selbst den Autor:innen der Studie unheimlich und sie weisen darauf hin, dass sie möglicherweise auf Spätfolgen der COVID-19-Pandemie zurückgehen (Stubbe/Beier/Lott, 2024, 357). Doch selbst dann müsste man folgern, dass Lehrkräfte die Auswirkungen der Pandemie auf den Leistungsstand oder Lernrückstand ihrer Schüler:innen mit extremer sozialer Schieflage bewerten. Sie unterschätzen die tatsächlichen Kompetenzen ihrer Schüler:innen mit niedrigem Sozialstatus exzessiv, bei hohem Sozialstatus gilt das Gegenteil.

    Dass diese Form der Ungleichbehandlung nicht nur die Gymnasialpräferenz, sondern auch die Vergabe von Schulnoten beeinflusst, haben Maaz, Baeriswyl und Trautwein (2011, 33) schon vor einigen Jahren – ebenfalls beruhend auf TIMSS-Daten – festgestellt. Insbesondere konnten sie zeigen, dass die ungleiche Behandlung von Schüler:innen mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund von der Notenvergabe bis zur Schullaufbahnempfehlung zu einem kumulativen Effekt führt: Weil bereits bei der Benotung herkunftsbezogen diskriminiert wird, wird die Wahrscheinlichkeit einer Gymnasialpräferenz der Lehrkräfte nochmals geringer. Ihren Berechnungen zufolge erklären die Benachteiligungen bei der Benotung und bei der Schullaufbahnempfehlung ungefähr die Hälfte des Gesamtherkunftseffekts der Unterschiede bei der Wahl der Schulform nach der Grundschule (25 % über sozialschichtabhängige Benotung und 23 % über sozialschichtabhängige Empfehlungen). Würden Benotungen und Empfehlungen neutral ausfallen bzw. Lehrkräfte nicht klassistisch diskriminieren, dann ließe sich der Gymnasialbesuch von Schüler:innen mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund entsprechend deutlich (um 23,7 %) steigern (Maaz/ Baeriswyl/Trautwein, 2011, 52).

    Dass Lehrkräfte im Durchschnitt zur Bevorzugung oder Benachteiligung von Schüler:innen in Abhängigkeit von ihrem sozialen Status neigen, ist auch in Untersuchungen gezeigt worden, die ganz direkt die Einstellungen von Lehrer:innen untersucht haben. Einen klugen Ansatz wählten Lorenz, Gentrup, Kristen et al. (2016) in einer Studie, in der 77 Klassen- und Fachlehrkräfte des Grundschulbereichs „unmittelbar nach Schuljahresanfang zu ihren Erwartungen an die schulleistungsbezogene Entwicklung eines jeden teilnehmenden Kindes befragt“ (Lorenz/Gentrup/Kristen et al., 2016, 97) wurden. Einbezogen wurden in die Untersuchung 1.065 Kinder aus 68 ersten Klassen. Dieser Ansatz war deshalb klug gewählt, weil die befragten Lehrkräfte zu diesem Zeitpunkt nur einen sehr oberflächlichen Eindruck ihrer Schüler:innen gewonnen haben konnten, sodass stereotypisierende Einstellungen noch nicht mit konkreten Erfahrungen zusammenhängen konnten bzw. von Beginn an vorhanden waren. Ähnlich wie bei TIMSS, wurden die sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten der Kinder in Form eines Tests sowie ihr familiärer Hintergrund erhoben. Hierbei zählte wieder der jeweils höchste Berufsstatus der Eltern. Die Lehrkräfte wurden in Unkenntnis der Testergebnisse gebeten, auf einer fünfstufigen Skala einzuschätzen, wo ihre Schüler:innen im Vergleich zur ihren Klassenkamerad:innen am Ende des Schuljahrs stehen werden (von 1 = weit unter dem Klassendurchschnitt bis 5 = weit über dem Klassendurchschnitt). Im Ergebnis zeigte sich, dass „die Lehrererwartungen […] systematisch mit der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler in Verbindung […] stehen. […] Die Richtung der Verzerrungen deckt sich dabei mit dem gängigen Stereotyp, dass Kinder aus sozial schwächeren Familien schlechtere schulische Leistungen erzielen als Kinder aus sozial bessergestellten Familien“ (Lorenz/Gentrup/Kristen et al., 2016, 101-103). Die Autor:innen führen dieses Ergebnis auf kategorisierende Wahrnehmungsprozesse der Lehrkräfte zurück. Auch wenn die Autor:innen, wie auch in allen anderen Studien zu Lehrkrafteinstellungen, nicht den Begriff Klassismus verwenden, handelt es sich bei den Lehrkrafteinschätzungen ganz offensichtlich um eine Ungleichbehandlung auf Grundlage der mit Abwertung verbundenen Stereotypisierung des Leistungsvermögens von Schüler:innen mit einem geringen sozioökonomischen Hintergrund.

