Narrative des Klassismus. Religionspädagogische Anknüpfungspunkte und Perspektiven


Dennis Breitenwischer


Zusammenfassung

Seit über zehn Jahren rücken autofiktionale Texte die Bedeutung von Herkunft und Klasse für die Identitätsbildung in den Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit und initiieren die aktuelle Klassismusdebatte mit. Autor:innen erzählen von ihrer Identitätsbildung in der Wechselwirkung von passiver Bestimmtheit und aktiver Gestaltung. Der Beitrag geht induktiv von literarischen Texten aus und verwebt ihre Interpretation mit soziologischen, philosophischen und theologischen Positionen, um von dort aus religionspädagogische Perspektiven zu entwerfen: Narrative des Klassismus zeigen auf, dass Identität fragil erscheint, weil sie von Individuen angesichts des ihnen Unverfügbaren und in der Dialektik von Abhängigkeit und Freiheit konstruiert wird. Sie bieten Anschlussstellen für religiöse Bildungsprozesse, indem sie reflektieren, wie Identitätsbildung durch Erfahrungen von Abwertung und Diskriminierung, von Scham und Schuld sowie durch das grundlegende Bedürfnis des Menschen nach Anerkennung geprägt ist. Im Spannungsfeld von Ästhetik und Ethik fragen sie darüber hinaus nach Bedingungen gelingenden Lebens.

Schlagwörter: Identitätsbildung, Autofiktion, sozialer Raum, Relationalität des Individuums, Ästhetik und Ethik, Anerkennung


Fictions of Classism. Religious Education Connections and Perspectives


Abstract

For more than ten years, autofiction has been drawing society’s attention to the importance of origin and class in identity formation and helping to spark the current debate on classism. Authors recount their identity formation in the interdependence of passive determination and active shaping. This article takes an inductive approach based on literary texts and interweaves their interpretation with sociological, philosophical and theological positions in order to develop perspectives for religious education: narratives of classism show that identity appears fragile because it is constructed by individuals in the face of what is unavailable to them and is in the dialectic of dependence and freedom. They offer points of connection for religious education processes by reflecting on how identity formation is shaped by experiences of devaluation and discrimination, shame and guilt, and the fundamental human need for recognition. In the space of tension between aesthetics and ethics, they also ask about the conditions for a successful life.


Keywords: Identity formation, autofiction, social space, relationality of the individual, aesthetics and ethics, recognition


  1. Perspektiven auf Klasse und Gesellschaft. Eine Hinführung

    1. Klasse Gesellschaft – eine Kunstausstellung

      Unter dem Titel Klasse Gesellschaft – Alltag im Blick niederländischer Meister präsentierte die Hamburger Kunsthalle im Winter 2021/2022 Gemälde der holländischen und flämischen Genremalerei, die einen Einblick in die „niederländische Gesellschaft des 17. Jahrhunderts“ bieten, deren „soziales Netz als vorbildlich“ angesehen wurde und die gleichwohl „eine klare hierarchische Struktur erkennen“ (Pisot, 2021, 15) ließ. „Die Herausbildung einer Klassengesellschaft war bereits den Zeitgenossen bewusst“ (ebd.), vielleicht auch, weil in den nördlichen Niederlanden zu dieser Zeit keine Ständegesellschaft mehr bestand: „Den sozialen Status bestimmten hier nicht mehr durch Geburt erworbene Privilegien, sondern der Erfolg am Markt und der damit verbundene Wohlstand“ (Lange, 2021, 41). Dieses Gesellschaftsbild prägt auch den Blick der Künstler:innen sowie derjenigen, die ihre Werke in Auftrag gaben oder kauften. Sie lebten meist in städtischem Umfeld und ihre „Lebenswelt war in besonderem Maße durch die Stadt und die nicht agrarische Tätigkeit geprägt“ (ebd.). Die Perspektive auf das Landleben war bestimmt von einem „Spannungsverhältnis zwischen dem satirischen Blick auf die ‚tölpelhaften Bauern‘ und der Sehnsucht, dem geschäftlichen Treiben der Stadt zumindest teilweise zu entfliehen und die Ruhe auf dem eigenen Landsitz zu genießen“ (ebd.). Diese Polarität spiegeln die unterschiedlichen Gemälde wider. Einige von ihnen präsentieren ein ländliches Arkadien. In dieser „wohlwollenden Betrachtung des Landlebens, das sicher ein Stück weit idealisiert ist“ (a.a.O., 45), wird „der Bauer für den Bürger zum Vorbild“ (ebd.) erhoben. An ihm wird gezeigt, wie das Leben angemessen fromm, bescheiden und familiär zu führen sei. Andere Maler wie Adriaen Brouwer oder Jan Steen stellen wiederum die Auswirkungen von Armut auf die Menschen, insbesondere im ländlichen Raum, dar, indem sie die Betroffenen und ihre Lebensweise karikieren. In ihren Bildern „wird das ausschweifende Leben regelrecht als eine conditio humana präsentiert“: Angehörige der Landbevölkerung „können einfach nicht anders“ (a.a.O., 40). Ihre Werke suggerieren, dass Menschen selbst für ihre Armut verantwortlich und nicht zu einer anderen (positiv konnotierten) Lebensführung in der Lage seien. „Deutlich zeigt sich darin die Stigmatisierung der Bauern als ‚Fremde/Andere‘, mit dem Ziel, sich von ihnen abzusetzen“ (ebd.).

      Neben der ihnen eigentümlichen Komik stehen die Gemälde auch für das „Konzept der Distinktion einer Führungselite, die sich abgrenzen möchte“ (a.a.O., 41). Diese Perspektiven auf Armut und Reichtum sind der Spätmoderne keineswegs fremd, weshalb die Gemälde des 17. Jahrhunderts aus Sicht der Ausstellungsmacher:innen durchaus zur „hochaktuellen Klassismus-Debatte“ (Pisot, 2021, 21) beitragen können. Hierzu wurden die Exponate der Genremalerei mit kontemporären Fotografien von Lars Eidinger und Gemälden von Stefan Marx in ein dialogisches Verhältnis gehängt. Der Blick der Gegenwartskünstler auf von Armut betroffene Personen wirkt auf Betrachter:innen vielfach nicht weniger voyeuristisch und stigmatisierend als derjenige, den die Maler aus dem 17. Jahrhundert werfen. Zugleich lassen die Bilder aus beiden Epochen offen, ob das Bewusstsein, in einer von Klassen geprägten Gesellschaft zu leben, schon bedeutet, auch Klassismuserfahrungen zu reflektieren. Diese Sichtweise einzunehmen, fällt in der Außenperspektive von Künstler:innen und Betrachter:innen auf von Armut betroffene Menschen notwendig schwer. Die mitunter verstörende Wirkung der Bildwerke aus Vergangenheit und Gegenwart sensibilisiert nachdrücklich dafür, dass der ästhetische Blick auf gesellschaftliche Verhältnisse moralische Urteile und ethische Implikationen mit sich führen kann. In Narrativen des Klassismus wird diese Verquickung von ästhetischen und ethischen Perspektiven auf das Selbst und die Mitwelt aus Sicht eines erzählenden Ichs reflektiert, das seinen Übergang zwischen den Klassen schildert.

    2. Literarische Reflexionen von Klasse und Identitätsbildung

      Dass in der Hamburger Kunsthalle eine Ausstellung zu Klasse und Gesellschaft kuratiert wird, dass Klassismus ins öffentliche Bewusstsein und zum aktuellen Debattenthema avanciert, verdankt sich auch Narrativen des Klassismus. In einer Kritik der wochentaz zu Édouard Louis’ neuestem Roman Der Absturz, mit dem er nach über zehn Jahren und nach mehreren autofiktionalen Texten die literarische Auseinandersetzung mit seiner familiären Herkunft abschließt, heißt es:

      „‚Klasse?‘, rieb man sich im Jahr 2015 verdutzt die Augen. Dieses Wort war nur noch eingefleischten Lesern des ‚Kapitals‘ ein Begriff. In einer Gesellschaft, die religiös an den sozialen Aufstieg glaubte, ergab ein Konzept aus dem 19. Jahrhundert keinen Sinn mehr. Dank Louis fand dieses Wort wieder Eingang in den Sprachgebrauch […]. ‚Das Ende von Eddy‘ läutete ein Jahrzehnt ein, in dem das Nachdenken über soziale Strukturmerkmale – Klasse, Geschlecht, ethnische Herkunft und sexuelle Identität – zentral war. Louis war Wegbereiter meisterhafter Romane […]. Erfunden hat das Genre der autofiktionalen Herkunftserzählung zwar Annie Ernaux in den 1980er Jahren, aber ihre Wiederentdeckung für den deutschen Markt begann erst 2017 – Louis hat die Rezeption seiner eigenen Lehrmeisterin mitermöglicht“ (Hinzmann, 2025, 43).

