Editorial zur Dezember-Ausgabe 2025
Susanne Schwarz/Karlo Meyer
die vorangehende Ausgabe von Theo-Web ist nach dem Umzug sowie der neuen Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) sehr positiv aufgenommen worden. Viele Rückmeldungen und wertvolle Hinweise haben uns erreicht – dafür möchten wir Ihnen herzlich danken.
Im vorliegenden Heft rückt zunächst ein Thema in den Fokus, das im didaktischen Kontext häufig eher unterschwellig präsent ist: Klassismus – also die Abwertung oder konkrete Diskriminierung von Menschen, die einer gesellschaftlichen Schicht mit vermeintlich geringerem Einfluss, geringeren finanziellen Ressourcen oder niedrigerem Bildungsstand zugeschrieben werden. Didaktik und speziell Religionsdidaktik können diese Problematik reflektieren, sind jedoch selbst nicht frei von entsprechenden Haltungen und Mechanismen.
Diese Fragen standen im Mittelpunkt der GwR-Jahrestagung 2025 unter dem Titel „Selig sind die Besitzlosen?! Erkundungen zu einer klassismusreflexiven Religionspädagogik“. Wie jedes Jahr wird die Tagung im Winterheft unserer Zeitschrift dokumentiert. Der Vorstand der Gesellschaft für Religionspädagogik führt inhaltlich in das Tagungs- und zugleich Heftthema ein.
Im zweiten Teil dieser Ausgabe – dem Bereich Forschung und Diskurs – haben drei Beiträge den double-blind-peer-review-Prozess erfolgreich durchlaufen:
Daniel Bauer entwickelt in seinem Beitrag Perspektiven einer Religionspädagogik der Lebenswelt. Auf der Grundlage Jürgen Habermas’ bezieht er sich auf ethische und religionsbezogene Strukturen in der sogenannten Lebenswelt. Sein Anliegen ist es, diesen Begriff bildungstheoretisch zu erweitern und einen partizipativen sowie bildungstheoretisch fundierten Umgang mit diesen Strukturen zu ermöglichen. Von diesem Zugang sollen sowohl die Soziale Arbeit als auch alltagsbezogene Theorien profitieren, insbesondere durch die Stärkung religionsbezogener Sprachkompetenz.
Im Zentrum des zweiten Forschungsbeitrags von Christian Ratzke und Mevlida Mešanović steht die Frage, welchen Beitrag Erklärvideos zur vielfaltssensiblen Wahrnehmung und Darstellung von Muslimen bei Lehramtsstudierenden im Fach Religion sowie bei konfessionslosen Studierenden leisten können – und welche hochschuldidaktischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Die Studie ist im Hochschulprojekt „Interreligiöses Lernen durch Erklärvideos“ verortet. Konzeptionell greifen die Autorinnen und Autoren auf den Einstellungsbegriff und diskriminierungsbezogene Aspekte wie Vorurteile, Othering und Stereotype zurück.
Der dritte Beitrag des Forschung und Diskurs-Teiles der Zeitschrift widmet sich der koptisch-christlichen Bildung in der orthodoxen Kirche von Alexandria im 19. und 20. Jahrhundert. Nasser Tolba und Michael Wermke zeichnen in einem historischen Zugriff die koptisch-christlichen Transformationsprozesse im Bildungsbereich nach – auch im Verhältnis zur religiösen Erneuerungsbewegung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Rolle des Religionsunterrichts und identitätsbezogenen Dimensionen, etwa im Kontext missionarischer Bestrebungen sowie der Strategien, die zu einer heterogenen Ausprägung der Bildungskonzepte führten.
Im dritten Teil des Heftes führt – wie gewohnt und sehr dankenswert – Martin Schreiner in die aktuelle und vielfältige religionspädagogische Publikationslandschaft ein.
Schließlich danken wir den Teams in Saarbrücken, Landau und Wien für ihre erneut hervorragende und engagierte Arbeit. Namentlich seien Myriam Rumler, Chiara Schaedel, Jörg Röder, Constanze Kelava, Marietta Behnoush und Daniela Zahneisen genannt.
Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir eine anregende Lektüre.
Karlo Meyer und Susanne Schwarz
Theo-Web Nr. 2/2025, ISSN 1863-0502 Open Access, Licence: CC BY 4.0 International © 2025 Schwarz/Meyer