    Anita Tobisch und Markus Dresel (2017) wählten ein völlig anderes Untersuchungsdesign. Sie legten 237 Lehrkräften vollkommen identische Fallvignetten (Schulreports) von Schülern (alle männlich) vor. Der einzige Unterschied waren die gewählten Vornamen der Schüler, die sowohl soziale Herkunft (Bildungsbürgertum: Julius; Eltern mit geringem sozialem Status: Justin) als auch Migrationshintergrund (Murat) signalisieren sollten. Die Lehrkräfte sollten die Schulreports lesen und Einschätzungen über Leistungserwartungen und Leistungsaspirationen sowie über Charakteristika der Schüler (Vermutliche Ǫualifikation für eine bestimmte Schulform in Sekundarstufe I, Allgemeine Fähigkeiten, Leistungsmotivation und Anstrengungsbereitschaft) angeben. Im Ergebnis zeigten sich:

    „significant differences in teachers‘ judgements and expectations by ethnic and social background in all investigated areas. Teachers’ expectations and judgement were lower for hypothetical students with a Turkish immigrant background and/or low economic status. According to our assumptions, teachers had the highest expectations under the condition of a high economic background and a non-immigrant background” (Tobisch/Dresel, 2017, 746).

    Es reicht folglich bereits, einen (mutmaßlich) Schichtzugehörigkeit signalisierenden Vornamen zu besitzen, um von klassistischer – und in diesem Fall auch rassistischer – Ungleichbehandlung betroffen zu sein. Auch andere Studien haben den Weg gewählt, die Schichtzugehörigkeit von fiktiven Schüler:innen anhand der Vornamen zu signalisieren und mit der Bewertung von Fallvignetten (Lehmann-Grube/Tobisch/Dresel, 2023) oder Essays (Wenz/Hoenig, 2020) durch Lehrkräfte zu verbinden. Die Ergebnisse entsprechen im Wesentlichen denen von Tobisch und Dresel (2017). Einen ganz anderen Ansatz wählte Nina Bremm (2020). Im Fokus standen Lehrkräfte an 36 Schulen mit sozial benachteiligten Standortbedingungen. Neben anderen Dingen untersuchte Bremm, in welchem Ausmaß Lehrkräfte ihren Schüler:innen mit einer Defizitorientierung entgegentreten. Die Ergebnisse wiesen insgesamt auf eine latente Defizitperspektive hin, wobei sich aber „ein linearer Zusammenhang zwischen dem Grad der sozialen Benachteiligung der Schulen und dem Grad der Defizitperspektiven der Lehrkräfte“ (Bremm, 2020, 117) feststellen ließ. Neben den abwertenden Einstellungen der Lehrkräfte gerade gegenüber Schüler:innen aus sozial besonders benachteiligten Ǫuartieren weist dieses Ergebnis auch auf die schon angesprochene Problematik der Schulsegregation hin. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass die Abwertungen an einigen Schulen von über 60 % der Lehrkräfte geäußert wurden (der Mittelwert lag bei 25 %), was ein Hinweis darauf ist, dass Klassismus vermutlich auch ein kulturelles Problem einzelner Schulen ist (Bremm, 2020, 118).

    Die Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Schüler:innen unterschiedlicher sozialer Herkunft endet nicht nach der Grundschule, allerdings konzentrieren sich die meisten vorhandenen Studien auf den Primarbereich und den Übergang auf eine weiterführende Schule. Nach diesem Übergang ist der Weg vieler Schüler:innen bereits vorgezeichnet, zumal das Anspruchsniveau der verschiedenen Schulformen unterschiedlich ist, sodass Wechsel der Schulformen schwierig sind. Sie kommen aber dennoch vor und weisen – wenig überraschend – wiederum eine extreme soziale Schieflage auf. Florian Wohlkinger und Hartmut Ditton (2023) haben auf Grundlage von Daten aus der German National Educational Panel Study (NEPS) den Weg von 12.434 Schüler:innen zwischen den Klassenstufen 5 bis 9 nachgezeichnet. Da die zugrundeliegenden Daten aus dem Schuljahr 2010/2011 stammten, untersuchten sie Schulwechsel nur zwischen den Schulformen Hauptschule, Realschule, Gymnasium und sonstigen Schulformen (Waldorf, Förderschule, ...). Der soziale Status der Schüler:innen wurde mit dem jeweils höchsten Bildungsabschluss der beiden Elternteile approximiert. Zu Beginn besuchten 40 % der Schüler:innen ein Gymnasium, 24,3% eine Realschule, 18,4 % eine Hauptschule und 17,3 % eine sonstige Schulform (Wohlkinger/Ditton, 2023, 188). 13,3 % der Schüler:innen wechselten im Betrachtungszeitraum die Schulform. Die Schulwechsel wiesen einen sehr starken Zusammenhang mit dem Ausbildungsniveau der Eltern auf. Für Wechselschüler:innen des Gymnasiums kamen nur Wechsel „nach unten“ in Frage. 22,9 % der Gymnasialschüler:innen, deren Eltern einen geringen Bildungsstand aufwiesen, wechselten zwischen der 5. und 9. Jahrgangsstufe auf eine „niedrigere“ Schulform. Gleiches traf nur auf 5,9 % der Gymnasialschüler:innen zu, deren Eltern ein hohes Bildungsniveau aufwiesen. Bei Hauptschüler:innen waren nur Wechsel nach „oben“ möglich. 4,7 % der Hauptschüler:innen, deren Eltern einen geringen Bildungsstand aufwiesen, wechselten zwischen der 5. und 9. Jahrgangsstufe auf eine „höhere“ Schulform, bei Hauptschüler:innen, deren Eltern ein hohes Bildungsniveau aufwiesen, waren es hingegen 11,7 %. Bei Realschüler:innen, die prinzipiell in beide Richtungen wechseln können, überwogen Wechsel nach „unten“ um ein Vielfaches. Nach oben wechselten 2,1 % der Realschüler:innen mit gering gebildeten Eltern, während 3,3 % der Realschüler:innen mit hochgebildeten Eltern nach oben wechselten. Extremere Unterschiede zeigten sich bei den Wechseln nach unten. 21,3 % der Realschüler:innen mit gering gebildeten Eltern wechselten auf die Hauptschule, aber nur 8,7 % der Realschüler:innen mit hochgebildeten Eltern (Wohlkinger/Ditton, 2023, 192). Die großen sozialen Disparitäten beim Zugang zu den einzelnen Schulformen wurden somit durch die wiederum nach sozialem Hintergrund völlig unterschiedlichen Wechselzahlen nochmals verstärkt. Die Autoren der Studie haben auch untersucht, ob sich die Wechsel über die unterschiedliche Kompetenz der Schüler:innen erklären lässt oder ob auch andere Faktoren eine Rolle spielten. Letzteres ist der Fall:

    „[Of] particular relevance to educational inequalities is the observation that even after controlling for performance, the parental level of education still has a significant effect on the risk of experiencing a downward transition. Considering the observation that students from higher-educated parents have a greater chance of entering USS [Gymnasium], this result reveals that children from low-educated parents are sorted out even further during secondary schooling” (Wohlkinger/Ditton, 2023, 198).

    Die „Sortierung“ von Schüler:innen nach sozialer Herkunft schlägt sich dann selbstverständlich auch in der Verteilung der Schulabschlüsse nieder. Der Bildungsbericht liefert hierzu keine Daten, sodass auf Zahlen des Instituts für Bildungsmonitoring und Ǫualitätssicherung IfBǪ zurückgegriffen werden muss. Dieses erhebt den sozialen Status der Schüler:innen nach der Wohnadresse, was zwar originell ist, vermutlich aber mit Ungenauigkeiten belastet sein dürfte, für unsere Zwecke aber ausreicht. Im Schuljahr 2023/2024 erreichten 77,9 % der Schüler:innen mit hohem Sozialstatus das Abitur, bei einem mittleren Sozialstatus waren es 51,8 % und beim niedrigsten Sozialstatus 31,9 %. 11 % der Schüler:innen mit niedrigem Sozialstatus erreichten keinen, 28,1 % nur einen „ersten allgemeinbildenden Schulabschluss“. Bei Schüler:innen mit hohem Sozialstatus belaufen sich die entsprechenden Werte auf nur 2,2 % (ohne Abschluss) bzw. 4,9 % (erster allgemeinbildender Schulabschluss). Von allen Schüler:innen mit mittlerem Sozialstatus erreichen bereits 6,3 % keinen und 17,1 % nur einen ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (Institut für Bildungsmonitoring und Ǫualitätssicherung, 2024). Das zeigt erneut, dass das Schulsystem keineswegs vorwiegend auf die Kinder der Mittelschicht ausgelegt ist. Es sind Kinder aus Familien mit dem höchsten Sozialstatus, die weit überwiegend das Abitur machen und nur in seltenen Fällen völlig scheitern.