      Faktuale und fiktionale Erzählungen eröffnen Rezipierenden Perspektiven darauf, was Klassismus aus der Sicht betroffener Individuen bedeutet. Die Erzählungen greifen multiperspektivisch auf das Phänomen Klassismus zu, indem Erfahrungen, andere zu diskriminieren oder von anderen diskriminiert zu werden, aus beiden Richtungen und häufig anhand desselben literarischen Personals zur Sprache kommen: Wer herabgewürdigt wird, würdigt als Reaktion bisweilen auch andere herab. Ergänzend zum Spannungsfeld von Ästhetik und Ethik, das auch schon die Bilder eröffnen, kann anhand von Erzähltexten gefragt werden, wie Menschen angesichts von klassistischen Diskriminierungen die Gesellschaft wahrnehmen und die eigene Identität konstruieren. Narrative des Klassismus lassen paradigmatisch nachempfinden,

      „dass Menschen durch Geschichten-Erzählen ihre Lebenswirklichkeit in einen für sie begreiflichen Gesamtzusammenhang einzubetten versuchen, weil sie es nicht ertrügen, bloßen Zufällen oder Gesetzmäßigkeiten ohne tieferen Bezug auf ihr Dasein ausgeliefert zu sein. (Das moderne Stichwort dafür heißt: Kontingenzbewältigung.)“ (Koschorke, 2012, 11).

      Die Autor:innen erzählen autofiktional, wie sie ihren Familien und den gesellschaftlichen Milieus entwachsen, in die sie hineingeboren worden sind, gleichzeitig in ihrer Identitätsbildung aber von ihnen bestimmt bleiben. In ihrem Bemühen, zu einem unabhängigen und eigenständigen Subjekt zu werden, verweisen sie Blicke und Urteile von anderen immer wieder darauf, aus welcher Klasse sie kommen. Selbst der Versuch, aus der Kindheit und Jugend geprägte Verhaltensweisen bewusst abzulegen und andere kulturelle Praxen nachahmend zu übernehmen, verrät die Herkunft des Individuums. Insofern erzählen die Lebensgeschichten auch davon, was einem Ich in seiner Bildung unverfügbar bleibt und welchen Zufällen und Gesetzmäßigkeiten es sich ausgeliefert fühlt. In den Narrativen des Klassismus „wird Kontingenz nicht gebannt, sondern geradezu herausbeschworen“ (ebd.) Indem die Ich-Werdung retrospektiv erzählt wird, erscheint „bewältigte Kontingenz [als] […] anerkannte Kontingenz“ (Lübbe, 1986, 166). Die figurierten Ichs erkennen in ihren Erzählungen an, in ihrem Handeln „auf das Insgesamt dessen, was allen absichtsvollen Selbstbezügen indisponibel vorausliegt“ (ebd.), bezogen zu sein. Sie wissen sich eingebunden in Beziehungen und Praxen, die ihnen unverfügbar vorausliegen und ihr Subjektsein und -werden von dorther mitbestimmen.

      Bei der Lektüre der autofiktionalen Texte können Lesende strukturparallel zu religiösen Lebensdeutungen nachvollziehen: „Im Akt der Anerkennung unserer schlechthinnigen Abhängigkeiten ändern sich nicht diese, vielmehr ändern wir uns, nämlich in unserem Verhältnis zu diesen Abhängigkeiten“ (a.a.O., 167). Somit lässt sich im Blick auf religiöse Bildungsprozesse grenzbewusst danach fragen, ob Narrative von Klassismuserfahrungen Perspektiven auf eine „Kultur des Verhaltens zum Unverfügbaren“ (a.a.O., 149) eröffnen können. Ausgehend vom Nachdenken darüber, wie kontingent, abhängig und bedingt die eigene Identitätsbildung in den Erzählungen erscheinen kann, stellt sich mitunter bei der Lektüre zugleich die Frage nach der „Dimension der Unbedingtheit des Selbst- und Weltverhältnisses“ (Korsch, 2000, 16).

    3. Rezeptionsästhetische Lernräume

      Den Rezipierenden stellen „zentrale Partien der biblischen Literatur und der nicht-biblischen [sic!] Literatur […] Lernräume“ zur Verfügung, in denen „spielerisch […] der Umgang mit kontingent sich einstellenden Situationen trainiert“ (Huizing, 2016, 19) und in „die hinein das Selbst sich probeweise, experimentell entwerfen kann“ (Kumlehn, 2018, 301). Dabei bilden Narrationen von Klassismuserfahrungen wie beinahe jede „(literarische) Kunst […] ein[en] ideale[n] Distanzfilter, um die Autorität de[r] Gefühl[e] zu testen“ (Huizing, 2016, 19), die sich in Ablösungsprozessen von der eigenen Herkunft einstellen. Fiktionale und faktuale Texte über Klassismus werden häufig von einem „Ich“ erzählt, das sich in der Retrospektive auf das eigene Leben um eine Binnen- und Außenperspektive auf das Erlebte bemüht. Seine Erzählhaltung ist geprägt davon, sich mit eigenen Handlungen und Gedanken zu identifizieren oder sich von ihnen abzugrenzen. Darin zeigt sich eine Selbstdistanz, die Lesende in einem „Wechselspiel zwischen subjektiver Involviertheit und genauer Textwahrnehmung“ (Spinner, 2022, 18) nachvollziehen können.

      In Lernarrangements eingebunden, ermöglichen die Erzählungen somit Schüler:innen, einen „intensive[n] Bezug zu literarischen Figuren“ aufzubauen, indem sie „eigene Gefühle und Sichtweisen, auch Wunschvorstellungen anderer Lebensmöglichkeiten im Text wiederfinde[n]“ (a.a.O., 19). Über das Lernen an und mit Erzählungen kommen sie selbst zur Sprache, ohne zum Thema des Unterrichts zu werden. Denn die Erzähltexte ermöglichen ihnen auch, sich von der Handlung und den Figuren distanzieren zu können. „Literarisches Verstehen“ bedeutet (gerade im schulischen Unterricht), „dass man in der Logik des Textes denkt und auch die Fremdheit von Figuren wahrnimmt“ (ebd.). Für Jugendliche, die ihre familiäre Herkunft zu reflektieren beginnen, weil andere Menschen, von denen sie anerkannt werden wollen, in ihrem Leben bedeutsamer werden, können Fiktionen des Klassismus als „Laboratorien der Existenz verstanden werden, die [ih]ren Existenzhorizont erweitern“ (Kumlehn, 2018, 301; vgl. auch Huizing, 2016, 56). Sie geben zu verstehen, wie Individuen ihre kontingente und ihr weiteres Leben bestimmende Herkunft verarbeiten und bewältigen, indem sie von ihr und ihrem Lebensweg erzählen. „Das Erzählen trägt demnach Sinn in die Welt, versieht ihren Lauf mit Absichten und Zielen, […] bringt sie überhaupt erst in eine intelligible Form und verwandelt sie so den Menschen an, die sich in ihr nicht nur praktisch, sondern auch symbolisch einrichten müssen“ (Koschorke, 2021, 11). Die Narrative des Klassismus „eröffnen Möglichkeiten des Neu- und Anders-Sehens der Wirklichkeit“ (Kumlehn, 2018, 301), wie die oben zitierte Buchrezension zu Édouard Louis’ aktuellem Roman herausstellt.

  2. Was bedeutet Klasse? – Die Welt neu und anders sehen

    1. Klasse als Konstrukt

      Kim de L’Horizons Roman Blutbuch, der 2022 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, thematisiert in intersektionaler Perspektive (vgl. Meyer, 2017, 41-49) Erfahrungen von Klassenzugehörigkeit und Ǫueerness und reflektiert dabei immer auch den eigenen gesellschaftlichen Standpunkt:

      „Meine Blutbuchenmadness, mein aus … allem dauerte den ganzen Sommer. […] Ich zog in die Strasse anfangs Studium [sic!], small-town-girl-me, die Mieten waren für Zürich anständig tief. Ich sass oft am Fenster, schaute auf das Volk hinunter und kam mir so viel klüger und besser vor, weil ich es nicht nötig hatte, mit Geschlecht oder Reichtum rumzuprotzen. Was ich nicht checkte und was mein mit haufenweise Bourdieu C Eribon angefuttertes Ich jetzt checkt: Natürlich protzte ich mit anderen Dingen rum in dieser Zeit – meiner Bildung, die ich ebenso mühsam erstand wie die Balkanstrassen-Gänger ihren Mercedes-Rolex-Bizeps-Glanz. Wir standen am Fenster unserer Student*innen-WG, rauchten (selbstgedrehte Zigaretten als weiteres Distinktionsmittel: keine grossen Zigarettenkonzerne unterstützen) und schauten wortwörtlich auf die jungen Männer hinab, schauten eher auf unsere schon vorgefertigten Bilder von ihnen, schauten auf die Körper, die keine Individuen waren, die alle gleich aussahen für uns, die aus den Vororten kamen und dachten, die ‚Balkanstrasse‘ sei schon Stadt.“ (de L’Horizon, 2022, 142-143)

      In diesem Abschnitt des Romans zeichnet de L’Horizon nach, wie der Blick eines Menschen strukturiert ist, der über eine bestimmte Bildung und einen dementsprechenden Lebensstil verfügt. Dabei referiert das erzählende Ich in seiner Selbstreflexion auf die Forschungen des französischen Soziologen Pierre Bourdieu, in deren Tradition auch die Veröffentlichungen des erwähnten Didier Eribon stehen. Das Ich beschreibt nicht einfach eine Straßenszene. Vielmehr nimmt es seine Umgebung als einen „Raum der sozialen Positionen“ und mehr noch als einen „Raum der Lebensstile“ (Bourdieu, 1987, 212) wahr, in dem die Individuen (inter-)agieren. Die Textstelle zeigt, wie „zwischen der Position, die der einzelne innerhalb eines gesellschaftlichen Raums einnimmt, und seinem Lebensstil ein Zusammenhang besteht“ (Bourdieu, 1993, 31).

      Bourdieu behauptet einen engen, reziproken Zusammenhang zwischen der sozialen Position und den aus ihr resultierenden Lebensstilen, Verhaltensweisen und sogar dem politischen Wahlverhalten. Denn bei der Auswertung hunderter Fragebögen konnte er beobachten, dass einzelne Berufsgruppen sowohl über ein bestimmtes ökonomisches und kulturelles Kapital verfügen – hierunter zählen Wissen, Bildung, Zugang zu und Umgang mit Kulturgütern (vgl. Müller, 2014, 47-57) – als auch jeweils dieselben Hobbys teilen, den gleichen Wein bevorzugen und ein ähnliches Konsumverhalten zeigen. Aus den beobachteten Gemeinsamkeiten und Differenzen, wie Menschen ihr Leben führen und welche Haltungen sie einnehmen, entwickelt er in seiner grundlegenden Studie Die feinen Unterschiede ein Gesellschaftsmodell, in dem er objektive Strukturen und subjektive Praxen zu verbinden sucht (vgl. Suderland, 2014, 219-225). Das Modell nennt er „den sozialen Raum“, ihn „zu konstruieren heißt, auf einer zweidimensionalen (fiktiven) Ebene die Verteilung aller in der sozialen Welt relevanten Positionen sowie aller damit strukturell verbundenen Eigenschaften und Praktiken zu entwerfen“ (Bourdieu, 1993, 35-36).

      „Es gibt also Unterschiede (und genau das meine ich, wenn ich von sozialem Raum spreche) und wird sie weiter geben. Muß man aber deshalb schon die Existenz von Klassen akzeptieren oder behaupten? Nein. Es existieren keine sozialen Klassen […]. Was existiert, ist ein sozialer Raum, ein Raum von Unterschieden, in denen die Klassen gewissermaßen virtuell existieren, unterschwellig, nicht als gegebene, sondern als herzustellende“ (Bourdieu, 1998, 26).

      Wenn Bourdieu „eher von einem sozialen Raum ausgeh[t]“ (Bourdieu, 1993, 35), als von einer Klassengesellschaft spricht, „geht es [ihm] vielmehr darum, die herkömmliche Vorstellung von ‚Klasse‘ außer Kraft zu setzen, als sie noch zu stärken“ (a.a.O., 31). Gleichwohl teilt er die Menschen entsprechend ihrem Vermögen an ökonomischem, kulturellem, sozialem und symbolischem Kapital in ein Oben und Unten ein. In seiner Darstellung bedient er sich weiterhin des Klassenbegriffs (vgl. Schneickert/Weiß, 2014, 140-147). Allerdings fasst er die soziale Klasse als eine „konstruierte Klasse“ (Bourdieu, 1987, 182) auf, die folglich keine zu mobilisierende, revolutionäre Masse bildet: „Eine soziale Klasse ist weder definiert durch ein Merkmal […] noch durch eine Summe von Merkmalen (Geschlecht, Alter, soziale und ethnische Herkunft, […] Einkommen, Ausbildungsniveau etc.) […]. Eine soziale Klasse ist vielmehr definiert durch die Struktur der Beziehungen zwischen allen relevanten Merkmalen“ (ebd.). Mithin kann sie als „soziologisch analysierte, objektive Klasse“, als eine „Klasse auf dem Papier“ (Schneickert/Weiß, 2014, 141), theoretisch beschrieben werden. Der Begriff ist zwar von der Wirklichkeit der Akteur:innen im sozialen Raum zu unterscheiden, steht zu ihr aber in einem intrikaten Wechselverhältnis. Die Vorstellungen von Klasse speisen sich aus realen gesellschaftlichen Bedingungen und wirken auf diese sowie das Leben der Individuen zurück. Nicht zuletzt deshalb wird in den Erzählungen und Debatten weiterhin von Klasse gesprochen.

    2. Reflexion von Klassenzugehörigkeit

      „Die Position, die jemand im sozialen Raum einnimmt, das heißt in der Distributionsstruktur der verschiedenen Kapitalsorten, die auch Waffen sind, bestimmt auch seine Vorstellungen von diesem Raum und die Positionen, die er in den Kämpfen um dessen Erhalt oder Veränderung bezieht“ (Bourdieu, 1998, 26).

      Bourdieu selbst nutzt den Begriff Klassismus nicht, aber er benennt Faktoren, wie er entsteht. Unter Klassismus kann „die Benachteiligung oder Abwertung einer Person aufgrund ihrer Klassenzugehörigkeit“ als „die einfachste Definition des Begriffs“ (Hobrack, 2024, 2; vgl. hierzu auch Gamper/Kupfer, 2024, 125) verstanden werden. Weil Positionen im sozialen Raum durch Bewertungen zugewiesen werden und weil der soziale Raum letztlich von Akteur:innen konstruiert wird, indem sie „in Praktiken der Valorisierung […] Differenzen markier[en]“ (Reckwitz, 2019, 67), sind stets auch Gefahren der Abwertung von Personen gegeben. Diese Diskriminierungserfahrungen aufgrund von Klassenzugehörigkeiten gehören mithin zur sozialen Welt, erscheinen ihr gleichsam inhärent. Gleichzeitig öffnen die Forschungen von Bourdieu und anderen Soziolog:innen den Blick dafür, dass diese Klassen nicht manifest sind, sondern „Konstruktion“ (Bourdieu, 1987, 183).

      Die Rezeption soziologischer Forschung ermöglicht der Erzählinstanz in Blutbuch, einen Schritt zurückzutreten, die eigene Position im sozialen Raum zu reflektieren und in Klassenbegriffe wie Ober- und Unterschicht oder auch Mittelklasse als gleichsam bildhafte, fiktionale Beschreibungen zu identifizieren, die auf „der Interpretation der klassenspezifischen Verteilung der Merkmale und Praktiken“ (ebd.) beruhen. Dem erzählenden Ich wird in der Rückschau bewusst, wie die Deutung und Bewertung der Merkmale, die einer Klasse zugeschrieben werden, von der eigenen Position im sozialen Raum abhängen. Es reflektiert, wie die positionsbedingte Deutung, hier versinnbildlicht in der Perspektive aus dem Fenster auf die Straße, den sozialen Raum mit herstellt, weil Differenzen wahrgenommen und ausgestellt werden. Die Erzählfigur wähnt sich als intellektuelle Person überlegen, erkennt aber in der Rückschau, woher ihre Bewertungsschemata stammen und dass sie selbst (vor allem als queere Person) ständiger Be- und Abwertung ausgesetzt ist.