    Der „Gang“ durch die verschiedenen Stationen des Bildungssystems bis zum Abitur zeigt, dass nicht nur primäre Herkunftseffekte für die soziale Unwucht beim Erwerb von Bildungszertifikaten entscheidend sind und selbst diese häufig das Ergebnis ungleich verteilter Bildungschancen der Elterngeneration sind. Ebenso wichtig ist, dass Schüler:innen mit geringem sozioökonomischem Status und – in geringerem Ausmaß – auch jene mit mittlerem sozioökonomischem Hintergrund aufgrund ihrer sozialen Herkunft zum Teil in extremer Form gegenüber Schüler:innen mit hohem sozioökonomischem Status benachteiligt werden. In der Bildungsforschung wird das bislang nicht als klassistische Diskriminierung bezeichnet, obwohl es alle Voraussetzungen dafür erfüllt. Die Gründe sind zum Teil strukturell, was vor allem für die in das Bildungssystem eingebauten Selektionsmechanismen gilt. Doch wirken diese nicht per se sozial selektiv, sie könnten ebenso gut nach Leistung und Kompetenz selektieren. Stattdessen aber bieten sie stereotypisierenden Lehrkräften Anlässe zur Ungleichbehandlung. Diese Anlässe sind allerdings nicht nur dann vorhanden, wenn Schüler:innen ausgesiebt werden, sie betreffen auch die Leistungsbeurteilung bzw. Notenvergabe und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch den pädagogischen Umgang mit sozial schlechter gestellten Schüler:innen. Letzteres lässt sich empirisch nur schwer nachweisen, aber zwei Sachverhalte sprechen dafür, dass auch die kulturelle Passung in die Institution Schule eine Rolle spielt. Zum einen sind die Bildungsergebnisse von Schüler:innen, die mittlere sozioökonomische Voraussetzungen mitbringen und nicht zu den üblichen Verdächtigen zählen, wenn von problematischen sozialen Hintergründen gesprochen wird, ganz erheblich schlechter als die von Schüler:innen mit einem hohen Sozialstatus. Diese Unterschiede lassen sich nicht, jedenfalls nicht im beobachtbaren Ausmaß, über primäre Herkunftseffekte aufgrund bildungs- und finanzressourcenarmer Elternhäuser erklären. Zum anderen weisen Studien darauf hin, dass Lehrkräfte bereits auf Grundlage schichtspezifischer Vornamen zu herkunftsbedingten Abwertungen und – was an dieser Stelle nochmals besonders betont werden soll – auch zu herkunftsbedingten Bevorzugungen neigen. Bezugnehmend auf Letzteres sei zum Abschluss dieses Teilkapitels auf eine Studie von Tobisch und Dresel (2020) hingewiesen, die u.a. zeigt, dass Lehramtsstudierende, die selbst aus sozial privilegierten Milieus stammen, eine hohe Eigengruppenpräferenz aufweisen, d.h. Schüler:innen mit gleich hohem Sozialstatus präferieren (Tobisch/Dresel, 2020, 150). Es geht somit nicht nur um unverdiente Abwertung von sozial weniger privilegierten Schüler:innen durch (in diesem Fall angehende) Lehrkräfte, sondern auch um die Höherbewertung von Angehörigen der eigenen Peer-Gruppe – um soziokulturelle Schließung also, die selbst für Mittelschichtschüler:innen problematisch sein kann.

  3. Milieuverengung der evangelischen Kirche und Klassismus

    Evangelische Religionspädagog:innen gehören nicht immer, aber vermutlich oft zu den hochverbundenen Kirchenmitgliedern. Gerade bei diesen wird häufig von einer Verengung auf bestimmte soziale Milieus ausgegangen. Vor dem Hintergrund der im letzten Kapitel diskutierten Auf- und Abwertungstendenzen einiger Lehrkräfte auf Grundlage des sozioökonomischen Status (oder der Vornamen) ihrer Schüler:innen sowie der Eigengruppenpräferenzen einiger Lehrkräfte stellt sich die Frage, ob die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu evangelischer Religionspädagog:innen zumindest mit der Gefahr verbunden sein könnte, dass Schüler:innen mit anderen Hintergründen von ihnen benachteiligt werden. Diese Argumentation setzt aber zunächst voraus, dass es überhaupt eine ausgeprägte Milieuverengung (hochverbundener) evangelischer Kirchenmitglieder gibt und diese, falls es sie gibt, Kategorien berührt, die exkludierendes Verhalten befördern können.

    Die Milieuverengung eines kleinen, aber funktional bedeutsamen Teils der evangelischen Kirchenmitglieder ist real, sie betrifft aber vor allem die Hochengagierten in ihren Ortsgemeinden und sie ist keine Entwicklung, die erst in den letzten Jahrzehnten eingesetzt hat. Zurückverfolgen lässt sie sich bis ins Kaiserreich des späten 19. Jahrhunderts – was im Übrigen auch für den Bindungsverlust der evangelischen Kirche gilt. Werner Conze (1976, 667) übertrieb daher nicht, als er sich über jene Zeit so äußerte: „Die kirchliche Durchdringung oder die Beteiligung des Volkes am kirchlichen Leben [war] begrenzt und langsam im Rückgang begriffen. Das traf besonders für die industriellen Ballungen und die Großstädte zu.“ Einschränkend muss aber hinzugefügt werden, dass über das damalige Gemeindeleben im ländlichen Raum wenig bekannt ist. Über die Entwicklung der beiden christlichen Kirchen in Großstädten weiß man hingegen sehr viel mehr. Bekannt ist beispielsweise, dass die Teilnahme an Gottesdiensten im Laufe des 19. Jahrhunderts rasant zurückging. Nahmen in Hannover 1815 noch 51 % der evangelischen Kirchenmitglieder wenigstens einmal im Jahr an einer Abendmahlfeier teil, waren es 1860 nur noch 20 % (Liedhegener, 2001, 202). Was wesentlich länger aufrecht erhalten blieb, war die Teilnahme an Kasualien (Liedhegener, 2001, 205). So begann eine Zweiteilung der evangelischen Kirchenmitglieder, die bis heute zu beobachten ist. Für einen großen Teil evangelischer Christ:innen gehörten verschiedene kirchliche Traditionen noch zum Alltag, aber ansonsten engagierte man sich nicht, während auf der anderen Seite hochverbundene Protestant:innen das Personal der Ortsgemeinden stellten:

    „Die gezeigte Differenz von passiver und aktiver Kirchlichkeit bedeutet, dass sich im Verlauf dieser Entwicklung kleine bis sehr kleine, aktive städtische Kerngemeinden herausbildeten. Ihnen stand eine breite evangelische Mehrheit gegenüber, für die ihre Kirche und deren Bekenntnis eine zwar faktisch vorhandene, in der eigenen Lebensführung aber weitgehend oder sogar prinzipiell entbehrliche Größe war.“ (Liedhegener, 2001, 213)

    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zudem zur ersten größeren Kirchenaustrittswelle (Liedhegener, 2001, 210-201). Da sie hauptsächlich die Industriearbeiterschaft betraf, lässt sich vermuten, dass die Einbindung dieser sozialen Schicht in die evangelische Kirche nie sonderlich gut gelungen ist. Das lag allerdings auch daran, dass die sozialdemokratische Partei der evangelischen Kirche in jenen Jahren äußerst feindselig gegenüberstand. Diese Abneigung wurde von der evangelischen Kirche geteilt: „Die Protestanten waren sich einig in ihrer anti-marxistischen, konservativ-monarchischen Grundorientierung […]“ (Reuter, 2018, 83). Das galt selbst für ansonsten fortschrittliche protestantische Sozialreformer, die soziale Gerechtigkeit „stets im Sinn gerechtfertigter Ungleichheit, die durch göttliche Ordnung oder gesellschaftliche Konvention vorgegeben ist“ (Reuter, 2018, 90) verstanden. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass sich das Milieu der Ortsgemeinden in jener Zeit nicht durch klassenkämpferische Ambitionen auszeichnete, sondern durch Traditionsbewusstsein und Staatstreue. Es wird daher, zumindest in den Städten, vor allem Personen aus dem bürgerlichen Milieu und Handwerker angezogen haben. Der Grundstein für eine Verengung der Ortsgemeinden auf (klein-)bürgerliche Milieus, die vor allem für Proletarier weltanschaulich und sicher auch soziokulturell unattraktiv waren, wurde somit bereits während der Industrialisierung gelegt.

    Es ist daher keine große Überraschung, dass in der ersten großen soziologischen Untersuchung evangelischer Kirchenmitglieder nach dem Zweiten Weltkrieg (Bismarck, 1957) eine Milieuverengung – wohl erstmals unter diesem Begriff – vorgefunden wurde, die der im späten 19. Jahrhundert bereits angelegten weitestgehend entsprach. Das Gemeindeleben, so das Ergebnis dieser Studie, werde vom Kleinbürgertum und der Mittelschicht geprägt. Klaus von Bismarck lieferte auch einen Vorschlag zur Durchbrechung der Milieuverengung, dessen Umsetzung wohl bis heute auf sich warten lässt. Neben einer Bejahung der eigenen Milieugebundenheit (also einer Reflexion der eigenen Position) forderte er, die „partielle eigene Blindheit in der Beurteilung der Menschen andersartiger Verhältnisse anzuerkennen“ (Bismarck, 1957, 23).

    In der aktuellen, mittlerweile sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD wurde bei der Analyse der Eigenschaften evangelischer Kirchenmitglieder zwischen „kirchennahen Religiösen“, die sich am Kirchenleben aktiv beteiligen, und „kirchenfernen Religiösen“, die der Kirche mit wohlwollender Distanz gegenüberstehen, unterschieden. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen sind groß. In der Gruppe der kirchennahen Religiösen sind die höher Gebildeten deutlich überrepräsentiert. Man kann daher „zugespitzt von einer ‚Kirche von obensprechen, einer bildungsbürgerlich auf gesellschaftliche Eliten hin orientierten Kirche, die den Kontakt zu sozial Prekären zu verlieren droht“ (Kläden/Wunder, 2024, 244). Unter Verwendung des Vier-Klassen-Modells von Andreas Reckwitz (2019, 86) (Oberklasse, alte Mittelklasse, neue Mittelklasse, Unterklasse) ergibt sich ein etwas anderes Bild:

    „Bei der kirchennahen Religiosität bestehen kaum Unterschiede zwischen den Klassen, lediglich die alte Mittelklasse hat einen nur sehr geringfügig erhöhten Wert kirchennaher Religiosität. Bei der kirchenfernen Religiosität sind die Unterschiede wesentlich deutlicher: Am meisten ist sie in der Unterklasse verbreitet, bereits geringer in der alten Mittelklasse, noch geringer in der neuen Mittelklasse und am geringsten in der Oberklasse“ (Kläden/Wunder, 2024, 247).