      Folglich strukturiert sich der soziale Raum nicht nur nach dem Besitz ökonomischen oder kulturellen Kapitals, sondern auch nach dem „‚Geschmack‘“ (Bourdieu, 1987, 31) eines Individuums, „dem innerhalb der Auseinandersetzungen auf dem Kräftefeld der herrschenden Klasse wie dem der kulturellen Produktion eine herausragende Rolle zukommt“ (ebd.). Der „Geschmack“ eines Subjekts drückt sich in seinem Lebensstil aus. An ihm lässt sich wiederum seine soziale Position ablesen. Somit hierarchisieren und formieren der Geschmack und das „Geschmacksurteil“, das „die höchste Ausprägung des Unterscheidungsvermögens darstellt“ (Bourdieu, 1993, 31), eine Gesellschaft ähnlich wie die monetären Vermögensverhältnisse. Denn der Geschmack wird von anderen bewertet und dadurch legitimiert oder eben nicht: „Der legitime Geschmack, d.h. der Geschmack für die legitimen Werke […] wächst mit steigender Bildung, um bei den Kreisen der herrschenden Klasse mit den größten schulischen Kapitalien zu kulminieren“ (Bourdieu, 1987, 36-38). Durch die Bewertung seines Geschmacks durch andere als einer Form sozialer Praxis wird einem Individuum ein Platz im sozialen Raum zugewiesen (vgl. Schwingel, 1995, 114-117). So können sich Akteur:innen mit hohem kulturellem Kapital, wie etwa das erzählende Ich und seine Mitbewohner:innen in der Student:innen-WG, zur herrschenden sozialen Klasse zählen (vgl. Bourdieu, 1993, 39). Indem das erzählende Ich ein Wir von einem Die unterscheidet, denkt es in der automatisch verlaufenden Absetzbewegung einer Gesellschaft, die „einer Logik der Distinktion folgt“ und in der Personen „als distinguiert oder als vulgär“ (a.a.O., 24) wahrgenommen werden.

      Weil sie Bourdieu gelesen hat, vermag die Erzählinstanz inzwischen zu reflektieren, dass die Gesellschaft einen „Raum symbolischer Distinktionen“ darstellt, der „den Raum der materiellen Unterschiede ausdrückt und reproduziert“ (a.a.O., 25). Somit wird der soziale Raum „ähnlich wie ein Saussuresches System von Phonemen“ (a.a.O., 24) über Differenzen konstituiert. Gleichzeitig verbindet „der Geschmack […] die Dinge und Menschen, die zueinander passen, […] und macht sie verwandt“ (Bourdieu, 1987, 374), wie die rauchenden Studierenden oben am Fenster und die Männer unten auf der Straße. Der „Geschmack klassifiziert“ mithin zweifach: Er macht aus „sozialen Subjekte[n] […] Klassifizierende, die sich durch ihre Klassifizierungen selbst klassifizieren“ (a.a.O., 25; vgl. Reckwitz, 2010, 19-22). Im (spät-)modernen Geschmacksurteil verweben sich individuelle Wahrnehmung und gesellschaftliche Norm ähnlich wie in den Bildern der Genremalerei des 17. Jahrhunderts, wenn auch in anderem Gewand und mit anderen Implikationen.

      Erzählungen von Klassenzugehörigkeiten scheinen geprägt durch „eine neue Aufmerksamkeit gegenüber den Verflechtungen des Ethischen mit dem Ästhetischen“ (Welsch, 1994, 4). Im Rekurs auf „soziologische […] Ästhetiken (Bourdieu, […]) machen [sie] ethische Aspekte als Grundgesichtspunkte des Ästhetischen geltend“ (ebd.). Wie vielen Erzählungen haftet ihren fiktionalen Räumen eine „ethische Ausrichtung“ an, eine „Ausrichtung auf das ‚gute Leben‘ mit Anderen [autrui] und für sie in gerechten Institutionen“ (Ricœur, 1996, 210). Auf diese Triade werfen Autorinnen, die von einer Klasse in eine andere übergegangen sind, eine eigene Perspektive. Ihr Streben nach einem guten Leben und die Frage, was sich darunter vorgestellt werden kann, sowie ihr Blick auf gerechte Institutionen ist von dem Bewusstsein geprägt, immer schon in gesellschaftliche Zusammenhänge eingebettet zu sein, die dem Subjektsein vorausliegen und es von daher mitbestimmen. Ihre Autofiktionen zeigen paradigmatisch:

      „Leben kann sich nur performativ darstellen, kann sich nur gebunden an die leiblichen Vollzüge selbst auslegen, ist ohne Wahrnehmungsphänomenologie nicht zu beschreiben und damit nur im Kontext ästhetischer Vollzüge da. Zugleich ist es als Gestaltungsaufgabe in das Soziale so eingebunden, dass es jenseits ethischer Grundentscheidungen gar nicht handlungs- und d.h. überlebensfähig wäre“ (Kumlehn, 2007, 145).

      Lesende können in Narrationen von Klassismus erfahren, dass „alles Wahrnehmen […] spezifisch“ (Welsch, 1994, 18) und an die Position im sozialen Raum gebunden ist, weshalb „kein Sehen ohne blinden Fleck“ (a.a.O., 19) auskommt. Erzählfiguren wie in Blutbuch reflektieren, warum eine „bestimme Wahrnehmungstypik“ favorisiert und „andere Wahrnehmungsmöglichkeiten ins Abseits“ (ebd.) gedrängt werden. Ihre „reflektierte Ästhetik sensibilisiert nicht nur für die Spezifität ästhetischer Paradigmen, sondern zugleich für ihre Blindheit“ (ebd.). So können Narrative des Klassismus unterstützend wirken, eine „Kultur des blinden Flecks“ (a.a.O., 20) zu schulen, „die prinzipiell für Ausschlüsse, Verwerfungen, Andersheiten sensibel wäre. Sie verschriebe sich nicht einem Kult des Sichtbaren […], sondern dem Verdrängten, den Leerzonen, den Zwischenräumen, der Alterität“ (ebd.). Dabei können die blinden Flecken im Handeln, in der Normorientierung und in der Selbstwahrnehmung des Individuums bewusstwerden. Schule als Institution trägt nach Bourdieu zur Reproduktion von Klassen bei, weil Lehrkräfte die „herrschende Kultur“ (Bourdieu, 1993, 22) vermitteln und so insbesondere Schüler:innen mit hohem kulturellem Kapital ansprechen. Damit verweist er auf den engen Zusammenhang von sozialer Herkunft und schulischem Bildungserfolg. In diesem Horizont gilt deshalb auch, sensibel für die blinden Flecke der Narrative des Klassismus selbst zu sein. Da die Autor:innen häufig durch schulische und universitäre Bildung von einer Klasse in eine andere übergegangen sind, stellt sich die Frage, ob es sich bei ihren autofiktionalen Texten jeweils um „funktionale“ oder „dysfunktionale Kunst“ (David, 2024, 154) handelt. Tragen die Erzählungen also dazu bei, bestehende Systeme, denen die Autor:innen ihren Aufstieg mit verdanken, zu hinterfragen, sind sie also dysfunktional? Oder schreiben sie gesellschaftliche Strukturen fort, indem sie etwa den „Topos des Aufstiegs weiter auf[laden] und legitimier[en]“ (ebd.)? Wie de L’Horizon die eigene Sicht auf den sozialen Raum kritisch reflektiert, kann auch die Lektüre von Klassismuserzählungen in der Verschränkung von ästhetischer und ethischer Perspektive „deutungsmachtsensibel“ (Kumlehn, 2022) angelegt werden: Wer erzählt in wessen Namen? Was lassen die Narrative sehen? Was verdecken sie? Welche Bilder von Subjekten/Akteur:innen zeichnen sie? Welche Position im sozialen Raum nehmen die Leser:innen der Texte ein? (vgl. a.a.O., 56).


  3. Perspektiven auf Identität

    1. Identitätsbildung und -reflexion im Erzählen

      Am Ende des Romans Blutbuch verfasst die Erzählfigur Briefe an ihre Großmutter auf Englisch, weil sich manche Sachverhalte nicht in Deutsch oder gar der Muttersprache, Berndeutsch, ausdrücken ließen (vgl. de L’Horizon, 2022, 270). Das Englische dient als Mittel, sich von der Herkunft abzusetzen, als Resultat einer bereits vollzogenen Distanzierung: „writing in English means […] I change class […], I refuse the farmer language“ (a.a.O., 277). Gleichzeitig empfindet sie Scham, auf diese Weise ihre Familie partiell zu verleugnen, ihre Vorfahren gar zu betrügen. Scham bildet einen dominierenden Affekt von Menschen, die ihre Herkunftsklasse verlassen haben, aber in der angestrebten Ankunftsklasse nie vollständig ankommen werden (vgl. Jaquet, 2018, 164-174). Sie empfinden „Herkunftsscham“, die „häufig zusammen mit Anpassungsscham [auftritt], wenn die Angleichung an ein Milieu, das mir wichtig ist, misslingt“ (Huizing, 2016, 56). Diese doppelte Distanzerfahrung evoziert in den autofiktionalen Texten die Frage nach der eigenen Identität. Die Individuen befinden sich gleichsam in einem Zwischenzustand, den die französische Philosophin Chantal Jaquet im Rekurs auf Bourdieu als „non-reproduction“ (Jaquet, 2014) bzw. mit dem „Neologismus […] transclasse“ (Jaquet, 2018, 20) bezeichnet. Die Autor:innen, die selbst „Klassenübergänger[:innen]“ (ebd.) sind, loten das Sein zwischen den Klassen in Texten aus, die mitunter „moins autobiographiques que auto-socio-biographiques“ (Ernaux, 2003, 23) sind, weil sie die gesellschaftlichen Umstände mitbedenken, von denen die Identitätskonstruktion beeinflusst wird. Diese Perspektive rückt die Fraglichkeit der eigenen Existenz in den Blick:

      „Maybe this is what is inherently queer about autofiction: to start writing from a reality that repeats the fiction that we don’t exist. To start writing from a reality that isn’t real to us, that puts us in the realm of fiction. To produce ourselves through writing, to invent literary spaces that are other, hyperreal, utterly needed realities“ (de L’Horizon, 2022, 270).

      De L’Horizon beschreibt, wie Individuen ihre Subjektivität konstruieren, „die das herrschende Modell nicht reproduzieren und denen sich ihre Identität unter dem Zeichen der Beschimpfung oder der Anzüglichkeit offenbart. Sie bleiben ungenannt, weil unbenennbar …“ (Jaquet, 2018, 19). Die Fragilität der eigenen Identität gerät zur existentiellen Erfahrung. Klassenübergänger:innen konstruieren ihre Identität gegen eine sie negierende Wirklichkeit durch das Schreiben bzw. durch das Erzählen von sich selbst. In den autofiktionalen Texten selbst wird durch „eine Verschränkung von Fiktion und Realität“ (Waldenfels, 1985, 234) ein Ich gebildet und gesetzt (vgl. de L’Horizon, 2022, 270). Als Kunstwerke zeigen die Erzählungen, „was sie an neuen Sinnmöglichkeiten und Sinnzusammenhängen eröffnen“ (ebd.). Sie schaffen fiktionale Räume, die die Realität überschreiten. Narrationen des Klassismus ermöglichen Lesenden, „die vorgeschlagene Welt imaginär zu bewohnen, um die eigenen Möglichkeiten in sie hinein zu entwerfen bzw. diese an ihr kritisch zu spiegeln“ (Kumlehn, 2012, 141).

      Rezipierenden einen Raum für kritische Reflexion der eigenen gesellschaftlichen Optionen zu bieten, scheint ein wesentlicher Antrieb autofiktionaler Klassismuserzählungen zu sein. Sie wollen nicht allein zeigen, wie „einzelne die Klassenschranken […] überwinden“ (Jaquet, 2018, 224). Denn den gelingenden Aufstieg einzelner Individuen zu erzählen, könnte bestehende Strukturen im sozialen Raum manifestieren, weil sie als durchlässig wahrgenommen werden. Damit könnte der Blick von diskriminierenden Verhältnissen auf die einzelnen gelenkt werden, die für ihr

      „Schicksal voll verantwortlich“ sind, und so „die Überzeugung [ge]nährt [werden], die soziale Ordnung spiegele die natürlichen Verdienste eines jeden und mißbillige zu Recht Trägheit und Dummheit“ (a.a.O., 30). Autofiktionen, die von einem „außergewöhnliche[n] Weg“ berichten, können die „Mythologie von Begabung, Zufall oder Verdienst“ stärken, „die im Herzen des American Dream liegt“ (a.a.O., 29), der sich nicht mehr nur auf die USA beschränkt. Das Narrativ, jeder „könne einzig dank [d]es Mutes, [d]er Entschlossenheit und [d]er rastlosen Arbeit reich werden und aufstreben“ (ebd.), scheint politisch lebendig zu bleiben, auch wenn die sozialen Limitationen längst bekannt sind. Einige Erzählungen von Klassismuserfahrung möchten über diese Deutung hinaus jedoch daran mitwirken, bestehende Strukturen zu unterminieren, indem sie Denkprozesse anstoßen, die „Klassengrenzen“ als soziale Konstruktionen zu entlarven und sie langfristig „für alle abzuschaffen“ (a.a.O., 224).

      Wie konstruiert ihnen die Wirklichkeit erscheinen kann, spiegeln die Erzähler:innen auch poetologisch, indem sie die Gemachtheit der Autofiktion offenlegen: „Maybe this is, why so many of us write ‚autofiction‘: because we are still stories, because we aren’t real bodies yet“ (de L’Horizon, 2022, 270). Die eigene Lebensgeschichte steht paradigmatisch dafür, dass „Menschen als in Geschichten verstrickt gedacht werden“ (Kumlehn, 2012, 142). „Das Subjekt konstituiert sich [in autofiktionalen Texten] […] als Leser und Schreiber des eigenen Lebens. […] Das Selbst der Selbsterkenntnis ist die Frucht eines Lebens der Selbsterforschung“ (Ricœur, 1991, 396). Die reflexive Selbstgewinnung umschreibt de L’Horizon metaphorisch als Fahrt: „Maybe this is what autofiction means: to drive through the realm of reality with one’s own tempo, focus and mode“ (de L’Horizon, 2022, 270). Die Fahrt durch das Gefilde der Wirklichkeit versinnbildlicht, dass „Identität auf einer Temporalstruktur beruht, die dem Modell einer dynamischen Identität entspricht, wie sie der poetischen Konzeption eines narrativen Textes entspringt“ (Ricœur, 1991, 396). In Autofiktionen wird Lesenden transparent: Es „wird die Geschichte eines Lebens unaufhörlich refiguriert durch all die wahren und fiktiven Geschichten, die ein Subjekt über sich selbst erzählt“ (a.a.O., 397). Dabei erscheinen in Narrationen von Klassismuserfahrungen Subjekte nicht nur als Schreibende und Lesende ihrer selbst, sondern sie sind in ihrem fiktionalen Entwurf immer auch von den Lesevorgängen anderer, oder anders formuliert, auf die Anerkennung ihrer Lebensgeschichte durch andere angewiesen. Mithin erweist sich an den erzählenden Figuren in Klassismuserzählungen in besonderer und zugespitzter Weise, was auf alle Subjekte zutrifft. Die eigene „narrative Identität“ (a.a.O., 396) kann von anderen angefragt werden oder im Verlauf der Zeit überholt erscheinen und wird schließlich refiguriert.

      Die Erzählungen fokussieren, wie mit dieser Dynamik und Fragilität umzugehen ist. Sie fragen nach „der Ressourcenbildung für diese Refiguration der eigenen Lebensgeschichte“ (Kumlehn, 2012, 142).

      „I wanted to write about you, Grandma, because your life is inside of me. […] [T]he earliest forms of scripture were always records of debts. How much did you give me, how much did I promise in return? That’s why I think that literature and guilt are indivisibly interconnected. But – I also believe the forms of writing which interest me have always been those that don’t want to be what they have to be. Texts that undermine their primary intention, projects that want to get free of their debts, writing that searches exit doors of writing“ (de L’Horizon, 2022, 276f.).

      Literatur wird hier ein subversives Potential zugeschrieben. In der Erzählung verschränken sich ästhetische Möglichkeiten, „nicht eine andere Welt, sondern diese Welt als andere“ (Waldenfels, 1985, 233) zu sehen, mit „ethischen Implikationen“ (Ricœur, 1996, 200). Denn „im irrealen Bereich der Fiktion erforschen wir unablässig neue Bewertungsweisen für Handlungen und Figuren“ (a.a.O., 201). Die „Bewertungsübungen im Bereich der Fiktion“ (ebd.) stellen vielleicht einen Ausgang aus dem Schreiben in die Wirklichkeit dar. Sie können Figuren wie Lesenden Möglichkeiten eröffnen, sich von ihren Schulden zu befreien, wenn „die Erzählung letzten Endes ihre Erschließungs- und Verwandlungsfunktion gegenüber dem Empfinden und Handeln des Lesers in der Phase der Refiguration der Handlung durch die Erzählung ausüb[t]“ (ebd.). Sie fragen: „Wer spricht? Wer handelt? Wer erzählt sich? Wer ist das moralische Subjekt der Zurechnung?“ (a.a.O., 207), und eröffnen so „einen imaginären Raum von Gedankenexperimenten […], in denen das moralische Urteil im hypothetischen Modus durchexerziert wird“ (ebd.). De L’Horizon reflektiert wortspielerisch, wie sich das Verhalten der Großmutter auf die eigene Weltwahrnehmung auswirkt: „I think of having to maintain an image of a ‚good family‘. A good family is an ordinary family. Ordinary meaning: belonging to an order. The order“ (de L’Horizon, 2022, 276). Die Identität bildet sich in der Auseinandersetzung mit sozialen Ordnungen. Dabei können Vorbilder Orientierung bieten.