    Kommen wir nun ganz direkt zu sozialen Milieus als „Gruppen Gleichgesinnter, die jeweils ähnliche Werthaltungen, Prinzipien der Lebensgestaltung, Beziehungen zu Mitmenschen und Mentalitäten aufweisen“ (Hradil, 2006, 4). Hier gilt, dass der größte Anteil kirchlich Religiöser im Milieu der „Traditionalen“ zu finden ist. Je moderner ein Milieu ist, desto geringer ist der Anteil der kirchlich Religiösen (Kläden/Wunder, 2024, 249-250). Sehr gering ist der Anteil kirchlich Religiöser im Milieu mit dem geringsten Sozialstatus („Defensiv Benachteiligte“). Darüber hinaus gibt es bezüglich des materiellen Ausstattungsniveaus der kirchlich Religiösen keine Auffälligkeiten, sie setzen sich also nicht vorwiegend aus ökonomisch Bessergestellten zusammen. Als Fazit halten die Autoren fest: „Der soziale Status von Befragten, etwa gemessen an Bildung oder ökonomischen Ressourcen, hängt im heutigen Deutschland kaum noch mit kirchennaher Religiosität zusammen. Geht es jedoch um Partizipationsverhalten wie Kirchgang oder ehrenamtliches kirchliches Engagement, dann sind Menschen mit einem vergleichsweise hohen sozialen Status deutlich überrepräsentiert. […] Von kirchenferner Religiosität fühlen sich heute hingegen eher diejenigen mit einem niedrigen sozialen Status angezogen, also mit geringer Schulbildung oder geringen ökonomischen Ressourcen“ (Kläden/Wunder, 254). Da Ortsgemeinden auf jene kirchennahen Religiösen, die sich aktiv am kirchlichen Leben beteiligen, angewiesen sind, zeigt sich hier die bekannte Milieuverengung. Bei allen anderen Kirchenmitgliedern ist eine solche Milieuverengung nicht zu konstatieren, auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass Personen mit einem sehr niedrigen Sozialstatus in der evangelischen Kirchenmitgliedschaft unterrepräsentiert sind.

    Auch wenn nur kirchlich Religiöse und hierunter vor allem die in Ortsgemeinden Engagierten eine Milieuverengung aufweisen, lohnt sich ein noch genauerer Blick auf diese Gruppe, denn nur in Bezug auf diese lässt sich die Frage stellen, ob Milieuverengung mit Exklusionstendenzen einhergeht. Im sog. „Kirchengemeindebarometer“ des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD werden Mitglieder der Gemeindeleitung von Ortsgemeinden befragt. Im ersten Kirchengemeindebarometer zeigte sich dabei, dass man Milieuverengung nicht damit verwechseln darf, dass sich in Kirchengemeinden eine in jeder Hinsicht sehr homogene Gruppe von Menschen zusammenfindet:

    „Im Ergebnis zeigte sich ein wahres Kaleidoskop – nicht die häufig beschriebene drastische Milieuverengung. Zwar erwies sich das Bildungsniveau als überdurchschnittlich hoch, aber dieses Phänomen zeigt sich in fast allen Bereichen ehrenamtlicher Tätigkeit. […]. Ein Spezifikum der Mitglieder der Gemeindeleitungen ist am ehesten ihre starke Vorliebe zu klassischer Musik – in allen Altersgruppen […]. Erwartbar und empirisch bestätigt wurde die hohe Relevanz des eigenen Glaubens beziehungsweise die Möglichkeit, den Glauben zu leben, als Motivation für die Übernahme der Verantwortung in der Gemeindeleitung aufgeführt“ (Lämmlin/Rebenstorf/Renneberg, 2024, 39).

    Im zweiten Kirchengemeindebarometer zeigte sich vor allem ein hohes Bildungsniveau der ehrenamtlich in Kirchengemeinden Engagierten. 42 % besaßen einen Hochschulabschluss als höchsten Bildungsabschluss, bei weiteren 39 % war es das Abitur. Dennoch gilt auch hier:

    „Das Spektrum der beruflichen Tätigkeiten, die die Ehrenamtlichen angeben, ist aber sehr breit und widerspricht der vermuteten sozialstrukturellen Verengung, die man aus den hohen Bildungsabschlüssen geneigt ist, abzuleiten. Das Spektrum reicht von Bäckereifachverkäufer*innen über Erzieher*innen, Landwirt*innen und Krankenpfleger*innen, Buchhalter*innen und Autoverkäufer*innen über Lehrer*innen an verschiedenen Schulformen zu Professor*innen und Ministerialbeamt*innen, Kaminkehrer*innen und Polizist*innen sowie eine breite Palette an Handwerksberufen.“ (Lämmlin/Rebenstorf/Renneberg, 2024, 48)