    2. Identitätsbildung als mimetischer Prozess

      In seinem Roman Anleitung ein anderer zu werden beschreibt Édouard Louis in einer „fiktive[n] Aussprache mit [s]einem Vater“ (Louis, 2022, 23) eine von vielen Klassenübergänger:innen erlebte doppelte Distanzerfahrung. Bei seinem Eintritt ins Gymnasium, fern seiner dörflichen Heimat in Amiens, bemerkt er:

      „Auf dem Gymnasium begriff ich, dass es Formen der Distanz gibt, die weitreichender und komplexer sind als die geographische Distanz. […] Vor allem merkte ich schnell, dass ich mich von den anderen Schülern unterschied. Sie waren in einer anderen Welt als unserer aufgewachsen, und durch sie entdeckte ich nicht so sehr meine Klassenzugehörigkeit, denn die war mir im Prinzip immer bewusst gewesen, sondern, was meine Klassenzugehörigkeit konkret bedeutete. Die anderen unterhielten sich in der Pause über Theaterstücke und Kinofilme, erzählten von Reisen, die sie in den Ferien gemacht hatten. Ich war noch nie im Ausland gewesen, war noch nie im Theater oder im Kino gewesen, in unserem Umfeld ging niemand ins Kino, höchstens zu den Filmen, die dreimal im Jahr im Festsaal des Dorfes gezeigt wurden“ (a.a.O., 38).

      Auf dem Gymnasium wird Louis mit einem Geschmack konfrontiert, der innerhalb dieser Institution als legitim gilt und vor dem „all das keinen Wert mehr“ zu haben scheint, für das er in seiner Kindheit und in der Dorfgemeinschaft „Anerkennung bekam“ (a.a.O., 39). Er spürt: „[A]lles, jedes kleinste Detail unterschied mich von den anderen, selbst die Kleidung“ (ebd.). Um diese Distanz zu überwinden, beginnt er das Verhalten der Mitschüler:innen nachzuahmen, insbesondere seiner Freundin Elena, die aus bildungsbürgerlicher Familie stammt. Die aktive Identitätsbildung setzt eine bewusste Entscheidung „für einen neuen Lebensstil, für die Codes einer neuen Klasse und für alles, was damit in Verbindung stand, Kunst, Literatur, Film“ (a.a.O., 48) voraus. Indem er sich den am Gymnasium herrschenden Geschmack aneignet, neue Freund:innen und deren

      „Leben imitiert“ (ebd.) vereinen sich in der Biografie des Erzählers zwei Wege der „Mimesis“ (Jaquet, 2018, 37), das „schulische Modell“ (a.a.O., 50) und das „familiale Modell“ (a.a.O., 41), wobei er sich eher an einer Wahlverwandtschaft als an einem Mitglied der Herkunftsfamilie orientiert. Ganz im Gegenteil: Von Elenas Familie aufgenommen und neu sozialisiert zu werden, bedeutet für den Erzähler, „Rache für meine Kindheit nehmen“ zu können, „Macht über dich [seinen Vater], über meine Herkunft, über die Armut, über die Beleidigung“ (Louis, 2022, 48) zu erlangen.

      Die Imitation „eines realen oder fiktiven Vorbilds, welches das Individuum zu erreichen wünscht“ (Jaquet, 2018, 37), wird im Roman als reflektierter mimetischer Prozess rekonstruiert, auch wenn „die Nachahmung der Affekte und Verhaltensweisen in einer Klasse oder einem gegebenen Milieu […] ihrem Wesen nach nicht-intentional [sic!]“ ablaufen und „eher aus einem körperlichen Spiegelschema, denn aus einer explizit getroffenen Wahl“ (a.a.O., 40) resultieren können. Louis kommt es aber darauf an, die Nachahmung anderer als „einen bewussten Lernvorgang“ (ebd.) seines figurierten Ichs nachzuvollziehen, wozu er dessen Verstehensprozess narrativ nach dem „Modell dreifacher Mimesis“ (Kumlehn, 2012, 139) strukturiert.

      „Erst dort in Amiens sah ich all das. Ich musste auf Distanz zu meiner Herkunft gehen, um sie zu verstehen, und wenn ich eine chronologische Autobiographie schreiben wollte, müsste ich mit Amiens beginnen und erst danach das Dorf erzählen, denn erst auf dem Gymnasium konnte ich meine Kindheit richtig sehen“ (Louis, 2022, 39).

      Der soziale Raum wird hier wie ein fiktionales Werk gelesen. Dabei verschränkt Louis die inhaltliche Darstellung mit einer poetologischen Reflexion. In dieser intrikaten Beziehung wird die Identitätsbildung des Ich-Erzählers nachgezeichnet. In ihr spiegelt sich jene „Aufgabe der Hermeneutik“, die Autor:innen und Lesenden gleichermaßen obliegt, nämlich „die Gesamtheit der Vorgänge zu rekonstruieren, durch die ein Werk sich von dem undurchsichtigen Hintergrund des Lebens, Handelns und Leidens abhebt“ (Ricœur, 1988, 88).

      In Anleitung ein anderer zu werden ist nachvollziehbar, dass lesendes Verstehen von sozialen Prozessen ebenso „das Handeln veränder[n]“ (ebd.) kann wie die Lektüre von Erzählungen selbst. Den aus drei Phasen bestehenden „hermeneutische[n] Zirkel“ (Kumlehn, 2012, 140), der nach Ricœur im Lesen durchlaufen wird, stellt das nacherzählte Erleben der Ich-Figur vor. Zunächst präsentiert der Erzähler, wie ihm sein hermeneutisches Vorverständnis bewusst wird, das er aus seiner ländlichen Herkunft mitbringt, als er das Gymnasium besucht: „Ich begriff, dass es für die anderen Schüler genauso selbstverständlich war, zu studieren, wie für mich, nicht zu studieren“ (Louis, 2022, 39). Auf der Ebene der Mimesis I, der „Vorgestaltung (préfiguration) des praktischen Feldes“ (Ricœur, 1988, 88), werden beim Erzähler wie beim Rezipierenden Kategorien wachgerufen, die den sozialen Raum strukturieren, „sodass sich menschliche Handlungen […] als lesbare und interpretierbare Handlungen erweisen“ (Kumlehn, 2012, 140).

      „Mit der mimesis II treten wir in das Reich des Als ob ein […]: in das Reich der Fiktion“ (Ricœur, 1988, 104). Gerade dieser Übertritt ist bei Narrativen des Klassismus, die in der Form bewusst zwischen dem Faktualen und Fiktionalen schillern, nicht leicht zu identifizieren. Indem Louis „den endgültigen Bruch mit dir [seinem Vater] und mit der Welt, in der ich mit dir gelebt habe“ (Louis, 2022, 40), den Abschied von Elena und Amiens in einer „Fabelkomposition“ (Ricœur, 1988, 104) verdichtet, wird das biographische Erleben der Vergangenheit „in entsprechende Ordnungsgefüge überführ[t] und in […] eine sinnvolle, stimmige Geschichte“ (Kumlehn, 2012, 140) gefasst. So wird die Begegnung mit seinem Mentor Didier Eribon in der Romanmitte zugleich als „Bruch“ (Louis, 2022, 133) mit Elena, als „Wende“ (a.a.O., 135) und als „nächste[r] Morgen“ (a.a.O., 147) in einem neuen Leben bezeichnet, wodurch „Akteure, Ziele, Mittel, Interaktionen, Umstände usw. im Zeitfluss synthetisiert und strukturiert werden“ (Kumlehn, 2012, 140). Die Teilnahme an der Lesung von Eribon aus seinem Buch Rückkehr nach Reims erzählt der Ich-Erzähler als einen lebensverändernden Erkenntnismoment: „Er [Eribon] schildert, wie seine Homosexualität ihn schon als Kind von seiner Familie und von der Welt, die ihn umgab, entfernt hatte (und ich spreche mit mir selbst, und ich denke: wie bei dir)“ (Louis, 2022, 137; vgl. auch Eribon 2017, 37-47).

      Der Ich-Erzähler veranschaulicht am eigenen Rezeptionsvorgang, wie der „Weg der mimesis erst beim Zuhörer oder Leser zu seinem Abschluss gelangt“ (Ricœur, 1988, 114), indem eine „Neugestaltung (refiguration) [des praktischen Feldes] in der Rezeption des Werkes“ (a.a.O., 88) angeregt wird. In der Phase der mimesis III „kommt die Erzählung als mündlicher oder schriftlicher Text wieder zum Leben und erhält darin eine spezifische Bedeutung für andere, um in der Auseinandersetzung mit ihr die je eigene narrative Identität weiter zu bilden“ (Kumlehn, 2012, 140). Die Freundschaft mit Eribon veranlasst Louis zum Schreiben eigener autofiktionaler Texte und er bekennt im Epilog: „Die Veröffentlichung des Buchs und die darauffolgenden Bücher veränderten mein Leben“ (Louis, 2022, 265). Und zwar nicht nur durch seine Bekanntheit als Autor, sondern auch in seiner Sichtweise auf sich selbst und seine Herkunft. Louis deutet beispielsweise seine Eltern, ihre Verhaltensweisen und Handlungen, in seinen späteren Werken anders als in Das Ende von Eddy (Louis, 2015). Er interpretiert sie weniger als Täter:innen denn als soziale Akteur:innen, deren Handeln habituell und systemisch bestimmt ist. Teilweise werden sie auch als passive Opfer eines Systems stilisiert (vgl. Louis, 2019; ders., 2021). Das verändert auch den Blick auf sich selbst.

      Während sein Erstlingswerk Das Ende von Eddy noch klar vom Bruch mit seinem Elternhaus und den Menschen in seinem Heimatdorf geprägt war, fragt Louis in Anleitung ein anderer zu werden:

      „Bin ich dazu verdammt, mich immer nach einem anderen Leben zu sehnen? Ich glaube, ich schreibe, weil ich manchmal alles bereue, weil ich manchmal bereue, mich von der Vergangenheit abgekehrt zu haben, weil ich mir manchmal nicht sicher bin, ob meine Bemühungen zu irgendetwas nutze waren. Manchmal denke ich, dass meine Flucht vergeblich gewesen ist, dass ich um ein Glück gekämpft habe, das ich nie gefunden habe“ (Louis, 2022, 267).

      Die „Refiguration macht das Leben zu einem Gewebe erzählter Geschichten“, wenngleich ein „erforschtes Leben“ nicht immer „ein gereinigtes und geklärtes Leben“ (Ricœur ,1991, 396) sein muss. Das Ich „der Klassenübergänger hat […] Züge […] einer Komplexbildung. […] Es handelt sich […] um […] eine Kombination von Gegensätzlichem […], eine gemischte Struktur, die jedoch unter der Wirkung der Integration nicht notwendig als solche erscheint“ (Jaquet, 2018, 134). Weil Erzählungen des Klassismus gerade die Dissonanzerfahrungen und die Brüche im Leben ihrer Protagonist:innen herausstellen und von den Schwierigkeiten erzählen, diese zu integrieren, erscheint die narrative „Konfiguration […] als dissonante Konsonanz“ (Ricœur, 1988, 106). Klassenübergänger:innen verbleiben zwischen den Klassen, zwischen Ankommen und Aufbruch, zwischen der Sehnsucht nach Neuem und der Trauer um das Verlorene.

      Die Identität der Klassenübergänger:innen „bildet sich entlang einer Geschichte und im Verlauf von Wandlungen“, „die Komplexion ähnelt einer Hybridisierung. Das Gewebe ist ein Mischgewebe“ (Jaquet, 2018, 137). Damit stehen die Klassenübergänger:innen pars pro toto für „alle modernen Subjektformen“, die sich „von Anfang an als hybride arrangiert“ (Reckwitz, 2020, 31) erweisen. In ihren Autofiktionen scheinen die „immanenten Friktionen“ durch, „die Subjektformen instabil und […] potentiell als mangelhaft erlebbar“ (a.a.O., 32) werden lassen. Sie erzählen von gelingender Identitätsbildung „im Verweis auf eine Gesellschaft, die die Selbsterfahrung als kohärentes Selbst einfach nicht mehr ermöglicht, zumindest aber sehr erschwert“ (Keupp, 1999, 87). Im mimetischen Lesevorgang können Rezipierende nachempfinden: „Die Muster gelungener Subjektivität enthalten damit von vornherein spezifische Muster des Scheiterns der Identität“ (Reckwitz, 2020, 32). Angesichts der „Auflösung von Kohärenzgarantien“ (Keupp, 1999, 87) verschränken die autofiktionalen Texte ästhetische und ethische Perspektiven, indem sie „die Frage nach dem guten Leben im Sinne des gelingenden Lebens, das gerade auch das Unverfügbare und das Dunkle in sich aufnimmt, […] immer wieder neu […] stellen“ (Kumlehn, 2007, 145). Autor:innen legen Zeugnis davon ab, dass die „narrative Identität keine stabile und bruchlose Identität“ ist, insofern sie „in ständiger Bildung und Auflösung begriffen“ (Ricœur, 1991, 399) ist.

  4. Identität als Gewebe. Ein religionspädagogischer Ausblick

Indem sie von Identitätsbildung erzählen, stellen Narrative des Klassismus einen „religionspädagogischen Leitbegriff“ (Schweitzer, 2012, 112) in den Mittelpunkt ihrer Handlung und berühren Aspekte der „‚Subjektwerdung‘“, die „als Maxime religionspädagogisch reflektierten Handelns“ (Schröder, 2021, 172) gelten können. In Klassismuserzählung bedeutet Identitätsbildung vielfach, ein Ich zu konstituieren und es gleichzeitig bei der „autosoziobiographischen Arbeit des Schreibens […] innerhalb einer umfassenderen Wirklichkeit, einer gemeinsamen Situation oder eines geteilten Leidens zu verlieren“ (Jaquet, 2018, 26). Annie Ernaux beschreibt diese Dialektik und damit das Genre, in dem das Fiktionale mit der faktualen „Form eines Berichts“ (ebd.) changiert, so:

„Mir ist es wichtig, die Worte wiederzufinden, mit denen ich damals über mich selbst und die Welt nachdachte. […] Doch die Frau, die ich 1995 bin, kann sich nicht in das Mädchen von 52 hineinversetzen, das nur seine Kleinstadt kennt, seine Familie und seine Privatschule, das Mädchen, das nur einen begrenzten Wortschatz hat. […] Um meine damalige Lebenswirklichkeit zu erreichen, gibt es nur eine verlässliche Möglichkeit, ich muss mir die Gesetze und Riten, Glaubenssätze und Werte der verschiedenen Milieus vergegenwärtigen, Schule, Familie, Provinz, in denen ich gefangen war und die, ohne dass mir ihre Widersprüche bewusst gewesen wären, mein Leben beherrschten. […] Natürlich keine Erzählung, die eine Wirklichkeit erzeugen würde, anstatt nach ihr zu suchen. Mich auch nicht damit begnügen, die Erinnerungsbilder freizulegen und zu transkribieren, sondern diese als Ǫuellen behandeln, die etwas aussagen, wenn man sie mit unterschiedlichen Herangehensweisen betrachtet. Im Grunde eine Ethnologin meiner selbst sein“ (Ernaux, 2021, 30).

Bourdieu hat empirisch über Fragebögen erforscht, wie der soziale Raum entsteht. In Erzählungen von Klassismuserfahrungen wird die Akteur:innenperspektive selbst thematisch. Sie machen transparent, wie Individuen den sozialen Raum mitkonstruieren und wie der soziale Raum wiederum auf ihre eigene Identitätsbildung zurückwirkt. Die Autor:innen betreiben eine ethnologische Arbeit an der eigenen Biographie: „[E]in Subjekt erkennt sich wieder in der Geschichte, die es sich selbst über sich selbst erzählt“ (Ricœur, 1991, 397). Im erzählenden Nachforschen wird Identität (re-)konstruiert. Gleichzeitig offenbart sie sich den Erzählenden, wenn sie ihre Herkunft reflektieren, als sozial determiniert. Autofiktionen von Klassenübergänger:innen bezeugen, dass die Identitätsbildung als „Nicht-Reproduktion […] keine Selbstschöpfung des Ichs, sondern eine soziale Gemeinschaftsproduktion des Ursprungs- und Entwicklungsmilieus“ darstellt, „insofern sie nur mit ihnen oder gegen sie zustande kommt“ (Jaquet, 2018, 213). Im Rekurs auf die Spannung von Ich-Suche und Ich-Verlust, die sich in Ernaux’ Erzählweise ausdrückt, fasst Jaquet das Ich der Klassenübergänger:innen als „Komplex sedimentierter Affekte“ auf, „die für ein Individuum, seine Lebensweise, seine Urteile und sein Verhalten konstitutiv sind“ (a.a.O. 99). Sie werden durch das Erzählen zugleich freigelegt und in einen Zusammenhang gebracht. Identität in die Metapher einer „Komplexion“ zu fassen, „drückt die komplizierte Verschlingung der Fäden aus, die das Gewebe eines Lebens ausmachen und dieses Leben an das der anderen binden“ (a.a.O., 101).