    Ansonsten lässt sich sagen, dass die in Kirchengemeinden Engagierten im Regelfall beruflich etabliert und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in allen Altersgruppen häufiger verheiratet und seltener geschieden sind, ganz so, wie es die auch in anderen Studien gefundene Vorliebe traditioneller Lebensstile unter hochverbundenen Kirchenmitgliedern erwarten lässt. Ihre allergrößte gemeinsame Eigenschaft ist aber ihr hohes Ausmaß an Religiosität. Eine klassistisch motivierte Exklusion anderer Milieus lässt sich insofern nicht nachweisen, denn Religiosität sowie die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement scheinen die vorherrschenden Ursachen dafür zu sein, dass die aktive Mitarbeit in Kirchengemeinden nichts für jedermann und jederfrau ist. Der Einfluss des in Kirchengemeindeleitungen versammelten Milieus auf die Gestaltung von Gottesdiensten, Gemeindefesten oder auch die Art karitativer Aktivitäten könnte hingegen mit daran beteiligt sein, dass Personen mit einem niedrigen Sozialstatus eher keinen Bezug zu Kirchengemeinden finden. Wenn etwa karitative Aktivitäten mit einer Sprache verbunden werden, die abwertend klingt, werden die Hilfen sicher angenommen, aber vermutlich verbunden mit Schamgefühlen. Kirchengemeinden ist jedenfalls anzuraten, karitative Hilfsangebote nicht mit Begriffen wie „Barmherzigkeit“ oder „eine helfende Hand reichen“ zu begründen und nicht von „sozial Schwachen“ oder gar „Leidenden“ zu reden.

  4. Bezüge zur Religionspädagogik

Wenn wir nun auf die Eingangsfrage des dritten Kapitels zurückkommen, ob sich aus der Milieuverengung hochverbundener Kirchenmitglieder Schlüsse hinsichtlich des Verhaltens von Religionspädagog:innen ziehen lassen, dann muss das verneint werden. Hierzu liegen keine ausreichenden Daten vor. Wie alle Pädagog:innen werden auch Religionslehrkräfte überwiegend aus sozial privilegierten Elternhäusern stammen, und dieser Einfluss dürfte größer sein als jener der Milieuverengung. Wenn man darüber hinaus etwas folgern könnte, dann, dass die eben geschilderten Beobachtungen Klaus von Bismarcks weiterhin aktuell sind: Kirchlich hochverbundene Religionspädagog:innen sollten stets bereit sein zu hinterfragen, ob ihr Weltbild, ihre Praxis der Lebensgestaltung und/oder ihre Mentalität für viele andere Kirchenmitglieder und ihre am Religionsunterricht teilnehmenden Kinder fremdartig sein könnten. Und umgekehrt gilt: Wer als Religionspädagog:in in der Kirche beheimatet ist, sollte stets bereit sein, darüber nachzudenken, ob ihr:ihm unter Umständen die Weltbilder und Mentalitäten der Kirchenfernen bzw. ihrer Kinder ebenfalls sehr fremd sind.

Wenn man das Thema Milieuverengung beiseitelässt und allgemein nach der Rolle der Religionspädagogik in Anbetracht der dargestellten Exklusionsmechanismen und ungerechtfertigten Privilegierungen oder Benachteiligungen von Schüler:innen unterschiedlicher Herkunft im deutschen Bildungssystem fragt, dann muss zunächst konzediert werden, dass Religionspädagogik an einigen der im zweiten Kapitel aufgeführten Dinge nichts ändern kann, weil sie sozialpolitische oder schulorganisatorische Ursachen haben. Falls Religionspädagog:innen an Selektionsentscheidungen beteiligt sind, empfiehlt sich eine (Re-)Lektüre des zweiten Kapitels dieses Beitrags und eine Reflexion des eigenen Handelns und des dabei möglicherweise zum Ausdruck kommenden höheren oder geringeren Respekts, der einigen Schüler:innen aufgrund ihres Sozialstatus oder Habitus entgegengebracht wird. So vorzugehen bzw. klassismussensibel zu sein, ist allerdings die Grundbedingung jeglicher klassismuskritischen Pädagogik bzw. noch keine Besonderheit der Religionspädagogik.

Allen Schüler:innen mit gleichem Respekt zu begegnen (Stojanov, 2011), hätte im Übrigen zur Folge, dass das oft beschworene Reifizierungsdilemma gar nicht auftritt, sofern es um die Gestaltung des Lernumfelds geht. Schüler:innen unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund mit gleichem Respekt zu begegnen, sollte so selbstverständlich sein, wie Schüler:innen unabhängig von ihrer Lieblingsfarbe oder Schuhgröße mit gleichem Respekt zu begegnen. Es geht nicht darum, Menschen unabhängig von ihrer „Identität“ anzuerkennen, Identität sollte vielmehr als Kategorie aufgehoben werden, soweit es um Gleichbehandlung geht. Das bedeutet nicht, die Diskriminierungserfahrungen von Schüler:innen aufgrund ihrer Identitäten zu leugnen; nur betreffen diese Unterrichtsinhalte, nicht Unterrichtsgestaltung.