Die „Idee der Komplexion“ dekonstruiert wie die Auffassungen einer narrativen oder einer Patchwork-Identität „sowohl die essentialistische Vorstellung, der zufolge ein Mensch fest und unveränderlich vorbestimmt ist, als auch die existentialistische Sicht, die ihm ganz natürlich den Status eines freien Subjekts aufdrückt“ (a.a.O. 213). Denn „die Geschichten“, mit denen sich ein Ich konstruiert, sind „keine individuellen Besitztümer, sondern als Produkte des sozialen Austauschs zu verstehen“ (Keupp, 1999, 103). Individuen greifen, wenn sie sich selbst erzählen, auf ein bestehendes „semantische[s] Begriffsnetz“ (Kumlehn, 2012, 140) zurück, und ihre „Selbst-Narrationen unterliegen einer ständigen sozialen Bewertung“ (Keupp, 1999, 103). Die Identität eines Individuums entspricht aus dieser Sicht einer „netzartige[n] Verbindung“ zwischen ihren „Ursachen“ und Herkünften, ihrem „Sein mit den anderen“ sowie den „gemeinsamen und singulären Determinationen“, die sich „am Schnittpunkt seiner inneren und äußeren Geschichte verknoten“ (Jaquet, 2018, 213).

Was Narrative des Klassismus über die Identitätsbildung eines Individuums erzählen, kann strukturparallel bei der Konstruktion religiöser Identität beobachtet werden:

„Moderne Lebensläufe erscheinen als Wanderungsbewegungen durch verschiedene soziale, kulturelle und religiöse Welten, sie beinhalten nicht nur eine stufenweise Verwirklichung unterschiedlicher Identitäten […], sondern selbst eine parallele Komposition mehrfacher Identitäten […]. Vor diesem Hintergrund ist religiöse Identität nicht mehr als in sich abgeschlossen beschreibbar. Identität ist sicher auch nicht willkürlich, zufällig, jederzeit ersetzbar und ohne biographischen Längsschnitt. Sie entspricht vielmehr dem Bild des ‚Gewebes‘ (Ricœur), das durch andauernde Interaktion Veränderung erfährt. […] Identität entsteht demnach nicht durch Besinnung auf das eigene Ich, d.h. sie kann nicht direkt gefunden werden, sondern allein über den Umweg der Interpretation der Pluralität des Kontextes […]. Die Dynamik des Identitätsgewebes ist desweiteren [sic!] ‚anti-deduktiv‘ strukturiert“ (Ziebertz, 1999, 81).

Ziebertz greift spätmoderne Identitätskonzeptionen auf und fragt von ihnen ausgehend nach Möglichkeiten religiöser Bildung, in der „christliche Identität als ein mobiler Zustand betrachtet werden muss, der zunehmend auf Einsicht, Verständnis und Überzeugung beruht“ (a.a.O., 82). Dabei sieht er als Herausforderung „religiöser Erziehung […], die zum Teil diffusen und scheinbar inhaltsleeren Religionsstile […] mit der Lehre und Praxis substantieller Religion zu konfrontieren“ (a.a.O., 83). Sein „dialogisch[es]“ (ebd.) Konzept einer „kommunikativen Religionsdidaktik“ berücksichtigt, dass „die von Schülern mitgebrachte christlich-religiöse Erziehung fragmentarischen Charakter annimmt“ (a.a.O., 84). Angesichts gesellschaftlicher und religiöser Pluralität geht es Ziebertz didaktisch um „Prozesse des Verstehens und Deutens […], die sich auf die Person in ihrer Beziehung zum Inhalt beziehen“ und die auf die „Zusammenführung der Fragmente religiöser Identität zu einem Gewebe“ (a.a.O., 84) zielen. Als Gegenstand religiöser Lernprozesse identifiziert er „eine Inhalts-Religion, die, wie das Christentum, über reiche Zeugnisse der Gotteserfahrung verfügt, die auf narrative Weise das Geheimnis des Glaubens erschließen“ (a.a.O., 83).

Setzt man hingegen anti-deduktiv bei der Vorstellung von einer Identität als Gewebe selbst an, erhebt also die Identitätsbildung, wie sie in Narrativen des Klassismus figuriert wird, selbst zum Inhalt, verschiebt sich der Fokus religiöser Lernprozesse. Indem Autofiktionen die passive Bestimmtheit und aktive Gestaltung von Identität eines Individuums ineinander verschränkt erzählen, sensibilisieren sie Lesende, für die autonome Subjektivität als ein idealisiertes Selbstbild fungiert, überhaupt erst einmal dafür, Identität als Gewebe zu denken. Diese Verstehens- und Deutungsprozesse können Anknüpfungspunkte bieten, die subjektive Religion zu reflektieren: „Anknüpfungspunkt[e] einer explizit religiösen Lebensdeutung sind alle jene Momente, in denen das Leben in einer ganz besonderen Weise nach Deutung drängt“ (Lauster, 2005, 178).

Narrationen von Klassismuserfahrungen erzählen vom Unverfügbaren in der eigenen Identitätsbildung. Sie reflektieren Schamsituationen, fragen nach Schuld und zeigen Möglichkeiten von Versöhnung mit sich und anderen auf. Die erzählten Selbstdeutungen im Kontext sozialer Bedingtheiten reflektieren das Gefühl, ausgeliefert zu sein, und formulieren das Bedürfnis, sich (endlich) aufgehoben und angenommen zu fühlen. Ausgehend von biografischen Erfahrungen fragen die Texte grundlegend, was unter gutem und gelingendem Leben verstanden werden kann. In den Erzählungen kommen Erfahrungen „der fragmentarischen, fragilen, fragwürdigen Existenz zur Geltung und [eher implizit] […] die Hoffnung auf ein Ganz-Werden“ (Schröder, 2021, 176). Religionspädagogisch können diese „Impulse der narrativen Identitätsbildung“ aus Autofiktionen aufgegriffen und mit „biblischen Erzählungen […] als Konstrukte narrativer Identitätsarbeit“ (Kumlehn, 2012, 144), wie Gen 2-3, Lk 10,25-37 oder Lk 15,11-32, in ein spannungsvolles Verhältnis gesetzt werden.

Fiktionale und faktuale Erzählungen von Klassismuserfahrungen thematisieren, wie Individuen ihre Identität in der „Wechselwirkung eines Freiheits- und Abhängigkeitsgefühls“ (a.a.O., 158) bilden, indem sie sich mit der ihnen unverfügbaren Herkunft reflektierend auseinandersetzen sowie reale und fiktive Vorbilder nachahmen. Um ihre Herkunft und die damit verbundenen gesellschaftlichen Modelle nicht zu reproduzieren, loten die Ich-Erzähler:innen „Spielräume und Möglichkeiten der Gestaltung“ (Keupp, 2002, 103) im sozialen Raum aus. Ihre „Identitätsnarrationen“ bezeugen, dass „diese Freiheitsgrade relational genutzt werden in Beziehung zu den sozial vermittelten Narrationen des Selbst“ (ebd.). Auch wenn die Erzählungen auf den ersten Blick ohne Transzendenzbezug auskommen (vgl. Jaquet, 2018, 101), lassen sie Möglichkeiten einer „Lebensdeutung“ aufscheinen, die sich subjektiver „Religion“ (Lauster) gegenüber affin erweist und für die objektive Religion dann einen Deutungsrahmen zur Verfügung stellt.

In der Dialektik von Ich-Bildung und Ich-Verlust, die sich aus dem „autosoziobiographischen“ Zugriff der Erzählungen auf Identität ergibt, „schließt sich die vermeintliche Kluft zwischen der Singularität der Ausnahme und der Universalität des Begriffs, da durch das Individuum hindurch die gesamte conditio humana hervortritt“ (Jaquet, 2018, 26). Den Fiktionen von Klassenübergänger:innen kann abgelesen werden, dass sich das Individuum in Beziehungen eingebunden weiß, die ihm unverfügbar vorausliegen, was religionspädagogisch in der Unterscheidung von Person und Subjekt anthropologisch perspektiviert wird (vgl. Biehl, 1991, 156). Deshalb stellt sich darüber hinaus die Frage, ob die Identitätsbildung im Anschluss an Schleiermacher „in relativer Freiheit und relativer Abhängigkeit“ (Kumlehn, 2023, 92) anthropologische Perspektiven auf das „Spannungsfeld von ‚Sichselbstsonichtgesetzthaben‘ und ‚Sichselbstsetzen‘“ (ebd.; Schleiermacher 1830/31, § 4), in dem „der Mensch agiert“, eröffnen können. Hieran kann sich didaktisch eine „Auslegung dieses religiösen Grundverhältnisses des Menschen“ (Kumlehn, 2023, 92) anschließen.

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Dennis Breitenwischer ist wiss. Mitarbeiter (AkadR) am Lehrstuhl für Religionspädagogik an der Universität Rostock.



Theo-Web Nr. 2/2025, ISSN 1863-0502 Open Access, Licence: CC BY 4.0 International © 2025 Schwarz/Meyer