Wenn man nach Besonderheiten des Religionsunterrichts sucht, dann ist die erste Anforderung, dass auf einen Sprachgebrauch zu achten ist, der von Kirchenfernen nicht als Abwertung (miss-)verstanden wird. Vermutlich wird sich kaum noch eine Religionslehrkraft finden lassen, die im Rahmen des Religionsunterrichts abwertende Sprache benutzt, wenn über Angehörige bestimmter Ethnien oder Menschen mit Behinderung gesprochen wird. In Bezug auf Menschen mit geringen finanziellen Mitteln ist in kirchlichen Kontexten jedoch weiterhin zu beobachten, dass sie pauschal als Schwache oder Hilfebedürftige beschrieben werden (Mayert, 2022, 34). In innerreligiösen Diskursen nicht unangebrachte Begriffe wie „Nächstenliebe“ und „Gottesebenbildlichkeit“ werden abwertend verstanden, wenn hiermit gegenüber Schüler:innen begründet wird, warum man sich ihnen zuwendet wie jedem anderen Menschen auch. Inklusion hat nichts mit Nächstenliebe zu tun, und bei der Rede von Gottesebenbildlichkeit schwingt mit, dass der- oder diejenige, die davon spricht, natürlich ein Ebenbild Gottes ist, Empfänger:in der Botschaft aber nur Kraft der religiösen Überzeugung des:der Sprechenden.

Wenn in diesem Beitrag von klassismuskritischer und nicht nur von klassismussensibler Religionspädagogik gesprochen wird, dann ist damit allerdings noch mehr gemeint als die Selbstreflexion eigenen Handelns, die Gestaltung des Lernumfelds und die verwendete Sprache. Für viele Schüler:innen dürften Privilegierungs- und Abwertungsprozesse so gang und gäbe sein, dass sie ihnen völlig natürlich erscheinen. Aber besteht nicht ein wichtiger Teil des revolutionären Charakters der Evangelien darin, dass hierin falsche Selbstverständlichkeiten und sozial konstruierte Hierarchie- und Machtverhältnisse radikal in Frage gestellt werden? Für die Religionspädagogik lassen sich hier vielgestaltige Anknüpfungspunkte finden. Gemeint ist damit nicht eine Art klassenkämpferischer Religionspädagogik. Es ginge stattdessen darum, Schüler:innen die erweiterte Denkungsart im Sinne Hannah Arendts nahe zu bringen: sich in die Schuhe anderer Schüler:innen versetzen zu können, bevor geurteilt wird, um dabei zu lernen, dass es keine Privilegierungen und Abwertungen auf Grundlage moralisch irrelevanter Kategorien geben sollte. Denn in welchen Schuhen die Schüler:innen selbst stecken, wird ihnen dann hoffentlich klar, ist weder im Guten noch im Schlechten ihr eigenes Verdienst. Eine solche Religionspädagogik wäre nicht nur heterogenitätssensibel, sie wäre heterogenitätstranszendierend. Auch wenn das wenig an den Ungerechtigkeiten des deutschen Bildungssystems ändern können wird, würde die Religionspädagogik immerhin in Anspruch, Haltung und Praxis nicht daran mitwirken – ein Alleinstellungsmerkmal, das geeignet wäre, über inhaltliche Spezifika hinauszureichen.

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1 Die finanzielle Förderung einer Teilnahme an diesen außerhäuslichen Aktivitäten im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets, auf dessen Leistungen ein Teil der Eltern mit niedrigem Bildungsniveau Anspruch haben dürften, ist läppisch gering und auch nur auf Antrag, verbunden mit einem Teilnahmenachweis, erhältlich.

2 Die Eingruppierung des sozioökonomischen Status der Eltern wurde anhand des Internationalen Sozioökonomischen Index des Beruflichen Status vorgenommen. Entscheidend für die Eingruppierung war dabei der Elternteil mit dem höheren Indexwert.

3 Nur relativ genau aufgrund der im Sekundarbereich I möglichen Wechsel der Schularten. Sie sind allerdings selten, beinhalten überwiegend Bildungsabstiege und sind – wie an späterer Stelle besprochen wird – extrem sozial selektiv.

4 Die restlichen Schüler:innen besuchten sonstige allgemeinbildende Schulen (z.B. Förder- oder

Waldorfschulen) oder eine Berufsschule. Um die Sache nicht zu verkomplizieren, werden diese hier außer Acht gelassen.


Dr. Andreas Mayert ist Wissenschaftlicher Referent für Wirtschaft und Soziales am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD. Seine Forschungsschwerpunkte sind Armut und soziale Ausgrenzung, Sozialökologische Transformation, Herausforderungen des digitalen Wandels und evangelische Erwachsenenbildung.



Theo-Web Nr. 2/2025, ISSN 1863-0502 Open Access, Licence: CC BY 4.0 International © 2025 Schwarz/Meyer